ihrer Herrschaft über die Natur um ein Beträchtliches zu er- weitern.
Psychologische Semiotik.
§ 261.
Wenn wir immer alle Würkungen des geistigen Wesens, wie sich dieselben durch körperlichen Ausdruck offenbaren, er- kennten, so würden wir weiter keiner Zeichen bedürfen. Denn da die Gesundheit in Erscheinungen besteht: so hätten wir, sobald wir die sämmtlichen Erscheinungen als zweckmäßig anerkennten, eine vollständige Beobachtung der Gesundheit. Da wir dies aber nicht im Stande sind: so wird eine psy- chologische Semiotik nöthig.
§ 262.
Die psychologische Semiotik, oder die Zeichenlehre der Geistesgesundheit, stellt die einzelnen geistigen Erscheinungen dar, welche wir unmittelbar (an uns durch Selbstbewußt- seyn) oder mittelbar (an Andern, durch Beobachtungen des körperlichen Ausdruckes) wahrnehmen, um aus deren Beschaffenheit auf die ihrem ursprünglichen Zwecke angemes- senen übrigen Geisteswürkungen zu schließen.
§ 363.
Der Theil der psychologischen Zeichenlehre, welcher den Einfluß der Seele auf die äußere Form des Körpers oder das Uebereinkommende zwischen beyden, als Zeichen zu Be- urtheilung der Geisteswürkungen darstellt, ist bis jetzt vor- zugsweise unter dem Namen der Physiognomik bearbei- tet worden.
§ 264.
Die Heilkunst bedarf dieser Zeichenlehre eben so, wie der der körperlichen Gesundheit (§ 243) zur Erkenntniß der
Krank-
Zweyter Theil.
ihrer Herrſchaft uͤber die Natur um ein Betraͤchtliches zu er- weitern.
Pſychologiſche Semiotik.
§ 261.
Wenn wir immer alle Wuͤrkungen des geiſtigen Weſens, wie ſich dieſelben durch koͤrperlichen Ausdruck offenbaren, er- kennten, ſo wuͤrden wir weiter keiner Zeichen beduͤrfen. Denn da die Geſundheit in Erſcheinungen beſteht: ſo haͤtten wir, ſobald wir die ſaͤmmtlichen Erſcheinungen als zweckmaͤßig anerkennten, eine vollſtaͤndige Beobachtung der Geſundheit. Da wir dies aber nicht im Stande ſind: ſo wird eine pſy- chologiſche Semiotik noͤthig.
§ 262.
Die pſychologiſche Semiotik, oder die Zeichenlehre der Geiſtesgeſundheit, ſtellt die einzelnen geiſtigen Erſcheinungen dar, welche wir unmittelbar (an uns durch Selbſtbewußt- ſeyn) oder mittelbar (an Andern, durch Beobachtungen des koͤrperlichen Ausdruckes) wahrnehmen, um aus deren Beſchaffenheit auf die ihrem urſpruͤnglichen Zwecke angemeſ- ſenen uͤbrigen Geiſteswuͤrkungen zu ſchließen.
§ 363.
Der Theil der pſychologiſchen Zeichenlehre, welcher den Einfluß der Seele auf die aͤußere Form des Koͤrpers oder das Uebereinkommende zwiſchen beyden, als Zeichen zu Be- urtheilung der Geiſteswuͤrkungen darſtellt, iſt bis jetzt vor- zugsweiſe unter dem Namen der Phyſiognomik bearbei- tet worden.
§ 264.
Die Heilkunſt bedarf dieſer Zeichenlehre eben ſo, wie der der koͤrperlichen Geſundheit (§ 243) zur Erkenntniß der
Krank-
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Zweyter Theil.
ihrer Herrſchaft uͤber die Natur um ein Betraͤchtliches zu er-
weitern.
Pſychologiſche Semiotik.
§ 261.
Wenn wir immer alle Wuͤrkungen des geiſtigen Weſens,
wie ſich dieſelben durch koͤrperlichen Ausdruck offenbaren, er-
kennten, ſo wuͤrden wir weiter keiner Zeichen beduͤrfen. Denn
da die Geſundheit in Erſcheinungen beſteht: ſo haͤtten wir,
ſobald wir die ſaͤmmtlichen Erſcheinungen als zweckmaͤßig
anerkennten, eine vollſtaͤndige Beobachtung der Geſundheit.
Da wir dies aber nicht im Stande ſind: ſo wird eine pſy-
chologiſche Semiotik noͤthig.
§ 262.
Die pſychologiſche Semiotik, oder die Zeichenlehre der
Geiſtesgeſundheit, ſtellt die einzelnen geiſtigen Erſcheinungen
dar, welche wir unmittelbar (an uns durch Selbſtbewußt-
ſeyn) oder mittelbar (an Andern, durch Beobachtungen
des koͤrperlichen Ausdruckes) wahrnehmen, um aus deren
Beſchaffenheit auf die ihrem urſpruͤnglichen Zwecke angemeſ-
ſenen uͤbrigen Geiſteswuͤrkungen zu ſchließen.
§ 363.
Der Theil der pſychologiſchen Zeichenlehre, welcher den
Einfluß der Seele auf die aͤußere Form des Koͤrpers oder
das Uebereinkommende zwiſchen beyden, als Zeichen zu Be-
urtheilung der Geiſteswuͤrkungen darſtellt, iſt bis jetzt vor-
zugsweiſe unter dem Namen der Phyſiognomik bearbei-
tet worden.
§ 264.
Die Heilkunſt bedarf dieſer Zeichenlehre eben ſo, wie
der der koͤrperlichen Geſundheit (§ 243) zur Erkenntniß der
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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/98>, abgerufen am 16.07.2024.
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