den Gebrauch äußerer Mittel, der geistigen Einreibungen, des Einreibens vom flüchtigen Liniment mit Tr. Canthari- dum in die Kreuzgegend, die Urtikation (das Streichen mit Nesseln, so daß die Blätter in einer den feinen Häckchen derselben entgegengesetzten Richtung die Haut berühren) das Tragen eines mit ätherischen Oehlen geschärften Emplastri aromatici, das trockne Frottiren der Schenkel, örtliche aro- matische Bäder, die Anwendung der Elektricität u. s. w. -- Auch von drastischen Abführmitteln, aus Rad. Jalappae, Rheum, Senna u. s. w., wenn sie von Zeit zu Zeit, als Erregungsmittel des dem Geschlechtssystem so nahe verwand- ten Darmkanals, dargereicht werden, hat man in Verbin- dung mit den übrigen Mitteln, vorzügliche Wirkungen bey diesem Zustande von Atonie beobachtet. -- Endlich wird es der Arzt, wo er über den Zustand der Unfruchtbarkeit zu Rathe gezogen wird, nie umgehen können, rücksichtlich des ehlichen Umganges selbst beiden Gatten zweckmäßige diäte- tische Vorschriften zu ertheilen, vorzüglich das Uebermaaß desselben, eine gar nicht seltne Ursache der Unfruchtbarkeit, einzuschränken, die sonstigen Regeln aber nach den einzelnen vorkommenden Fällen zu bestimmen.
Die Hysterie ist eine von denen Krankheiten, welche der außerordentlichen Vielgestaltigkeit ihrer Symptome wegen schwer eine vollständige Beschreibung, fast gar nicht eine kurze Definition zulassen, und welche, demohnerachtet so kenntlich sind, daß, wer sie nur einigemal gesehen hat, sie wenigstens nicht leicht wieder verkennen wird. -- Vorzüg- lich hat man sie mit der Hypochondrie des männlichen Ge- schlechts zusammengestellt, und es hat dieß sogar Veranlas- sung zu der Streitfrage gegeben, ob beide nicht eins und dasselbe seyen? -- Bejahend wurde diese Frage schon von mehreren ältern Aerzten, als Sydenham, Tissot
den Gebrauch aͤußerer Mittel, der geiſtigen Einreibungen, des Einreibens vom fluͤchtigen Liniment mit Tr. Canthari- dum in die Kreuzgegend, die Urtikation (das Streichen mit Neſſeln, ſo daß die Blaͤtter in einer den feinen Haͤckchen derſelben entgegengeſetzten Richtung die Haut beruͤhren) das Tragen eines mit aͤtheriſchen Oehlen geſchaͤrften Emplastri aromatici, das trockne Frottiren der Schenkel, oͤrtliche aro- matiſche Baͤder, die Anwendung der Elektricitaͤt u. ſ. w. — Auch von draſtiſchen Abfuͤhrmitteln, aus Rad. Jalappae, Rheum, Senna u. ſ. w., wenn ſie von Zeit zu Zeit, als Erregungsmittel des dem Geſchlechtsſyſtem ſo nahe verwand- ten Darmkanals, dargereicht werden, hat man in Verbin- dung mit den uͤbrigen Mitteln, vorzuͤgliche Wirkungen bey dieſem Zuſtande von Atonie beobachtet. — Endlich wird es der Arzt, wo er uͤber den Zuſtand der Unfruchtbarkeit zu Rathe gezogen wird, nie umgehen koͤnnen, ruͤckſichtlich des ehlichen Umganges ſelbſt beiden Gatten zweckmaͤßige diaͤte- tiſche Vorſchriften zu ertheilen, vorzuͤglich das Uebermaaß deſſelben, eine gar nicht ſeltne Urſache der Unfruchtbarkeit, einzuſchraͤnken, die ſonſtigen Regeln aber nach den einzelnen vorkommenden Faͤllen zu beſtimmen.
