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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

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zählen die plötzlichen Hemmungen gewohnter Ausscheidungen
der Geschlechtswege, die plötzliche Unterdrückung der Leukorrhöe.
Eben so mechanische Schädlichkeiten, namentlich schwere, so-
wohl natürliche, als durch ein rohes Eingreifen ungeschickter
Geburtshelfer oder Hebammen beendigte Geburten, Ausschwei-
fungen in der physischen Liebe, aber auch (vorzüglich nach
Bayle's Beobachtung häufig) die Ehelosigkeit, drückende
Pessarien, treibende Arzneymittel, reizende Injectionen u. s. w.

§. 417.

Von dem Gange der Krankheit und der hier-
aus sich ergebenden Prognose
. Der Gang der Krank-
heit ist in der Regel ein sehr langsamer; ich habe eine Per-
son mit einem bedeutenden Steatom einige Jahre lang beob-
achtet, und immer nur eine sehr geringe Massenzunahme be-
merkt; häufige Congestionen nach den Geschlechtstheilen können
indeß wohl das Wachsthum beschleunigen. Die Beschwerden,
welche sich diesen Ausartungen anknüpfen, sind vorzüglich nach
der Ausdehnung der Geschwulst verschieden, daher auch ge-
wöhnlich nur langsam sich steigernd, im Ganzen jedoch von
der Art, wie sie §. 411. geschildert worden sind, von leichtem
Druck und erschwertem Harnlassen oder Stuhlgange bis zur
allgemeinen Wassersucht. -- Was sonach die Prognose, und
zwar zunächst rücksichtlich des Gefahrdrohenden der Zufälle, be-
trifft, so ist sie vorzüglich dem Grade und der Dauer des
Uebels nach sehr verschieden. Bey geringerem Umfange wer-
den oft selbst die Geschlechtsfunctionen so wenig gestört, daß
Menstruation, Schwangerschaft und Geburt ohne bedeutende
Hindernisse verlaufen können; späterhin leiden immer diese
Functionen zunächst, Abortus und Unfruchtbarkeit treten ein,
und Leiden der allgemeinen Reproduction folgen nach. Im
Ganzen wird jedoch diese Steigerung des Uebels weniger zu
fürchten seyn, wo alle fernere Einwirkung der im vorigen
Paragraph genannten Ursachen sorgfältig vermieden wird, und
dann bleibt zuweilen das Uebel zeitlebens auf einer Stufe,
wo das allgemeine Wohlbefinden wenig beeinträchtigt wird,
so wie im Gegentheil die lebensgefährlichen Folgen des Ue-

zaͤhlen die ploͤtzlichen Hemmungen gewohnter Ausſcheidungen
der Geſchlechtswege, die ploͤtzliche Unterdruͤckung der Leukorrhoͤe.
Eben ſo mechaniſche Schaͤdlichkeiten, namentlich ſchwere, ſo-
wohl natuͤrliche, als durch ein rohes Eingreifen ungeſchickter
Geburtshelfer oder Hebammen beendigte Geburten, Ausſchwei-
fungen in der phyſiſchen Liebe, aber auch (vorzuͤglich nach
Bayle’s Beobachtung haͤufig) die Eheloſigkeit, druͤckende
Peſſarien, treibende Arzneymittel, reizende Injectionen u. ſ. w.

§. 417.

