Endlich verschwinden aber auch während des Wochenbet- tes die besondern Umstimmungen einzelner Organe, welche während der Schwangerschaft sich gebildet hatten. Die An- schwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. s. w., die Veränderungen der Hautfarbe, die Verstimmungen des Darm- kanals, die ungewöhnlichen Erscheinungen bei der Ausleerung des Urins u. s. w. verlieren sich, und auch in dieser Hin- sicht kehrt der Körper zu seinen frühern Verhältnissen zurück. Besondere Bemerkung verdient indeß noch der Zustand der Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge- ringern Grad ihrer Thätigkeit den übrigen allgemeinen wich- tigen Verän erungen vollkommen entsprechen. Erstens die Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, so fühlt der Kör- per in dieser Hinsicht in den ersten Tagen des Wochenbettes weit weniger Bedürfniß, wovon die innern bedentenden Ver- änderungen ohne Zweifel die Ursache sind, indem bei jeder beträchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (s. I. Thl. §. 255.) der Körper weniger äußere Stoffe auf- nimmt.
§. 870.
Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, so pfle- gen auch diese, nachdem sie noch kurz vor der Entbindung erfolgt seyn müssen, nach der Entbindung gewöhnlich bis zum dritten oder vierten Tage auszusetzen, wovon die Ursache ge- geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme, theils und vorzüglich aber durch die größere Ausdehnung, welche in den vorher beträchtlich von der schwangern Ge- bärmutter zusammengedrückten Windungen des Darmkanals Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm- kanals an dem Zustande von Ruhe, welcher in der ihm phy- siologisch und anatomisch so nahe liegenden Gebärmutter ein- getreten ist. -- Wie vortheilhaft übrigens es für den Uterns selbst seyn müsse, daß in den zwei bis drei ersten Tagen des Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu sei- ner Zusammenziehung, und Abstoßung der hinfälligen Haut, der Ruhe vorzüglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-
§. 869.
Endlich verſchwinden aber auch waͤhrend des Wochenbet- tes die beſondern Umſtimmungen einzelner Organe, welche waͤhrend der Schwangerſchaft ſich gebildet hatten. Die An- ſchwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. ſ. w., die Veraͤnderungen der Hautfarbe, die Verſtimmungen des Darm- kanals, die ungewoͤhnlichen Erſcheinungen bei der Ausleerung des Urins u. ſ. w. verlieren ſich, und auch in dieſer Hin- ſicht kehrt der Koͤrper zu ſeinen fruͤhern Verhaͤltniſſen zuruͤck. Beſondere Bemerkung verdient indeß noch der Zuſtand der Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge- ringern Grad ihrer Thaͤtigkeit den uͤbrigen allgemeinen wich- tigen Veraͤn erungen vollkommen entſprechen. Erſtens die Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, ſo fuͤhlt der Koͤr- per in dieſer Hinſicht in den erſten Tagen des Wochenbettes weit weniger Beduͤrfniß, wovon die innern bedentenden Ver- aͤnderungen ohne Zweifel die Urſache ſind, indem bei jeder betraͤchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (ſ. I. Thl. §. 255.) der Koͤrper weniger aͤußere Stoffe auf- nimmt.
§. 870.
Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, ſo pfle- gen auch dieſe, nachdem ſie noch kurz vor der Entbindung erfolgt ſeyn muͤſſen, nach der Entbindung gewoͤhnlich bis zum dritten oder vierten Tage auszuſetzen, wovon die Urſache ge- geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme, theils und vorzuͤglich aber durch die groͤßere Ausdehnung, welche in den vorher betraͤchtlich von der ſchwangern Ge- baͤrmutter zuſammengedruͤckten Windungen des Darmkanals Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm- kanals an dem Zuſtande von Ruhe, welcher in der ihm phy- ſiologiſch und anatomiſch ſo nahe liegenden Gebaͤrmutter ein- getreten iſt. — Wie vortheilhaft uͤbrigens es fuͤr den Uterns ſelbſt ſeyn muͤſſe, daß in den zwei bis drei erſten Tagen des Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu ſei- ner Zuſammenziehung, und Abſtoßung der hinfaͤlligen Haut, der Ruhe vorzuͤglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><pbfacs="#f0164"n="140"/><divn="7"><head>§. 869.</head><lb/><p>Endlich verſchwinden aber auch waͤhrend des Wochenbet-<lb/>
tes die beſondern Umſtimmungen einzelner Organe, welche<lb/>
