überhaupt bei der erhöhten Bildungsthätigkeit in ihrer Funk- tion herabgesetzt sich zeigten, dehnen sich jetzt wieder freier aus, und nehmen somit auch mehr Blut auf. Es ist hier- aus allein erklärlich, warum Eiterungen dieser Organe, wenn sie in der Schwangerschaft einen Stillstand gemacht hatten, jetzt mit solcher Heftigkeit fortschreiten, daß gewöhnlich in Kurzem der Tod die Folge davon ist; zweitens warum an- dere krankhafte Zustände der Lungen (als Verwachsungen, Knoten, Wasseransammlungen) indem sie diese größere Thä- tigkeit verhindern, so höchst gefährlich werden, und so leicht das Puerperalfieber zur Folge haben (worauf wir späterhin zurückkommen werden).
Anmerkung. Auch der Frost, welcher oft unmittel- bar nach der Entbindung, sonst völlig gesunde Personen be- fällt, kann wohl nur von dieser Umänderung in der Rich- tung der Gefäßthätigkeit, und momentaner Ueberfüllung der innern großen Gefäße beruhen. Daß er wenigstens nicht von Erkältungen immer abhänge ist gewiß, und eben so ent- sieht ja, ohne sehr bemerkliches Sinken der Temperatur, auf der Haut durch ungleiche Blutvertheilung und Anhäufung im Innern z. B. daß Frostgefühl beim Wechselfieber.
§. 868.
Die Haut ferner, welche als allgemeines Respirations- und Perspirationsorgan leicht den Veränderungen der Lungen beitritt, wird, namentlich in Folge des Säfteandrangs gegen die an der Oberfläche des Körpers gelegenen Brüste, und des dadurch sich oft über die ganze Hautfläche verbreitenden Ner- venreitzes (Milchschauers) zu erhöhterer Temperatur und stär- kerer Absonderung aufgeregt. Es erfolgen daher die Wo- chenschweiße, welche auch, um eine bei der anfänglich ge- ringern Consumption der Milch leicht mögliche Ueberfüllung der Brüste zu verhüten, für so wohlthätig gehalten werden müssen, und nach denen sich auch die Wöchnerin keines- weges ermattet, sondern vielmehr erquickt zu fühlen pflegt. -- Von den Veränderungen der Brüste ist schon oben die Rede gewesen.
uͤberhaupt bei der erhoͤhten Bildungsthaͤtigkeit in ihrer Funk- tion herabgeſetzt ſich zeigten, dehnen ſich jetzt wieder freier aus, und nehmen ſomit auch mehr Blut auf. Es iſt hier- aus allein erklaͤrlich, warum Eiterungen dieſer Organe, wenn ſie in der Schwangerſchaft einen Stillſtand gemacht hatten, jetzt mit ſolcher Heftigkeit fortſchreiten, daß gewoͤhnlich in Kurzem der Tod die Folge davon iſt; zweitens warum an- dere krankhafte Zuſtaͤnde der Lungen (als Verwachſungen, Knoten, Waſſeranſammlungen) indem ſie dieſe groͤßere Thaͤ- tigkeit verhindern, ſo hoͤchſt gefaͤhrlich werden, und ſo leicht das Puerperalfieber zur Folge haben (worauf wir ſpaͤterhin zuruͤckkommen werden).
Anmerkung. Auch der Froſt, welcher oft unmittel- bar nach der Entbindung, ſonſt voͤllig geſunde Perſonen be- faͤllt, kann wohl nur von dieſer Umaͤnderung in der Rich- tung der Gefaͤßthaͤtigkeit, und momentaner Ueberfuͤllung der innern großen Gefaͤße beruhen. Daß er wenigſtens nicht von Erkaͤltungen immer abhaͤnge iſt gewiß, und eben ſo ent- ſieht ja, ohne ſehr bemerkliches Sinken der Temperatur, auf der Haut durch ungleiche Blutvertheilung und Anhaͤufung im Innern z. B. daß Froſtgefuͤhl beim Wechſelfieber.
§. 868.
Die Haut ferner, welche als allgemeines Reſpirations- und Perſpirationsorgan leicht den Veraͤnderungen der Lungen beitritt, wird, namentlich in Folge des Saͤfteandrangs gegen die an der Oberflaͤche des Koͤrpers gelegenen Bruͤſte, und des dadurch ſich oft uͤber die ganze Hautflaͤche verbreitenden Ner- venreitzes (Milchſchauers) zu erhoͤhterer Temperatur und ſtaͤr- kerer Abſonderung aufgeregt. Es erfolgen daher die Wo- chenſchweiße, welche auch, um eine bei der anfaͤnglich ge- ringern Conſumption der Milch leicht moͤgliche Ueberfuͤllung der Bruͤſte zu verhuͤten, fuͤr ſo wohlthaͤtig gehalten werden muͤſſen, und nach denen ſich auch die Woͤchnerin keines- weges ermattet, ſondern vielmehr erquickt zu fuͤhlen pflegt. — Von den Veraͤnderungen der Bruͤſte iſt ſchon oben die Rede geweſen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0163"n="139"/>
uͤberhaupt bei der erhoͤhten Bildungsthaͤtigkeit in ihrer Funk-<lb/>
tion herabgeſetzt ſich zeigten, dehnen ſich jetzt wieder freier<lb/>
aus, und nehmen ſomit auch mehr Blut auf. Es iſt hier-<lb/>
aus allein erklaͤrlich, warum Eiterungen dieſer Organe, wenn<lb/>ſie in der Schwangerſchaft einen Stillſtand gemacht hatten,<lb/>