Die Hyſterie iſt eine von denen Krankheiten, welche der außerordentlichen Vielgeſtaltigkeit ihrer Symptome wegen ſchwer eine vollſtaͤndige Beſchreibung, faſt gar nicht eine kurze Definition zulaſſen, und welche, demohnerachtet ſo kenntlich ſind, daß, wer ſie nur einigemal geſehen hat, ſie wenigſtens nicht leicht wieder verkennen wird. — Vorzuͤg- lich hat man ſie mit der Hypochondrie des maͤnnlichen Ge- ſchlechts zuſammengeſtellt, und es hat dieß ſogar Veranlaſ- ſung zu der Streitfrage gegeben, ob beide nicht eins und daſſelbe ſeyen? — Bejahend wurde dieſe Frage ſchon von mehreren aͤltern Aerzten, als Sydenham, Tissot
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0251"n="231"/>
den Gebrauch aͤußerer Mittel, der geiſtigen Einreibungen,<lb/>
des Einreibens vom fluͤchtigen Liniment mit <hirendition="#aq">Tr. Canthari-<lb/>
dum</hi> in die Kreuzgegend, die Urtikation (das Streichen mit<lb/>
Neſſeln, ſo daß die Blaͤtter in einer den feinen Haͤckchen<lb/>
derſelben entgegengeſetzten Richtung die Haut beruͤhren) das<lb/>
Tragen eines mit aͤtheriſchen Oehlen geſchaͤrften <hirendition="#aq">Emplastri<lb/>
aromatici,</hi> das trockne Frottiren der Schenkel, oͤrtliche aro-<lb/>
matiſche Baͤder, die Anwendung der Elektricitaͤt u. ſ. w. —<lb/>
Auch von draſtiſchen Abfuͤhrmitteln, aus <hirendition="#aq">Rad. Jalappae,<lb/>
Rheum, Senna</hi> u. ſ. w., wenn ſie von Zeit zu Zeit, als<lb/>
Erregungsmittel des dem Geſchlechtsſyſtem ſo nahe verwand-<lb/>
ten Darmkanals, dargereicht werden, hat man in Verbin-<lb/>
dung mit den uͤbrigen Mitteln, vorzuͤgliche Wirkungen bey<lb/>
dieſem Zuſtande von Atonie beobachtet. — Endlich wird es<lb/>
der Arzt, wo er uͤber den Zuſtand der Unfruchtbarkeit zu<lb/>
Rathe gezogen wird, nie umgehen koͤnnen, ruͤckſichtlich des<lb/>
ehlichen Umganges ſelbſt beiden Gatten zweckmaͤßige diaͤte-<lb/>
tiſche Vorſchriften zu ertheilen, vorzuͤglich das Uebermaaß<lb/>
deſſelben, eine gar nicht ſeltne Urſache der Unfruchtbarkeit,<lb/>
einzuſchraͤnken, die ſonſtigen Regeln aber nach den einzelnen<lb/>
vorkommenden Faͤllen zu beſtimmen.</p></div></div><lb/><divn="7"><head>5) <hirendition="#g">Hyſterie, Mutterbeſchwerung</hi> (<hirendition="#aq">passio hysterica,<lb/>
adscensus uteri</hi>).</head><lb/><divn="8"><head>§. 296.</head><lb/><p>Die Hyſterie iſt eine von denen Krankheiten, welche<lb/>
der außerordentlichen Vielgeſtaltigkeit ihrer Symptome wegen<lb/>ſchwer eine vollſtaͤndige Beſchreibung, faſt gar nicht eine<lb/>
kurze Definition zulaſſen, und welche, demohnerachtet ſo<lb/>
kenntlich ſind, daß, wer ſie nur einigemal geſehen hat, ſie<lb/>
wenigſtens <hirendition="#g">nicht leicht</hi> wieder verkennen wird. — Vorzuͤg-<lb/>
lich hat man ſie mit der Hypochondrie des maͤnnlichen Ge-<lb/>ſchlechts zuſammengeſtellt, und es hat dieß ſogar Veranlaſ-<lb/>ſung zu der Streitfrage gegeben, ob beide nicht eins und<lb/>
daſſelbe ſeyen? — Bejahend wurde dieſe Frage ſchon von<lb/>
mehreren aͤltern Aerzten, als <hirendition="#g"><hirendition="#aq">Sydenham, Tissot</hi></hi><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[231/0251]
den Gebrauch aͤußerer Mittel, der geiſtigen Einreibungen,
des Einreibens vom fluͤchtigen Liniment mit Tr. Canthari-
dum in die Kreuzgegend, die Urtikation (das Streichen mit
Neſſeln, ſo daß die Blaͤtter in einer den feinen Haͤckchen
derſelben entgegengeſetzten Richtung die Haut beruͤhren) das
Tragen eines mit aͤtheriſchen Oehlen geſchaͤrften Emplastri
aromatici, das trockne Frottiren der Schenkel, oͤrtliche aro-
matiſche Baͤder, die Anwendung der Elektricitaͤt u. ſ. w. —
Auch von draſtiſchen Abfuͤhrmitteln, aus Rad. Jalappae,
Rheum, Senna u. ſ. w., wenn ſie von Zeit zu Zeit, als
Erregungsmittel des dem Geſchlechtsſyſtem ſo nahe verwand-
ten Darmkanals, dargereicht werden, hat man in Verbin-
dung mit den uͤbrigen Mitteln, vorzuͤgliche Wirkungen bey
dieſem Zuſtande von Atonie beobachtet. — Endlich wird es
der Arzt, wo er uͤber den Zuſtand der Unfruchtbarkeit zu
Rathe gezogen wird, nie umgehen koͤnnen, ruͤckſichtlich des
ehlichen Umganges ſelbſt beiden Gatten zweckmaͤßige diaͤte-
tiſche Vorſchriften zu ertheilen, vorzuͤglich das Uebermaaß
deſſelben, eine gar nicht ſeltne Urſache der Unfruchtbarkeit,
einzuſchraͤnken, die ſonſtigen Regeln aber nach den einzelnen
vorkommenden Faͤllen zu beſtimmen.
5) Hyſterie, Mutterbeſchwerung (passio hysterica,
adscensus uteri).
§. 296.
Die Hyſterie iſt eine von denen Krankheiten, welche
der außerordentlichen Vielgeſtaltigkeit ihrer Symptome wegen
ſchwer eine vollſtaͤndige Beſchreibung, faſt gar nicht eine
kurze Definition zulaſſen, und welche, demohnerachtet ſo
kenntlich ſind, daß, wer ſie nur einigemal geſehen hat, ſie
wenigſtens nicht leicht wieder verkennen wird. — Vorzuͤg-
lich hat man ſie mit der Hypochondrie des maͤnnlichen Ge-
ſchlechts zuſammengeſtellt, und es hat dieß ſogar Veranlaſ-
ſung zu der Streitfrage gegeben, ob beide nicht eins und
daſſelbe ſeyen? — Bejahend wurde dieſe Frage ſchon von
mehreren aͤltern Aerzten, als Sydenham, Tissot
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/251>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.