Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 486.

Wir theilen die Pessarien ein in gestielte und unge-
stielte. Beide Arten haben ihre besondern Vortheile und
Nachtheile. Die ungestielten werden ohne Schmerzen getra-
gen, bedürfen keiner besondern Binde zum Zurückhalten, ja
hindern (gut gelegt) nicht einmal die Empfängniß; dagegen
sind sie nicht leicht den gegebenen Umständen, vorzüglich dem
Becken, genau anzupassen, müssen daher, wenn sie zu groß
sind, die benachbarten Theile bedeutend drücken, oder werden,
wenn sie zu klein sind, bald ausfallen, ja das Uebelste ist,
daß die weichen Theile gewöhnlich durch den Druck des Pes-
sarii nachgeben und so, wenn es auch anfänglich fest lag,
doch späterhin das Ausfallen desselben bewirken. -- Was die
gestielten Mutterkränze anbelangt, so halten sie zwar den
Uterus mit Sicherheit zurück, dagegen machen sie auch viele
Beschwerden, fordern das Tragen einer besondern Binde,
deren Durchnässung vom Urinabgange unvermeidlich ist, der
Stiel des Mutterkranzes reibt und drückt die Vagina und die
äußern Geburtstheile, veranlaßt Leukorrhöe und Excoriationen.
Außerdem sinkt auch, selbst bey bestens angelegter Binde,
der Uterus doch im Gehen etwas herab, und wenn sich die
Kranke dann schnell und unvorsichtig niedersetzt, so stößt der
Mutterkranz den Uterus gewaltsam in die Höhe, welches
denn nicht nur schmerzhafte Empfindungen macht, sondern
zu nachtheiligen Reizungen des Muttermundes, selbst zu Ent-
stehung von Skirrhositäten führen kann.

§. 487.

Da sonach die ungestielten Pessarien allerdings
weniger beschwerlich und gefährlich sind, als die gestielten,
so wird man ihnen, wo nur immer möglich, den Vorzug

Diss. de Pessariis. Marb. 1799. 8. und in Richter's Anfangsgr.
der Wundarzneykunst. Bd. VII. S. 16.
§. 486.

Wir theilen die Peſſarien ein in geſtielte und unge-
ſtielte. Beide Arten haben ihre beſondern Vortheile und
Nachtheile. Die ungeſtielten werden ohne Schmerzen getra-
gen, beduͤrfen keiner beſondern Binde zum Zuruͤckhalten, ja
hindern (gut gelegt) nicht einmal die Empfaͤngniß; dagegen
ſind ſie nicht leicht den gegebenen Umſtaͤnden, vorzuͤglich dem
Becken, genau anzupaſſen, muͤſſen daher, wenn ſie zu groß
ſind, die benachbarten Theile bedeutend druͤcken, oder werden,
wenn ſie zu klein ſind, bald ausfallen, ja das Uebelſte iſt,
daß die weichen Theile gewoͤhnlich durch den Druck des Peſ-
ſarii nachgeben und ſo, wenn es auch anfaͤnglich feſt lag,
doch ſpaͤterhin das Ausfallen deſſelben bewirken. — Was die
geſtielten Mutterkraͤnze anbelangt, ſo halten ſie zwar den
Uterus mit Sicherheit zuruͤck, dagegen machen ſie auch viele
Beſchwerden, fordern das Tragen einer beſondern Binde,
deren Durchnaͤſſung vom Urinabgange unvermeidlich iſt, der
Stiel des Mutterkranzes reibt und druͤckt die Vagina und die
aͤußern Geburtstheile, veranlaßt Leukorrhoͤe und Excoriationen.
Außerdem ſinkt auch, ſelbſt bey beſtens angelegter Binde,
der Uterus doch im Gehen etwas herab, und wenn ſich die
Kranke dann ſchnell und unvorſichtig niederſetzt, ſo ſtoͤßt der
Mutterkranz den Uterus gewaltſam in die Hoͤhe, welches
denn nicht nur ſchmerzhafte Empfindungen macht, ſondern
zu nachtheiligen Reizungen des Muttermundes, ſelbſt zu Ent-
ſtehung von Skirrhoſitaͤten fuͤhren kann.

§. 487.

Da ſonach die ungeſtielten Peſſarien allerdings
weniger beſchwerlich und gefaͤhrlich ſind, als die geſtielten,
ſo wird man ihnen, wo nur immer moͤglich, den Vorzug

