Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Geschichte
der Regierung Bajeßids des II,
achten Kaisers der Türken.


Des dritten Buches zweytes Hauptstück.
1.

Weil die osmanischen Sachen um diese Zeit sich in einem blü-Bajeßid ist auf
eine Wallfahrt
nach Mekka be-
dacht:

henden Zustande befanden: so hatte Muhämmed seine
Söhne Bajeßid und Dschem als Statthalter über gewisse
Landschaften gesetzet, und den erstern zum Sandschak von
Amasia, den letztern aber zum Sandschak 1 von Ikonien
gemacht; damit sie nicht nur Einkünfte haben möchten, einen Hofstat zu führen,
sondern auch Gelegenheit hätten, ihre Klugheit und Kunst im Regieren schon
in ihren jüngern Jahren sehen zu lassen. Bajeßid befand sich damals zu Ama-
sia, und war willens, eine Hadsch 2 oder Wallfahrt nach Mekka vorzunehmen,
[Spaltenumbruch]

1 Sandschak] Ehe die Paschen und
Begjlerbegje aufkamen, führeten alle Statt-
halter der Landschaften diesen Titel: heutiges
Tages aber ist derselbe nur auf diejenigen ein-
geschränket, die über die Landschaften gesetzet
sind, ohne den Vorzug der Tuge oder Roß-
schweife zu genießen. Daß also ein San-
dschak geringer, als ein Begj; ein Begj ge-
ringer, als ein Pascha; und ein Pascha ge-
ringer, als ein Begjlerbegj ist.
2 Hadsch] Dieses ist eine Wallfahrt
[Spaltenumbruch]
nach den heiligen Oertern Mekka, Medina
und Jerusalem: und derjenige, der eine sol-
che Wallfahrt unternimmt, wird ein Hadschi
oder Pilger genennet. Ein ieder Türk ist
nach dem Gesetze verbunden, diese Reise ein-
mal in seinem Leben vorzunehmen, und die-
ses zu der Zeit, da sein Vermögen so be-
schaffen ist, daß die Hälfte desselben zu den
Unkosten der Wallfahrt zureichet: die andere
Hälfte muß er zurück lassen, damit er bey
seiner Rückkunft sein ehrliches Auskommen
haben möge. Damit aber die Pilger sicher

als
Y 2
Geſchichte
der Regierung Bajeßids des II,
achten Kaiſers der Tuͤrken.


Des dritten Buches zweytes Hauptſtuͤck.
1.

Weil die osmaniſchen Sachen um dieſe Zeit ſich in einem bluͤ-Bajeßid iſt auf
eine Wallfahrt
nach Mekka be-
dacht:

henden Zuſtande befanden: ſo hatte Muhaͤmmed ſeine
Soͤhne Bajeßid und Dſchem als Statthalter uͤber gewiſſe
Landſchaften geſetzet, und den erſtern zum Sandſchak von
Amaſia, den letztern aber zum Sandſchak 1 von Ikonien
gemacht; damit ſie nicht nur Einkuͤnfte haben moͤchten, einen Hofſtat zu fuͤhren,
ſondern auch Gelegenheit haͤtten, ihre Klugheit und Kunſt im Regieren ſchon
in ihren juͤngern Jahren ſehen zu laſſen. Bajeßid befand ſich damals zu Ama-
ſia, und war willens, eine Hadſch 2 oder Wallfahrt nach Mekka vorzunehmen,
[Spaltenumbruch]

