Stufe verweilt, noch nicht von langer Dauer ist, und die veranlassenden Ursachen eine leichte Beseitigung gestatten. Selten beobachtete man, daß die Krankheit ohne ärztliche Hülfe sich glücklich entschied, und dann vornehmlich unter folgenden von Astruc*) aufgezeichneten Umständen, welche übrigens sämmtlich von der Art sind, daß sie mit unserer oben aufgestellten Ansicht von dem eigentlich Wesentlichen der Krankheit vollkommen übereinstimmen: -- 1) nämlich hob sich die Krankheit zuweilen, indem ein starker Gebärmutter- blutfluß entstand, 2) bey eintretendem starken Hämorrhoidal- fluße, 3) durch langwierigen schwächenden weißen Fluß (wel- ches alles auf Beseitigung entzündlicher Leiden hinweist), 4) durch eintretende wirkliche Schwangerschaft (welche indeß aus oben erwähnten Gründen kaum anders als im ersten Grade des Uebels Statt finden wird); 5) wenn der Uterus einen beträchtlichen Vorfall erlitt und nun der Einwirkung kälterer äußerer Temperatur ausgesetzt ist (wo die Kälte an- tiphlogistisch wirkt).
§. 283.
Die Regeln zur Behandlung der Mutterwuth muß- ten übrigens ebenfalls höchst schwankend bleiben, so lange man über das Wesentliche der Krankheit noch keinen bestimm- ten Begriff gefaßt hatte, und es scheint allerdings, als wenn auch hier theils die bisher durch Erfahrung bewährten Re- geln mit der Meynung von der entzündlichen Natur des Uebels vollkommen übereinstimmten, theils diese Ansicht selbst zu neuen Behandlungsweisen nicht unwichtige Fingerzeige ge- währt. Im Allgemeinen darf man daher wohl sagen, daß die Behandlung zwar nach den verschiedenen Stadien ver- schieden, aber doch immer vorzüglich antiphlogistisch werde seyn müssen, wobey indeß zugleich die speciellen veranlassen- den Ursachen berücksichtigt werden müssen, und namentlich auch die allgemeinen diätetischen Regeln für dergleichen Un- glückliche von besonderer Wichtigkeit sind, deren wir daher hier zunächst gedenken. Es gehört aber hierher 1) Aufent-
*)Maladies des Femmes. T. II. p. 570.
Stufe verweilt, noch nicht von langer Dauer iſt, und die veranlaſſenden Urſachen eine leichte Beſeitigung geſtatten. Selten beobachtete man, daß die Krankheit ohne aͤrztliche Huͤlfe ſich gluͤcklich entſchied, und dann vornehmlich unter folgenden von Astruc*) aufgezeichneten Umſtaͤnden, welche uͤbrigens ſaͤmmtlich von der Art ſind, daß ſie mit unſerer oben aufgeſtellten Anſicht von dem eigentlich Weſentlichen der Krankheit vollkommen uͤbereinſtimmen: — 1) naͤmlich hob ſich die Krankheit zuweilen, indem ein ſtarker Gebaͤrmutter- blutfluß entſtand, 2) bey eintretendem ſtarken Haͤmorrhoidal- fluße, 3) durch langwierigen ſchwaͤchenden weißen Fluß (wel- ches alles auf Beſeitigung entzuͤndlicher Leiden hinweiſt), 4) durch eintretende wirkliche Schwangerſchaft (welche indeß aus oben erwaͤhnten Gruͤnden kaum anders als im erſten Grade des Uebels Statt finden wird); 5) wenn der Uterus einen betraͤchtlichen Vorfall erlitt und nun der Einwirkung kaͤlterer aͤußerer Temperatur ausgeſetzt iſt (wo die Kaͤlte an- tiphlogiſtiſch wirkt).
§. 283.
