[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.Gedancken über etliche Maßqven in einer Wirthschafft 1682. Diane. WO hab' ich mich verirrt? wo bin ich eingekehret?Warum ist dieser Ort so herrlich ausgerüstt? Es scheinet/ wo ich bin/ daß auch mein Tempel ist/ Weil hier so manches Volck als Göttin mich verehret. Sultanin. Man zittert nun nicht mehr vor Ketten und vor Banden/Ist in der Barbarey ein solches Bild vorhanden/ So wird dort mit der Zeit an Fesseln Mangel seyn/ Denn wer nur sehen darf stellt sich zum Sclaven ein. Sultan. Kein Ottomanner Printz mit allen seinen Reichen/Ist mir an Tapfferkeit und Ansehn zu vergleichen. Nur eins macht daß ich nicht unüberwindlich bin: Die ungemeine Zier der holden Käyserin. Schäffer. Kommt laßt uns wieder gehn/ und zu den Schaafen kehren/Die Liebe möchte sonst uns alle Ruh verstören. Ey was vor schönes Volck kriegt man allhier zu sehn! Die Unschuld leidet Noht; kommt laßt uns wieder gehn. Ziegeunerinnen. Nehmt eure Hertzen wol in acht/Die ihr diß lumpen Volck nicht kennet/ Das nur auf Mord und Raub durch Land und Städte rennet/ Sie haben viel schon in Gefahr gebracht. Sie zeigen unser Glück und Unglück richtig an/ Dieweil ihr Ja und Nein uns beydes schaffen kan. Mohren. Allein die heisse Gluht die in verliebten HertzenEntflammt/ hat unsre Haut so heßlich können schwärtzenn/ Und das ist wunderns werth in unserm Moren-Land/ Wir beten das noch an/ was uns hat schwartz gebrant. Hauß- C 5
Gedancken uͤber etliche Maßqven in einer Wirthſchafft 1682. Diane. WO hab’ ich mich verirꝛt? wo bin ich eingekehret?Warum iſt dieſer Ort ſo herꝛlich ausgeruͤſtt? Es ſcheinet/ wo ich bin/ daß auch mein Tempel iſt/ Weil hier ſo manches Volck als Goͤttin mich verehret. Sultanin. Man zittert nun nicht mehr vor Ketten und vor Banden/Iſt in der Barbarey ein ſolches Bild vorhanden/ So wird dort mit der Zeit an Feſſeln Mangel ſeyn/ Denn wer nur ſehen darf ſtellt ſich zum Sclaven ein. Sultan. Kein Ottomanner Printz mit allen ſeinen Reichen/Iſt mir an Tapfferkeit und Anſehn zu vergleichen. Nur eins macht daß ich nicht unuͤberwindlich bin: Die ungemeine Zier der holden Kaͤyſerin. Schaͤffer. Kom̃t laßt uns wieder gehn/ und zu den Schaafen kehren/Die Liebe moͤchte ſonſt uns alle Ruh verſtoͤren. Ey was vor ſchoͤnes Volck kriegt man allhier zu ſehn! Die Unſchuld leidet Noht; kom̃t laßt uns wieder gehn. Ziegeunerinnen. Nehmt eure Hertzen wol in acht/Die ihr diß lumpen Volck nicht kennet/ Das nur auf Mord und Raub durch Land und Staͤdte rennet/ Sie haben viel ſchon in Gefahr gebracht. Sie zeigen unſer Gluͤck und Ungluͤck richtig an/ Dieweil ihr Ja und Nein uns beydes ſchaffen kan. Mohren. Allein die heiſſe Gluht die in verliebten HertzenEntflam̃t/ hat unſre Haut ſo heßlich koͤnnen ſchwaͤrtzeñ/ Und das iſt wunderns werth in unſerm Moren-Land/ Wir beten das noch an/ was uns hat ſchwartz gebrant. Hauß- C 5
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Gedancken uͤber etliche Maßqven in einer
Wirthſchafft 1682.
Diane.
WO hab’ ich mich verirꝛt? wo bin ich eingekehret?
Warum iſt dieſer Ort ſo herꝛlich ausgeruͤſtt?
Es ſcheinet/ wo ich bin/ daß auch mein Tempel iſt/
Weil hier ſo manches Volck als Goͤttin mich verehret.
Sultanin.
Man zittert nun nicht mehr vor Ketten und vor Banden/
Iſt in der Barbarey ein ſolches Bild vorhanden/
So wird dort mit der Zeit an Feſſeln Mangel ſeyn/
Denn wer nur ſehen darf ſtellt ſich zum Sclaven ein.
Sultan.
Kein Ottomanner Printz mit allen ſeinen Reichen/
Iſt mir an Tapfferkeit und Anſehn zu vergleichen.
Nur eins macht daß ich nicht unuͤberwindlich bin:
Die ungemeine Zier der holden Kaͤyſerin.
Schaͤffer.
Kom̃t laßt uns wieder gehn/ und zu den Schaafen kehren/
Die Liebe moͤchte ſonſt uns alle Ruh verſtoͤren.
Ey was vor ſchoͤnes Volck kriegt man allhier zu ſehn!
Die Unſchuld leidet Noht; kom̃t laßt uns wieder gehn.
Ziegeunerinnen.
Nehmt eure Hertzen wol in acht/
Die ihr diß lumpen Volck nicht kennet/
Das nur auf Mord und Raub durch Land und Staͤdte
rennet/
Sie haben viel ſchon in Gefahr gebracht.
Sie zeigen unſer Gluͤck und Ungluͤck richtig an/
Dieweil ihr Ja und Nein uns beydes ſchaffen kan.
Mohren.
Allein die heiſſe Gluht die in verliebten Hertzen
Entflam̃t/ hat unſre Haut ſo heßlich koͤnnen ſchwaͤrtzeñ/
Und das iſt wunderns werth in unſerm Moren-Land/
Wir beten das noch an/ was uns hat ſchwartz gebrant.
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