jetzt mit ſolcher Heftigkeit fortſchreiten, daß gewoͤhnlich in<lb/>
Kurzem der Tod die Folge davon iſt; zweitens warum an-<lb/>
dere krankhafte Zuſtaͤnde der Lungen (als Verwachſungen,<lb/>
Knoten, Waſſeranſammlungen) indem ſie dieſe groͤßere Thaͤ-<lb/>
tigkeit verhindern, ſo hoͤchſt gefaͤhrlich werden, und ſo leicht<lb/>
das Puerperalfieber zur Folge haben (worauf wir ſpaͤterhin<lb/>
zuruͤckkommen werden).</p><lb/><p><hirendition="#g">Anmerkung</hi>. Auch der Froſt, welcher oft unmittel-<lb/>
bar nach der Entbindung, ſonſt voͤllig geſunde Perſonen be-<lb/>
faͤllt, kann wohl nur von dieſer Umaͤnderung in der Rich-<lb/>
tung der Gefaͤßthaͤtigkeit, und momentaner Ueberfuͤllung<lb/>
der innern großen Gefaͤße beruhen. Daß er wenigſtens nicht<lb/>
von Erkaͤltungen immer abhaͤnge iſt gewiß, und eben ſo ent-<lb/>ſieht ja, ohne ſehr bemerkliches Sinken der Temperatur, auf<lb/>
der Haut durch ungleiche Blutvertheilung und Anhaͤufung im<lb/>
Innern z. B. daß Froſtgefuͤhl beim Wechſelfieber.</p></div><lb/><divn="7"><head>§. 868.</head><lb/><p>Die <hirendition="#g">Haut</hi> ferner, welche als allgemeines Reſpirations-<lb/>
und Perſpirationsorgan leicht den Veraͤnderungen der Lungen<lb/>
beitritt, wird, namentlich in Folge des Saͤfteandrangs gegen<lb/>
die an der Oberflaͤche des Koͤrpers gelegenen Bruͤſte, und des<lb/>
dadurch ſich oft uͤber die ganze Hautflaͤche verbreitenden Ner-<lb/>
venreitzes (Milchſchauers) zu erhoͤhterer Temperatur und ſtaͤr-<lb/>
kerer Abſonderung aufgeregt. Es erfolgen daher die <hirendition="#g">Wo-<lb/>
chenſchweiße</hi>, welche auch, um eine bei der anfaͤnglich ge-<lb/>
ringern Conſumption der Milch leicht moͤgliche Ueberfuͤllung<lb/>
der Bruͤſte zu verhuͤten, fuͤr ſo wohlthaͤtig gehalten werden<lb/>
muͤſſen, und nach denen ſich auch die Woͤchnerin keines-<lb/>
weges ermattet, ſondern vielmehr erquickt zu fuͤhlen pflegt.<lb/>— Von den Veraͤnderungen der <hirendition="#g">Bruͤſte</hi> iſt ſchon oben die<lb/>
Rede geweſen.</p></div><lb/></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[139/0163]
uͤberhaupt bei der erhoͤhten Bildungsthaͤtigkeit in ihrer Funk-
tion herabgeſetzt ſich zeigten, dehnen ſich jetzt wieder freier
aus, und nehmen ſomit auch mehr Blut auf. Es iſt hier-
aus allein erklaͤrlich, warum Eiterungen dieſer Organe, wenn
ſie in der Schwangerſchaft einen Stillſtand gemacht hatten,
jetzt mit ſolcher Heftigkeit fortſchreiten, daß gewoͤhnlich in
Kurzem der Tod die Folge davon iſt; zweitens warum an-
dere krankhafte Zuſtaͤnde der Lungen (als Verwachſungen,
Knoten, Waſſeranſammlungen) indem ſie dieſe groͤßere Thaͤ-
tigkeit verhindern, ſo hoͤchſt gefaͤhrlich werden, und ſo leicht
das Puerperalfieber zur Folge haben (worauf wir ſpaͤterhin
zuruͤckkommen werden).
Anmerkung. Auch der Froſt, welcher oft unmittel-
bar nach der Entbindung, ſonſt voͤllig geſunde Perſonen be-
faͤllt, kann wohl nur von dieſer Umaͤnderung in der Rich-
tung der Gefaͤßthaͤtigkeit, und momentaner Ueberfuͤllung
der innern großen Gefaͤße beruhen. Daß er wenigſtens nicht
von Erkaͤltungen immer abhaͤnge iſt gewiß, und eben ſo ent-
ſieht ja, ohne ſehr bemerkliches Sinken der Temperatur, auf
der Haut durch ungleiche Blutvertheilung und Anhaͤufung im
Innern z. B. daß Froſtgefuͤhl beim Wechſelfieber.
§. 868.
Die Haut ferner, welche als allgemeines Reſpirations-
und Perſpirationsorgan leicht den Veraͤnderungen der Lungen
beitritt, wird, namentlich in Folge des Saͤfteandrangs gegen
die an der Oberflaͤche des Koͤrpers gelegenen Bruͤſte, und des
dadurch ſich oft uͤber die ganze Hautflaͤche verbreitenden Ner-
venreitzes (Milchſchauers) zu erhoͤhterer Temperatur und ſtaͤr-
kerer Abſonderung aufgeregt. Es erfolgen daher die Wo-
chenſchweiße, welche auch, um eine bei der anfaͤnglich ge-
ringern Conſumption der Milch leicht moͤgliche Ueberfuͤllung
der Bruͤſte zu verhuͤten, fuͤr ſo wohlthaͤtig gehalten werden
muͤſſen, und nach denen ſich auch die Woͤchnerin keines-
weges ermattet, ſondern vielmehr erquickt zu fuͤhlen pflegt.
— Von den Veraͤnderungen der Bruͤſte iſt ſchon oben die
Rede geweſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 2. Leipzig, 1820, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie02_1820/163>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.