Diss. de Pessariis. Marb. 1799. 8. und in Richter’s Anfangsgr.
der Wundarzneykunſt. Bd. VII. S. 16.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <pb facs="#f0393" n="373"/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 486.</head><lb/>
                          <p>Wir theilen die Pe&#x017F;&#x017F;arien ein in ge&#x017F;tielte und unge-<lb/>
&#x017F;tielte. Beide Arten haben ihre be&#x017F;ondern Vortheile und<lb/>
Nachtheile. Die unge&#x017F;tielten werden ohne Schmerzen getra-<lb/>
gen, bedu&#x0364;rfen keiner be&#x017F;ondern Binde zum Zuru&#x0364;ckhalten, ja<lb/>
hindern (gut gelegt) nicht einmal die Empfa&#x0364;ngniß; dagegen<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie nicht leicht den gegebenen Um&#x017F;ta&#x0364;nden, vorzu&#x0364;glich dem<lb/>
Becken, genau anzupa&#x017F;&#x017F;en, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en daher, wenn &#x017F;ie zu groß<lb/>
&#x017F;ind, die benachbarten Theile bedeutend dru&#x0364;cken, oder werden,<lb/>
wenn &#x017F;ie zu klein &#x017F;ind, bald ausfallen, ja das Uebel&#x017F;te i&#x017F;t,<lb/>
daß die weichen Theile gewo&#x0364;hnlich durch den Druck des Pe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;arii nachgeben und &#x017F;o, wenn es auch anfa&#x0364;nglich fe&#x017F;t lag,<lb/>
doch &#x017F;pa&#x0364;terhin das Ausfallen de&#x017F;&#x017F;elben bewirken. &#x2014; Was die<lb/>
ge&#x017F;tielten Mutterkra&#x0364;nze anbelangt, &#x017F;o halten &#x017F;ie zwar den<lb/>
Uterus mit Sicherheit zuru&#x0364;ck, dagegen machen &#x017F;ie auch viele<lb/>
Be&#x017F;chwerden, fordern das Tragen einer be&#x017F;ondern Binde,<lb/>
deren Durchna&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung vom Urinabgange unvermeidlich i&#x017F;t, der<lb/>
Stiel des Mutterkranzes reibt und dru&#x0364;ckt die Vagina und die<lb/>
a&#x0364;ußern Geburtstheile, veranlaßt Leukorrho&#x0364;e und Excoriationen.<lb/>
Außerdem &#x017F;inkt auch, &#x017F;elb&#x017F;t bey be&#x017F;tens angelegter Binde,<lb/>
der Uterus doch im Gehen etwas herab, und wenn &#x017F;ich die<lb/>
Kranke dann &#x017F;chnell und unvor&#x017F;ichtig nieder&#x017F;etzt, &#x017F;o &#x017F;to&#x0364;ßt der<lb/>
Mutterkranz den Uterus gewalt&#x017F;am in die Ho&#x0364;he, welches<lb/>
denn nicht nur &#x017F;chmerzhafte Empfindungen macht, &#x017F;ondern<lb/>
zu nachtheiligen Reizungen des Muttermundes, &#x017F;elb&#x017F;t zu Ent-<lb/>
&#x017F;tehung von Skirrho&#x017F;ita&#x0364;ten fu&#x0364;hren kann.</p>
                        </div><lb/>
                        <div n="10">
                          <head>§. 487.</head><lb/>
                          <p>Da &#x017F;onach die <hi rendition="#g">unge&#x017F;tielten Pe&#x017F;&#x017F;arien</hi> allerdings<lb/>
weniger be&#x017F;chwerlich und gefa&#x0364;hrlich &#x017F;ind, als die ge&#x017F;tielten,<lb/>
&#x017F;o wird man ihnen, wo nur immer mo&#x0364;glich, den Vorzug<lb/><note xml:id="note-0393" prev="#note-0392" place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Diss. de Pessariis. Marb.</hi> 1799. 8. und in <hi rendition="#g">Richter</hi>&#x2019;s Anfangsgr.<lb/>
der Wundarzneykun&#x017F;t. Bd. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 16.</note><lb/></p>
                        </div>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0393] §. 486. Wir theilen die Peſſarien ein in geſtielte und unge- ſtielte. Beide Arten haben ihre beſondern Vortheile und Nachtheile. Die ungeſtielten werden ohne Schmerzen getra- gen, beduͤrfen keiner beſondern Binde zum Zuruͤckhalten, ja hindern (gut gelegt) nicht einmal die Empfaͤngniß; dagegen ſind ſie nicht leicht den gegebenen Umſtaͤnden, vorzuͤglich dem Becken, genau anzupaſſen, muͤſſen daher, wenn ſie zu groß ſind, die benachbarten Theile bedeutend druͤcken, oder werden, wenn ſie zu klein ſind, bald ausfallen, ja das Uebelſte iſt, daß die weichen Theile gewoͤhnlich durch den Druck des Peſ- ſarii nachgeben und ſo, wenn es auch anfaͤnglich feſt lag, doch ſpaͤterhin das Ausfallen deſſelben bewirken. — Was die geſtielten Mutterkraͤnze anbelangt, ſo halten ſie zwar den Uterus mit Sicherheit zuruͤck, dagegen machen ſie auch viele Beſchwerden, fordern das Tragen einer beſondern Binde, deren Durchnaͤſſung vom Urinabgange unvermeidlich iſt, der Stiel des Mutterkranzes reibt und druͤckt die Vagina und die aͤußern Geburtstheile, veranlaßt Leukorrhoͤe und Excoriationen. Außerdem ſinkt auch, ſelbſt bey beſtens angelegter Binde, der Uterus doch im Gehen etwas herab, und wenn ſich die Kranke dann ſchnell und unvorſichtig niederſetzt, ſo ſtoͤßt der Mutterkranz den Uterus gewaltſam in die Hoͤhe, welches denn nicht nur ſchmerzhafte Empfindungen macht, ſondern zu nachtheiligen Reizungen des Muttermundes, ſelbſt zu Ent- ſtehung von Skirrhoſitaͤten fuͤhren kann. §. 487. Da ſonach die ungeſtielten Peſſarien allerdings weniger beſchwerlich und gefaͤhrlich ſind, als die geſtielten, ſo wird man ihnen, wo nur immer moͤglich, den Vorzug *) *) Diss. de Pessariis. Marb. 1799. 8. und in Richter’s Anfangsgr. der Wundarzneykunſt. Bd. VII. S. 16.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/393
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/393>, abgerufen am 21.12.2024.