Convulsionen daher, welche durch den vollen, harten frequen- ten Puls, durch erhöhte Temperatur, dunkelrothe Gesichts- farbe, Kopfschmerzen, Sopor während der Intermißionen, so wie durch die gesammte Constitution und die einwirkenden Gelegenheitsursachen sich charakterisiren, sind starke allgemeine, und nöthigenfalls zugleich oder späterhin, örtliche Blutentzie- hungen, eines der entschiedensten Mittel um die drohende Ge- fahr abzuwenden, wie mir dieß eine Reihe von Fällen dieser Art bewiesen hat. Nächst diesen Blutentleerungen sind vor- züglich alle Mittel welche die Anhäufungen des Blutes in den Hirngefäßen, direkt, durch vermehrte Contraktion, und in- direkt, durch vermehrten Zudrang zu andern Theilen, hindern können, wichtig. Es gehören dahin die kalten Fomentatio- nen über den Kopf, die Einwickelung der Füße in Flanelltü- cher mit Senfabkochung getränkt, das Auflegen von Sinapies- men an die Waden, von Vesikatorien im Nacken, die reitzen- den Klystire, und innerlich die stärkern Gaben von Calomel und Nitrum.
§. 1050.
Werden dagegen nach Beseitigung dieser Congestionen noch andauernde Zuckungen oder andere körperliche oder gei- stige Krankheitszustände, aus Ursache einer zurückgebliebenen Verstimmung des Nervensystems bemerkt, so sind dann vor- züglich die mehr auf das Nervensystem wirkenden Mittel, um das Mißverhältniß zwischen peripherischer und centraler Sen- sibilität zu beseitigen, angezeigt. Es gehören hierher als in- nere Mittel Valeriana, Ipecacuanha, Opium, Castoreum, Tr. Asae fötidae, Aqua laurocerasi, Liquor Cornuc. die abwechselnden Gaben von Opium und fixem Alkali nach Stülz, die Naphthen und der Campher, ganz besonders aber der Moschus, von welchem ich hier mehreremale die ausge- zeichnetsten Wirkungen beobachtet habe. Als äußere Mittel sind namentlich die in den Intermißionen angewendeten lauen Bäder, durch Kamillen- oder Baldrian- und Serpillum-Auf- guß verstärkt, oder, in Ermangelung deren, warme Fomenta- tionen durch Flanelltücher in einen solchen Kräuterabsud getaucht
Convulſionen daher, welche durch den vollen, harten frequen- ten Puls, durch erhoͤhte Temperatur, dunkelrothe Geſichts- farbe, Kopfſchmerzen, Sopor waͤhrend der Intermißionen, ſo wie durch die geſammte Conſtitution und die einwirkenden Gelegenheitsurſachen ſich charakteriſiren, ſind ſtarke allgemeine, und noͤthigenfalls zugleich oder ſpaͤterhin, oͤrtliche Blutentzie- hungen, eines der entſchiedenſten Mittel um die drohende Ge- fahr abzuwenden, wie mir dieß eine Reihe von Faͤllen dieſer Art bewieſen hat. Naͤchſt dieſen Blutentleerungen ſind vor- zuͤglich alle Mittel welche die Anhaͤufungen des Blutes in den Hirngefaͤßen, direkt, durch vermehrte Contraktion, und in- direkt, durch vermehrten Zudrang zu andern Theilen, hindern koͤnnen, wichtig. Es gehoͤren dahin die kalten Fomentatio- nen uͤber den Kopf, die Einwickelung der Fuͤße in Flanelltuͤ- cher mit Senfabkochung getraͤnkt, das Auflegen von Sinapies- men an die Waden, von Veſikatorien im Nacken, die reitzen- den Klyſtire, und innerlich die ſtaͤrkern Gaben von Calomel und Nitrum.
§. 1050.
Werden dagegen nach Beſeitigung dieſer Congeſtionen noch andauernde Zuckungen oder andere koͤrperliche oder gei- ſtige Krankheitszuſtaͤnde, aus Urſache einer zuruͤckgebliebenen Verſtimmung des Nervenſyſtems bemerkt, ſo ſind dann vor- zuͤglich die mehr auf das Nervenſyſtem wirkenden Mittel, um das Mißverhaͤltniß zwiſchen peripheriſcher und centraler Sen- ſibilitaͤt zu beſeitigen, angezeigt. Es gehoͤren hierher als in- nere Mittel Valeriana, Ipecacuanha, Opium, Castoreum, Tr. Asae foͤtidae, Aqua laurocerasi, Liquor Cornuç. die abwechſelnden Gaben von Opium und fixem Alkali nach Stuͤlz, die Naphthen und der Campher, ganz beſonders aber der Moschus, von welchem ich hier mehreremale die ausge- zeichnetſten Wirkungen beobachtet habe. Als aͤußere Mittel ſind namentlich die in den Intermißionen angewendeten lauen Baͤder, durch Kamillen- oder Baldrian- und Serpillum-Auf- guß verſtaͤrkt, oder, in Ermangelung deren, warme Fomenta- tionen durch Flanelltuͤcher in einen ſolchen Kraͤuterabſud getaucht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0264"n="240"/>
Convulſionen daher, welche durch den vollen, harten frequen-<lb/>
ten Puls, durch erhoͤhte Temperatur, dunkelrothe Geſichts-<lb/>
farbe, Kopfſchmerzen, Sopor waͤhrend der Intermißionen, ſo<lb/>
wie durch die geſammte Conſtitution und die einwirkenden<lb/>
