3. Hülfleistung bei Steis- Knie- und Fußge- burten.
§. 954.
Bei allen diesen Geburten ist die Behandlung ziemlich eine und dieselbe; sie ist ebenfalls wie das Empfangen des Kindes bei vorausgehendem Kopfe hauptsächlich ein nega- tives, auf Abwendung aller Störungen des naturgemäßen Geburtsverlaufs, Rücksicht nehmendes Verfahren, und na- mentlich durch folgende Regeln zu bestimmen: -- 1) Man suche das zu schnelle Hervortreten der untern Hälfte des Rumpfs zu verhüten, keinesweges durch ein voreiliges Anziehen der Füße etwa zu beschleunigen. -- 2) Man sehe darauf, bei der zweiten Drehung des Kindes, welche wegen dem Eintritte der Schultern iu einen der bei- den schiefen Durchmesser der obern Beckenapertur erfolgt, es stets dahin zu leiten, daß die Rückenfläche des Kindes nach vorwärts gerichtet sey. Erfolgt demnach (was jedoch selten der Fall ist) diese Drehung nicht in dieser Richtung, so ist dem durch eine gelinde, mit platt auf Brust und Rücken gelegten Händen ausgeführte künstliche Drehung des Kindes, während welcher man es vorsichtig etwas zurückdrängt, nach- zuhelfen.
§. 955.
3) Man muß mehrere gewärmte Tücher zur hand haben, um die Füße, Schenkel, so wie den Rumpf, indem diese Theile aus dem Becken hervortreten, darein einzuhüllen, 4) Man achte auf die Lage der Nabelschnur, und suche sie immer mehr gegen die Aushöhlung des Kreuzbeins hin zu di- rigiren; auch verhüte man Dehnungen des Nabelstranges an seiner Insertion, indem man denselben, wenn er zu sehr ge- spannt wird, durch einen gekrümmten Zeigesinger hehutsam etwas hervorzieht, auch Umschlingung desselben um einzelne Kindestheile, oder zwischen den Schenkeln durch, beseitigt. -- 5) Die Arme des Kindes läßt man, wo die Geburt übri- gens regelmäßig von Statten geht, durch die Wehen allein
3. Huͤlfleiſtung bei Steis- Knie- und Fußge- burten.
§. 954.
Bei allen dieſen Geburten iſt die Behandlung ziemlich eine und dieſelbe; ſie iſt ebenfalls wie das Empfangen des Kindes bei vorausgehendem Kopfe hauptſaͤchlich ein nega- tives, auf Abwendung aller Stoͤrungen des naturgemaͤßen Geburtsverlaufs, Ruͤckſicht nehmendes Verfahren, und na- mentlich durch folgende Regeln zu beſtimmen: — 1) Man ſuche das zu ſchnelle Hervortreten der untern Haͤlfte des Rumpfs zu verhuͤten, keinesweges durch ein voreiliges Anziehen der Fuͤße etwa zu beſchleunigen. — 2) Man ſehe darauf, bei der zweiten Drehung des Kindes, welche wegen dem Eintritte der Schultern iu einen der bei- den ſchiefen Durchmeſſer der obern Beckenapertur erfolgt, es ſtets dahin zu leiten, daß die Ruͤckenflaͤche des Kindes nach vorwaͤrts gerichtet ſey. Erfolgt demnach (was jedoch ſelten der Fall iſt) dieſe Drehung nicht in dieſer Richtung, ſo iſt dem durch eine gelinde, mit platt auf Bruſt und Ruͤcken gelegten Haͤnden ausgefuͤhrte kuͤnſtliche Drehung des Kindes, waͤhrend welcher man es vorſichtig etwas zuruͤckdraͤngt, nach- zuhelfen.
§. 955.
3) Man muß mehrere gewaͤrmte Tuͤcher zur hand haben, um die Fuͤße, Schenkel, ſo wie den Rumpf, indem dieſe Theile aus dem Becken hervortreten, darein einzuhuͤllen, 4) Man achte auf die Lage der Nabelſchnur, und ſuche ſie immer mehr gegen die Aushoͤhlung des Kreuzbeins hin zu di- rigiren; auch verhuͤte man Dehnungen des Nabelſtranges an ſeiner Inſertion, indem man denſelben, wenn er zu ſehr ge- ſpannt wird, durch einen gekruͤmmten Zeigeſinger hehutſam etwas hervorzieht, auch Umſchlingung deſſelben um einzelne Kindestheile, oder zwiſchen den Schenkeln durch, beſeitigt. — 5) Die Arme des Kindes laͤßt man, wo die Geburt uͤbri- gens regelmaͤßig von Statten geht, durch die Wehen allein
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3. Huͤlfleiſtung bei Steis- Knie- und Fußge-
burten.
§. 954.
Bei allen dieſen Geburten iſt die Behandlung ziemlich
eine und dieſelbe; ſie iſt ebenfalls wie das Empfangen des
Kindes bei vorausgehendem Kopfe hauptſaͤchlich ein nega-
tives, auf Abwendung aller Stoͤrungen des naturgemaͤßen
Geburtsverlaufs, Ruͤckſicht nehmendes Verfahren, und na-
mentlich durch folgende Regeln zu beſtimmen: — 1)
Man ſuche das zu ſchnelle Hervortreten der untern
Haͤlfte des Rumpfs zu verhuͤten, keinesweges durch ein
voreiliges Anziehen der Fuͤße etwa zu beſchleunigen. —
2) Man ſehe darauf, bei der zweiten Drehung des Kindes,
welche wegen dem Eintritte der Schultern iu einen der bei-
den ſchiefen Durchmeſſer der obern Beckenapertur erfolgt, es
ſtets dahin zu leiten, daß die Ruͤckenflaͤche des Kindes nach
vorwaͤrts gerichtet ſey. Erfolgt demnach (was jedoch ſelten
der Fall iſt) dieſe Drehung nicht in dieſer Richtung, ſo iſt
dem durch eine gelinde, mit platt auf Bruſt und Ruͤcken
gelegten Haͤnden ausgefuͤhrte kuͤnſtliche Drehung des Kindes,
waͤhrend welcher man es vorſichtig etwas zuruͤckdraͤngt, nach-
zuhelfen.
§. 955.
3) Man muß mehrere gewaͤrmte Tuͤcher zur hand
haben, um die Fuͤße, Schenkel, ſo wie den Rumpf, indem
dieſe Theile aus dem Becken hervortreten, darein einzuhuͤllen,
4) Man achte auf die Lage der Nabelſchnur, und ſuche ſie
immer mehr gegen die Aushoͤhlung des Kreuzbeins hin zu di-
rigiren; auch verhuͤte man Dehnungen des Nabelſtranges an
ſeiner Inſertion, indem man denſelben, wenn er zu ſehr ge-
ſpannt wird, durch einen gekruͤmmten Zeigeſinger hehutſam
etwas hervorzieht, auch Umſchlingung deſſelben um einzelne
Kindestheile, oder zwiſchen den Schenkeln durch, beſeitigt. —
5) Die Arme des Kindes laͤßt man, wo die Geburt uͤbri-
gens regelmaͤßig von Statten geht, durch die Wehen allein
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/212>, abgerufen am 21.11.2024.
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