1 Sandſchak] Ehe die Paſchen und
Begjlerbegje aufkamen, fuͤhreten alle Statt-
halter der Landſchaften dieſen Titel: heutiges
Tages aber iſt derſelbe nur auf diejenigen ein-
geſchraͤnket, die uͤber die Landſchaften geſetzet
ſind, ohne den Vorzug der Tuge oder Roß-
ſchweife zu genießen. Daß alſo ein San-
dſchak geringer, als ein Begj; ein Begj ge-
ringer, als ein Paſcha; und ein Paſcha ge-
ringer, als ein Begjlerbegj iſt.
2 Hadſch] Dieſes iſt eine Wallfahrt
[Spaltenumbruch]
nach den heiligen Oertern Mekka, Medina
und Jeruſalem: und derjenige, der eine ſol-
che Wallfahrt unternimmt, wird ein Hadſchi
oder Pilger genennet. Ein ieder Tuͤrk iſt
nach dem Geſetze verbunden, dieſe Reiſe ein-
mal in ſeinem Leben vorzunehmen, und die-
ſes zu der Zeit, da ſein Vermoͤgen ſo be-
ſchaffen iſt, daß die Haͤlfte deſſelben zu den
Unkoſten der Wallfahrt zureichet: die andere
Haͤlfte muß er zuruͤck laſſen, damit er bey
ſeiner Ruͤckkunft ſein ehrliches Auskommen
haben moͤge. Damit aber die Pilger ſicher