Von dem Gange der Krankheit und der hier-
aus ſich ergebenden Prognoſe
. Der Gang der Krank-
heit iſt in der Regel ein ſehr langſamer; ich habe eine Per-
ſon mit einem bedeutenden Steatom einige Jahre lang beob-
achtet, und immer nur eine ſehr geringe Maſſenzunahme be-
merkt; haͤufige Congeſtionen nach den Geſchlechtstheilen koͤnnen
indeß wohl das Wachsthum beſchleunigen. Die Beſchwerden,
welche ſich dieſen Ausartungen anknuͤpfen, ſind vorzuͤglich nach
der Ausdehnung der Geſchwulſt verſchieden, daher auch ge-
woͤhnlich nur langſam ſich ſteigernd, im Ganzen jedoch von
der Art, wie ſie §. 411. geſchildert worden ſind, von leichtem
Druck und erſchwertem Harnlaſſen oder Stuhlgange bis zur
allgemeinen Waſſerſucht. — Was ſonach die Prognoſe, und
zwar zunaͤchſt ruͤckſichtlich des Gefahrdrohenden der Zufaͤlle, be-
trifft, ſo iſt ſie vorzuͤglich dem Grade und der Dauer des
Uebels nach ſehr verſchieden. Bey geringerem Umfange wer-
den oft ſelbſt die Geſchlechtsfunctionen ſo wenig geſtoͤrt, daß
Menſtruation, Schwangerſchaft und Geburt ohne bedeutende
Hinderniſſe verlaufen koͤnnen; ſpaͤterhin leiden immer dieſe
Functionen zunaͤchſt, Abortus und Unfruchtbarkeit treten ein,
und Leiden der allgemeinen Reproduction folgen nach. Im
Ganzen wird jedoch dieſe Steigerung des Uebels weniger zu
fuͤrchten ſeyn, wo alle fernere Einwirkung der im vorigen
Paragraph genannten Urſachen ſorgfaͤltig vermieden wird, und
dann bleibt zuweilen das Uebel zeitlebens auf einer Stufe,
wo das allgemeine Wohlbefinden wenig beeintraͤchtigt wird,
ſo wie im Gegentheil die lebensgefaͤhrlichen Folgen des Ue-

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[323/0343] zaͤhlen die ploͤtzlichen Hemmungen gewohnter Ausſcheidungen der Geſchlechtswege, die ploͤtzliche Unterdruͤckung der Leukorrhoͤe. Eben ſo mechaniſche Schaͤdlichkeiten, namentlich ſchwere, ſo- wohl natuͤrliche, als durch ein rohes Eingreifen ungeſchickter Geburtshelfer oder Hebammen beendigte Geburten, Ausſchwei- fungen in der phyſiſchen Liebe, aber auch (vorzuͤglich nach Bayle’s Beobachtung haͤufig) die Eheloſigkeit, druͤckende Peſſarien, treibende Arzneymittel, reizende Injectionen u. ſ. w. §. 417. Von dem Gange der Krankheit und der hier- aus ſich ergebenden Prognoſe. Der Gang der Krank- heit iſt in der Regel ein ſehr langſamer; ich habe eine Per- ſon mit einem bedeutenden Steatom einige Jahre lang beob- achtet, und immer nur eine ſehr geringe Maſſenzunahme be- merkt; haͤufige Congeſtionen nach den Geſchlechtstheilen koͤnnen indeß wohl das Wachsthum beſchleunigen. Die Beſchwerden, welche ſich dieſen Ausartungen anknuͤpfen, ſind vorzuͤglich nach der Ausdehnung der Geſchwulſt verſchieden, daher auch ge- woͤhnlich nur langſam ſich ſteigernd, im Ganzen jedoch von der Art, wie ſie §. 411. geſchildert worden ſind, von leichtem Druck und erſchwertem Harnlaſſen oder Stuhlgange bis zur allgemeinen Waſſerſucht. — Was ſonach die Prognoſe, und zwar zunaͤchſt ruͤckſichtlich des Gefahrdrohenden der Zufaͤlle, be- trifft, ſo iſt ſie vorzuͤglich dem Grade und der Dauer des Uebels nach ſehr verſchieden. Bey geringerem Umfange wer- den oft ſelbſt die Geſchlechtsfunctionen ſo wenig geſtoͤrt, daß Menſtruation, Schwangerſchaft und Geburt ohne bedeutende Hinderniſſe verlaufen koͤnnen; ſpaͤterhin leiden immer dieſe Functionen zunaͤchſt, Abortus und Unfruchtbarkeit treten ein, und Leiden der allgemeinen Reproduction folgen nach. Im Ganzen wird jedoch dieſe Steigerung des Uebels weniger zu fuͤrchten ſeyn, wo alle fernere Einwirkung der im vorigen Paragraph genannten Urſachen ſorgfaͤltig vermieden wird, und dann bleibt zuweilen das Uebel zeitlebens auf einer Stufe, wo das allgemeine Wohlbefinden wenig beeintraͤchtigt wird, ſo wie im Gegentheil die lebensgefaͤhrlichen Folgen des Ue-

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/343>, abgerufen am 03.12.2024.