Die Regeln zur Behandlung der Mutterwuth muß- ten uͤbrigens ebenfalls hoͤchſt ſchwankend bleiben, ſo lange man uͤber das Weſentliche der Krankheit noch keinen beſtimm- ten Begriff gefaßt hatte, und es ſcheint allerdings, als wenn auch hier theils die bisher durch Erfahrung bewaͤhrten Re- geln mit der Meynung von der entzuͤndlichen Natur des Uebels vollkommen uͤbereinſtimmten, theils dieſe Anſicht ſelbſt zu neuen Behandlungsweiſen nicht unwichtige Fingerzeige ge- waͤhrt. Im Allgemeinen darf man daher wohl ſagen, daß die Behandlung zwar nach den verſchiedenen Stadien ver- ſchieden, aber doch immer vorzuͤglich antiphlogiſtiſch werde ſeyn muͤſſen, wobey indeß zugleich die ſpeciellen veranlaſſen- den Urſachen beruͤckſichtigt werden muͤſſen, und namentlich auch die allgemeinen diaͤtetiſchen Regeln fuͤr dergleichen Un- gluͤckliche von beſonderer Wichtigkeit ſind, deren wir daher hier zunaͤchſt gedenken. Es gehoͤrt aber hierher 1) Aufent-
*)Maladies des Femmes. T. II. p. 570.
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Stufe verweilt, noch nicht von langer Dauer iſt, und die
veranlaſſenden Urſachen eine leichte Beſeitigung geſtatten.
Selten beobachtete man, daß die Krankheit ohne aͤrztliche
Huͤlfe ſich gluͤcklich entſchied, und dann vornehmlich unter
folgenden von Astruc *) aufgezeichneten Umſtaͤnden, welche
uͤbrigens ſaͤmmtlich von der Art ſind, daß ſie mit unſerer
oben aufgeſtellten Anſicht von dem eigentlich Weſentlichen der
Krankheit vollkommen uͤbereinſtimmen: — 1) naͤmlich hob
ſich die Krankheit zuweilen, indem ein ſtarker Gebaͤrmutter-
blutfluß entſtand, 2) bey eintretendem ſtarken Haͤmorrhoidal-
fluße, 3) durch langwierigen ſchwaͤchenden weißen Fluß (wel-
ches alles auf Beſeitigung entzuͤndlicher Leiden hinweiſt),
4) durch eintretende wirkliche Schwangerſchaft (welche indeß
aus oben erwaͤhnten Gruͤnden kaum anders als im erſten
Grade des Uebels Statt finden wird); 5) wenn der Uterus
einen betraͤchtlichen Vorfall erlitt und nun der Einwirkung
kaͤlterer aͤußerer Temperatur ausgeſetzt iſt (wo die Kaͤlte an-
tiphlogiſtiſch wirkt).
§. 283.
Die Regeln zur Behandlung der Mutterwuth muß-
ten uͤbrigens ebenfalls hoͤchſt ſchwankend bleiben, ſo lange
man uͤber das Weſentliche der Krankheit noch keinen beſtimm-
ten Begriff gefaßt hatte, und es ſcheint allerdings, als wenn
auch hier theils die bisher durch Erfahrung bewaͤhrten Re-
geln mit der Meynung von der entzuͤndlichen Natur des
Uebels vollkommen uͤbereinſtimmten, theils dieſe Anſicht ſelbſt
zu neuen Behandlungsweiſen nicht unwichtige Fingerzeige ge-
waͤhrt. Im Allgemeinen darf man daher wohl ſagen, daß
die Behandlung zwar nach den verſchiedenen Stadien ver-
ſchieden, aber doch immer vorzuͤglich antiphlogiſtiſch werde
ſeyn muͤſſen, wobey indeß zugleich die ſpeciellen veranlaſſen-
den Urſachen beruͤckſichtigt werden muͤſſen, und namentlich
auch die allgemeinen diaͤtetiſchen Regeln fuͤr dergleichen Un-
gluͤckliche von beſonderer Wichtigkeit ſind, deren wir daher
hier zunaͤchſt gedenken. Es gehoͤrt aber hierher 1) Aufent-
*) Maladies des Femmes. T. II. p. 570.
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/241>, abgerufen am 21.11.2024.
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