als
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0257" n="171"/>
        <div n="2">
          <head>Ge&#x017F;chichte<lb/>
der Regierung Bajeßids des <hi rendition="#aq">II</hi>,<lb/>
achten Kai&#x017F;ers der Tu&#x0364;rken.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Des dritten Buches zweytes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>eil die osmani&#x017F;chen Sachen um die&#x017F;e Zeit &#x017F;ich in einem blu&#x0364;-<note place="right">Bajeßid i&#x017F;t auf<lb/>
eine Wallfahrt<lb/>
nach Mekka be-<lb/>
dacht:</note><lb/>
henden Zu&#x017F;tande befanden: &#x017F;o hatte Muha&#x0364;mmed &#x017F;eine<lb/>
So&#x0364;hne Bajeßid und D&#x017F;chem als Statthalter u&#x0364;ber gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Land&#x017F;chaften ge&#x017F;etzet, und den er&#x017F;tern zum Sand&#x017F;chak von<lb/>
Ama&#x017F;ia, den letztern aber zum Sand&#x017F;chak <note place="end" n="1"/> von Ikonien<lb/>
gemacht; damit &#x017F;ie nicht nur Einku&#x0364;nfte haben mo&#x0364;chten, einen Hof&#x017F;tat zu fu&#x0364;hren,<lb/>
&#x017F;ondern auch Gelegenheit ha&#x0364;tten, ihre Klugheit und Kun&#x017F;t im Regieren &#x017F;chon<lb/>
in ihren ju&#x0364;ngern Jahren &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Bajeßid befand &#x017F;ich damals zu Ama-<lb/>
&#x017F;ia, und war willens, eine Had&#x017F;ch <note place="end" n="2"/> oder Wallfahrt nach Mekka vorzunehmen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note place="end" n="1">Sand&#x017F;chak] Ehe die Pa&#x017F;chen und<lb/>
Begjlerbegje aufkamen, fu&#x0364;hreten alle Statt-<lb/>
halter der Land&#x017F;chaften die&#x017F;en Titel: heutiges<lb/>
Tages aber i&#x017F;t der&#x017F;elbe nur auf diejenigen ein-<lb/>
ge&#x017F;chra&#x0364;nket, die u&#x0364;ber die Land&#x017F;chaften ge&#x017F;etzet<lb/>
&#x017F;ind, ohne den Vorzug der Tuge oder Roß-<lb/>
&#x017F;chweife zu genießen. Daß al&#x017F;o ein San-<lb/>
d&#x017F;chak geringer, als ein Begj; ein Begj ge-<lb/>
ringer, als ein Pa&#x017F;cha; und ein Pa&#x017F;cha ge-<lb/>
ringer, als ein Begjlerbegj i&#x017F;t.</note><lb/><note xml:id="V257" next="#V258" place="end" n="2">Had&#x017F;ch] Die&#x017F;es i&#x017F;t eine Wallfahrt<lb/><cb n="2"/><lb/>
nach den heiligen Oertern Mekka, Medina<lb/>
und Jeru&#x017F;alem: und derjenige, der eine &#x017F;ol-<lb/>
che Wallfahrt unternimmt, wird ein Had&#x017F;chi<lb/>
oder Pilger genennet. Ein ieder Tu&#x0364;rk i&#x017F;t<lb/>
nach dem Ge&#x017F;etze verbunden, die&#x017F;e Rei&#x017F;e ein-<lb/>
mal in &#x017F;einem Leben vorzunehmen, und die-<lb/>
&#x017F;es zu der Zeit, da &#x017F;ein Vermo&#x0364;gen &#x017F;o be-<lb/>
&#x017F;chaffen i&#x017F;t, daß die Ha&#x0364;lfte de&#x017F;&#x017F;elben zu den<lb/>
Unko&#x017F;ten der Wallfahrt zureichet: die andere<lb/>
Ha&#x0364;lfte muß er zuru&#x0364;ck la&#x017F;&#x017F;en, damit er bey<lb/>
&#x017F;einer Ru&#x0364;ckkunft &#x017F;ein ehrliches Auskommen<lb/>
haben mo&#x0364;ge. Damit aber die Pilger &#x017F;icher<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">und</fw></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0257] Geſchichte der Regierung Bajeßids des II, achten Kaiſers der Tuͤrken. Des dritten Buches zweytes Hauptſtuͤck. 1. Weil die osmaniſchen Sachen um dieſe Zeit ſich in einem bluͤ- henden Zuſtande befanden: ſo hatte Muhaͤmmed ſeine Soͤhne Bajeßid und Dſchem als Statthalter uͤber gewiſſe Landſchaften geſetzet, und den erſtern zum Sandſchak von Amaſia, den letztern aber zum Sandſchak ¹ von Ikonien gemacht; damit ſie nicht nur Einkuͤnfte haben moͤchten, einen Hofſtat zu fuͤhren, ſondern auch Gelegenheit haͤtten, ihre Klugheit und Kunſt im Regieren ſchon in ihren juͤngern Jahren ſehen zu laſſen. Bajeßid befand ſich damals zu Ama- ſia, und war willens, eine Hadſch ² oder Wallfahrt nach Mekka vorzunehmen, als ¹ Sandſchak] Ehe die Paſchen und Begjlerbegje aufkamen, fuͤhreten alle Statt- halter der Landſchaften dieſen Titel: heutiges Tages aber iſt derſelbe nur auf diejenigen ein- geſchraͤnket, die uͤber die Landſchaften geſetzet ſind, ohne den Vorzug der Tuge oder Roß- ſchweife zu genießen. Daß alſo ein San- dſchak geringer, als ein Begj; ein Begj ge- ringer, als ein Paſcha; und ein Paſcha ge- ringer, als ein Begjlerbegj iſt. ² Hadſch] Dieſes iſt eine Wallfahrt nach den heiligen Oertern Mekka, Medina und Jeruſalem: und derjenige, der eine ſol- che Wallfahrt unternimmt, wird ein Hadſchi oder Pilger genennet. Ein ieder Tuͤrk iſt nach dem Geſetze verbunden, dieſe Reiſe ein- mal in ſeinem Leben vorzunehmen, und die- ſes zu der Zeit, da ſein Vermoͤgen ſo be- ſchaffen iſt, daß die Haͤlfte deſſelben zu den Unkoſten der Wallfahrt zureichet: die andere Haͤlfte muß er zuruͤck laſſen, damit er bey ſeiner Ruͤckkunft ſein ehrliches Auskommen haben moͤge. Damit aber die Pilger ſicher und Bajeßid iſt auf eine Wallfahrt nach Mekka be- dacht: Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/257
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/257>, abgerufen am 21.11.2024.