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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Geschichte
der Regierung Selims des II,
mit dem Zunamen Mest 1,
eilften Kaisers der Türken.


Des dritten Buches fünftes Hauptstück.
1.

Als Sülejman todt war: so war niemand mehr übrig, demSelim wird als
Kaiser erkennet:

das Reich zufallen konnte, als Selim, und dieser hielte
sich damals zu Amasia* auf, wie bereits gedacht worden
ist. Er reisete also im Jahre 974 von da ab, und langteH. 974.



J. C. 1566.
am neunten des Monats Rebiül ewwel, an welchem Tage
eben der Planet Merrich2* regierete, zu Constantinopel
an, da derselbe den Thron seines Vaters bestiege. Des andern Tages darauf
erschienen alle die Großen des Reichs, der Gewohnheit gemäß, in Trauerklei-
[Spaltenumbruch]
1 Mest] das ist, betrunken. Er bekam
diesen Zunamen, weil er dem Weine und der
Trunkenheit ergeben war; denn dieses war
sein größtes Vergnügen. Ungeachtet er aber
diesem Laster äußerst nachhinge: so saget
man doch, daß er sein tägliches Gebet nie-
mals unterlassen habe. Es sind noch andere
Geschichtschreiber, die nicht gerne einen sol-
chen Schandflecken einem so berühmten Kai-
ser angehänget wissen wollen, und daher leug-
nen, daß er die Gewohnheit gehabt habe,
[Spaltenumbruch]
sich zu betrinken; dagegen aber vorgeben: er
sey öfters mit einer Art einer göttlichen Ent-
zückung (Enthusiasm) befallen worden; da-
mit nun das Volk nicht argwohnen möchte,
es wäre Verstellung und Heucheley: so habe
er es selbst für Trunkenheit ausgegeben, und
solchergestalt lieber für einen Trunkenbold,
als für einen Heuchler, wollen gehalten seyn.
Allein, dergleichen Beschönigungen sind nur
für den gemeinen Mann.

dern
* Oben stehet Magnesia, 324 Seite, 54 Absatz.
2* Mars.
2 T
Geſchichte
der Regierung Selims des II
mit dem Zunamen Meſt 1,
eilften Kaiſers der Tuͤrken.


Des dritten Buches fuͤnftes Hauptſtuͤck.
1.

Als Suͤlejman todt war: ſo war niemand mehr uͤbrig, demSelim wird als
Kaiſer erkennet:

das Reich zufallen konnte, als Selim, und dieſer hielte
ſich damals zu Amaſia* auf, wie bereits gedacht worden
iſt. Er reiſete alſo im Jahre 974 von da ab, und langteH. 974.



J. C. 1566.
am neunten des Monats Rebiuͤl ewwel, an welchem Tage
eben der Planet Merrich2* regierete, zu Conſtantinopel
an, da derſelbe den Thron ſeines Vaters beſtiege. Des andern Tages darauf
erſchienen alle die Großen des Reichs, der Gewohnheit gemaͤß, in Trauerklei-
[Spaltenumbruch]
1 Meſt] das iſt, betrunken. Er bekam
dieſen Zunamen, weil er dem Weine und der
Trunkenheit ergeben war; denn dieſes war
ſein groͤßtes Vergnuͤgen. Ungeachtet er aber
dieſem Laſter aͤußerſt nachhinge: ſo ſaget
man doch, daß er ſein taͤgliches Gebet nie-
mals unterlaſſen habe. Es ſind noch andere
Geſchichtſchreiber, die nicht gerne einen ſol-
chen Schandflecken einem ſo beruͤhmten Kai-
ſer angehaͤnget wiſſen wollen, und daher leug-
nen, daß er die Gewohnheit gehabt habe,
[Spaltenumbruch]
ſich zu betrinken; dagegen aber vorgeben: er
ſey oͤfters mit einer Art einer goͤttlichen Ent-
zuͤckung (Enthuſiaſm) befallen worden; da-
mit nun das Volk nicht argwohnen moͤchte,
es waͤre Verſtellung und Heucheley: ſo habe
er es ſelbſt fuͤr Trunkenheit ausgegeben, und
ſolchergeſtalt lieber fuͤr einen Trunkenbold,
als fuͤr einen Heuchler, wollen gehalten ſeyn.
Allein, dergleichen Beſchoͤnigungen ſind nur
fuͤr den gemeinen Mann.

dern
* Oben ſtehet Magneſia, 324 Seite, 54 Abſatz.
2* Mars.
2 T
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[329/0421] Geſchichte der Regierung Selims des II‚ mit dem Zunamen Meſt ¹ , eilften Kaiſers der Tuͤrken. Des dritten Buches fuͤnftes Hauptſtuͤck. 1. Als Suͤlejman todt war: ſo war niemand mehr uͤbrig, dem das Reich zufallen konnte, als Selim, und dieſer hielte ſich damals zu Amaſia * auf, wie bereits gedacht worden iſt. Er reiſete alſo im Jahre 974 von da ab, und langte am neunten des Monats Rebiuͤl ewwel, an welchem Tage eben der Planet Merrich 2* regierete, zu Conſtantinopel an, da derſelbe den Thron ſeines Vaters beſtiege. Des andern Tages darauf erſchienen alle die Großen des Reichs, der Gewohnheit gemaͤß, in Trauerklei- dern ¹ Meſt] das iſt, betrunken. Er bekam dieſen Zunamen, weil er dem Weine und der Trunkenheit ergeben war; denn dieſes war ſein groͤßtes Vergnuͤgen. Ungeachtet er aber dieſem Laſter aͤußerſt nachhinge: ſo ſaget man doch, daß er ſein taͤgliches Gebet nie- mals unterlaſſen habe. Es ſind noch andere Geſchichtſchreiber, die nicht gerne einen ſol- chen Schandflecken einem ſo beruͤhmten Kai- ſer angehaͤnget wiſſen wollen, und daher leug- nen, daß er die Gewohnheit gehabt habe, ſich zu betrinken; dagegen aber vorgeben: er ſey oͤfters mit einer Art einer goͤttlichen Ent- zuͤckung (Enthuſiaſm) befallen worden; da- mit nun das Volk nicht argwohnen moͤchte, es waͤre Verſtellung und Heucheley: ſo habe er es ſelbſt fuͤr Trunkenheit ausgegeben, und ſolchergeſtalt lieber fuͤr einen Trunkenbold, als fuͤr einen Heuchler, wollen gehalten ſeyn. Allein, dergleichen Beſchoͤnigungen ſind nur fuͤr den gemeinen Mann. Selim wird als Kaiſer erkennet: H. 974. J. C. 1566. * Oben ſtehet Magneſia, 324 Seite, 54 Abſatz. 2* Mars. 2 T

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/421>, abgerufen am 21.11.2024.