Gelegenheitsurſachen ſich charakteriſiren, ſind ſtarke allgemeine,<lb/>
und noͤthigenfalls zugleich oder ſpaͤterhin, oͤrtliche Blutentzie-<lb/>
hungen, eines der entſchiedenſten Mittel um die drohende Ge-<lb/>
fahr abzuwenden, wie mir dieß eine Reihe von Faͤllen dieſer<lb/>
Art bewieſen hat. Naͤchſt dieſen Blutentleerungen ſind vor-<lb/>
zuͤglich alle Mittel welche die Anhaͤufungen des Blutes in<lb/>
den Hirngefaͤßen, direkt, durch vermehrte Contraktion, und in-<lb/>
direkt, durch vermehrten Zudrang zu andern Theilen, hindern<lb/>
koͤnnen, wichtig. Es gehoͤren dahin die kalten Fomentatio-<lb/>
nen uͤber den Kopf, die Einwickelung der Fuͤße in Flanelltuͤ-<lb/>
cher mit Senfabkochung getraͤnkt, das Auflegen von Sinapies-<lb/>
men an die Waden, von Veſikatorien im Nacken, die reitzen-<lb/>
den Klyſtire, und innerlich die ſtaͤrkern Gaben von <hirendition="#aq">Calomel</hi><lb/>
und <hirendition="#aq">Nitrum.</hi></p></div><lb/><divn="6"><head>§. 1050.</head><lb/><p>Werden dagegen nach Beſeitigung dieſer Congeſtionen<lb/>
noch andauernde Zuckungen oder andere koͤrperliche oder gei-<lb/>ſtige Krankheitszuſtaͤnde, aus Urſache einer zuruͤckgebliebenen<lb/>
Verſtimmung des Nervenſyſtems bemerkt, ſo ſind dann vor-<lb/>
zuͤglich die mehr auf das Nervenſyſtem wirkenden Mittel, um<lb/>
das Mißverhaͤltniß zwiſchen peripheriſcher und centraler Sen-<lb/>ſibilitaͤt zu beſeitigen, angezeigt. Es gehoͤren hierher als in-<lb/>
nere Mittel <hirendition="#aq">Valeriana, Ipecacuanha, Opium, Castoreum,<lb/>
Tr. Asae foͤtidae, Aqua laurocerasi, Liquor Cornuç.</hi> die<lb/>
abwechſelnden Gaben von Opium und fixem Alkali nach<lb/><hirendition="#g">Stuͤlz</hi>, die Naphthen und der Campher, ganz beſonders aber<lb/>
der <hirendition="#aq">Moschus</hi>, von welchem ich hier mehreremale die ausge-<lb/>
zeichnetſten Wirkungen beobachtet habe. Als aͤußere Mittel<lb/>ſind namentlich die in den Intermißionen angewendeten lauen<lb/>
Baͤder, durch Kamillen- oder Baldrian- und Serpillum-Auf-<lb/>
guß verſtaͤrkt, oder, in Ermangelung deren, warme Fomenta-<lb/>
tionen durch Flanelltuͤcher in einen ſolchen Kraͤuterabſud getaucht<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[240/0264]
Convulſionen daher, welche durch den vollen, harten frequen-
ten Puls, durch erhoͤhte Temperatur, dunkelrothe Geſichts-
farbe, Kopfſchmerzen, Sopor waͤhrend der Intermißionen, ſo
wie durch die geſammte Conſtitution und die einwirkenden
Gelegenheitsurſachen ſich charakteriſiren, ſind ſtarke allgemeine,
und noͤthigenfalls zugleich oder ſpaͤterhin, oͤrtliche Blutentzie-
hungen, eines der entſchiedenſten Mittel um die drohende Ge-
fahr abzuwenden, wie mir dieß eine Reihe von Faͤllen dieſer
Art bewieſen hat. Naͤchſt dieſen Blutentleerungen ſind vor-
zuͤglich alle Mittel welche die Anhaͤufungen des Blutes in
den Hirngefaͤßen, direkt, durch vermehrte Contraktion, und in-
direkt, durch vermehrten Zudrang zu andern Theilen, hindern
koͤnnen, wichtig. Es gehoͤren dahin die kalten Fomentatio-
nen uͤber den Kopf, die Einwickelung der Fuͤße in Flanelltuͤ-
cher mit Senfabkochung getraͤnkt, das Auflegen von Sinapies-
men an die Waden, von Veſikatorien im Nacken, die reitzen-
den Klyſtire, und innerlich die ſtaͤrkern Gaben von Calomel
und Nitrum.
§. 1050.
Werden dagegen nach Beſeitigung dieſer Congeſtionen
noch andauernde Zuckungen oder andere koͤrperliche oder gei-
ſtige Krankheitszuſtaͤnde, aus Urſache einer zuruͤckgebliebenen
Verſtimmung des Nervenſyſtems bemerkt, ſo ſind dann vor-
zuͤglich die mehr auf das Nervenſyſtem wirkenden Mittel, um
das Mißverhaͤltniß zwiſchen peripheriſcher und centraler Sen-
ſibilitaͤt zu beſeitigen, angezeigt. Es gehoͤren hierher als in-
nere Mittel Valeriana, Ipecacuanha, Opium, Castoreum,
Tr. Asae foͤtidae, Aqua laurocerasi, Liquor Cornuç. die
abwechſelnden Gaben von Opium und fixem Alkali nach
Stuͤlz, die Naphthen und der Campher, ganz beſonders aber
der Moschus, von welchem ich hier mehreremale die ausge-
zeichnetſten Wirkungen beobachtet habe. Als aͤußere Mittel
ſind namentlich die in den Intermißionen angewendeten lauen
Baͤder, durch Kamillen- oder Baldrian- und Serpillum-Auf-
guß verſtaͤrkt, oder, in Ermangelung deren, warme Fomenta-
tionen durch Flanelltuͤcher in einen ſolchen Kraͤuterabſud getaucht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/264>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.