waͤhrend der Schwangerſchaft ſich gebildet hatten. Die An-<lb/>ſchwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. ſ. w., die<lb/>
Veraͤnderungen der Hautfarbe, die Verſtimmungen des Darm-<lb/>
kanals, die ungewoͤhnlichen Erſcheinungen bei der Ausleerung<lb/>
des Urins u. ſ. w. verlieren ſich, und auch in dieſer Hin-<lb/>ſicht kehrt der Koͤrper zu ſeinen fruͤhern Verhaͤltniſſen zuruͤck.<lb/>
Beſondere Bemerkung verdient indeß noch der Zuſtand der<lb/>
Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge-<lb/>
ringern Grad ihrer Thaͤtigkeit den uͤbrigen allgemeinen wich-<lb/>
tigen Veraͤn erungen vollkommen entſprechen. Erſtens die<lb/>
Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, ſo fuͤhlt der Koͤr-<lb/>
per in dieſer Hinſicht in den erſten Tagen des Wochenbettes<lb/>
weit weniger Beduͤrfniß, wovon die innern bedentenden Ver-<lb/>
aͤnderungen ohne Zweifel die Urſache ſind, indem bei jeder<lb/>
betraͤchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (ſ.<lb/><hirendition="#aq">I.</hi> Thl. §. 255.) der Koͤrper weniger aͤußere Stoffe auf-<lb/>
nimmt.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 870.</head><lb/><p>Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, ſo pfle-<lb/>
gen auch dieſe, nachdem ſie noch kurz vor der Entbindung<lb/>
erfolgt ſeyn muͤſſen, nach der Entbindung gewoͤhnlich bis zum<lb/>
dritten oder vierten Tage auszuſetzen, wovon die Urſache ge-<lb/>
geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme,<lb/>
theils und vorzuͤglich aber durch die groͤßere Ausdehnung,<lb/>
welche in den vorher betraͤchtlich von der ſchwangern Ge-<lb/>
baͤrmutter zuſammengedruͤckten Windungen des Darmkanals<lb/>
Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm-<lb/>
kanals an dem Zuſtande von Ruhe, welcher in der ihm phy-<lb/>ſiologiſch und anatomiſch ſo nahe liegenden Gebaͤrmutter ein-<lb/>
getreten iſt. — Wie vortheilhaft uͤbrigens es fuͤr den Uterns<lb/>ſelbſt ſeyn muͤſſe, daß in den zwei bis drei erſten Tagen des<lb/>
Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu ſei-<lb/>
ner Zuſammenziehung, und Abſtoßung der hinfaͤlligen Haut,<lb/>
der Ruhe vorzuͤglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[140/0164]
§. 869.
Endlich verſchwinden aber auch waͤhrend des Wochenbet-
tes die beſondern Umſtimmungen einzelner Organe, welche
waͤhrend der Schwangerſchaft ſich gebildet hatten. Die An-
ſchwellung der Gliedmaaßen, der Hautvenen u. ſ. w., die
Veraͤnderungen der Hautfarbe, die Verſtimmungen des Darm-
kanals, die ungewoͤhnlichen Erſcheinungen bei der Ausleerung
des Urins u. ſ. w. verlieren ſich, und auch in dieſer Hin-
ſicht kehrt der Koͤrper zu ſeinen fruͤhern Verhaͤltniſſen zuruͤck.
Beſondere Bemerkung verdient indeß noch der Zuſtand der
Verdauungswerkzeuge, welche hier namentlich durch den ge-
ringern Grad ihrer Thaͤtigkeit den uͤbrigen allgemeinen wich-
tigen Veraͤn erungen vollkommen entſprechen. Erſtens die
Aufnahme von Nahrungsmitteln betreffend, ſo fuͤhlt der Koͤr-
per in dieſer Hinſicht in den erſten Tagen des Wochenbettes
weit weniger Beduͤrfniß, wovon die innern bedentenden Ver-
aͤnderungen ohne Zweifel die Urſache ſind, indem bei jeder
betraͤchtlichen innern Revolution oder Entwickelungsperiode (ſ.
I. Thl. §. 255.) der Koͤrper weniger aͤußere Stoffe auf-
nimmt.
§. 870.
Zweitens aber die Darmausleerungen betreffend, ſo pfle-
gen auch dieſe, nachdem ſie noch kurz vor der Entbindung
erfolgt ſeyn muͤſſen, nach der Entbindung gewoͤhnlich bis zum
dritten oder vierten Tage auszuſetzen, wovon die Urſache ge-
geben wird: theils durch die geringere Nahrungsaufnahme,
theils und vorzuͤglich aber durch die groͤßere Ausdehnung,
welche in den vorher betraͤchtlich von der ſchwangern Ge-
baͤrmutter zuſammengedruͤckten Windungen des Darmkanals
Statt findet, und endlich durch die Theilnahme des Darm-
kanals an dem Zuſtande von Ruhe, welcher in der ihm phy-
ſiologiſch und anatomiſch ſo nahe liegenden Gebaͤrmutter ein-
getreten iſt. — Wie vortheilhaft uͤbrigens es fuͤr den Uterns
ſelbſt ſeyn muͤſſe, daß in den zwei bis drei erſten Tagen des
Wochenbettes (wo noch helles Blut abfließt, und er zu ſei-
ner Zuſammenziehung, und Abſtoßung der hinfaͤlligen Haut,
der Ruhe vorzuͤglich bedarf, durch aufrechte Stellung hinge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/164>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.