Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Bildung des Arztes.
Gegenstand hinreichend erklären konnte, und die Scheide-
wand fiel, welche die Nationen von einander getrennt hatte.
Beydes bewürkte, daß auch die Aerzte in ihrer Mutterspra-
che schrieben, in der Ueberzeugung, von ihrer Nation so-
wohl, als von andern verstanden zu werden, da jetzt nicht
mehr allein die Gelehrten, sondern auch die Völker selbst
unter einander bekannter geworden waren.

§ 605.

Dies macht also die Kenntniß, besonders der französi-
schen, englischen und italienischen Sprache nöthig, zumal
für den, welcher durch die gewöhnlichen Uebersetzungen nicht
befriedigt, in den Geist eines originellen Schriftstellers ein-
dringen, nicht nur seine Gedanken im Allgemeinen, sondern
seinen ganzen Sinn fassen, und das eigene Vergnügen, wel-
ches die Lectüre eines Originals gewährt, genießen will.

§ 606.

Wer diese Nebenabsichten nicht hat, bedarf dieser
Sprachkenntnisse in unserm übersetzenden Zeitalter nicht,
zumal, da die meisten unserer Uebersetzungen aus fremden
Sprachen, vollständiger und gehaltvoller sind, als die Ori-
ginale.

§ 607.

III. Der Arzt bedarf der Sprachen, um sie zu sprechen,
und dieses Bedürfniß ist nach Maaßgabe der individuellen
Verhältnisse eines Jeden verschieden. Die Sprachen aber,
welche man spricht, muß man sich vollkommen eigen machen,
um alle mögliche Mißverstäudnisse, welche von so großem
Nachtheile für den Arzt sowohl, als für den Kranken seyn
können, zu verhüten.


§ 608.

Bildung des Arztes.
Gegenſtand hinreichend erklaͤren konnte, und die Scheide-
wand fiel, welche die Nationen von einander getrennt hatte.
Beydes bewuͤrkte, daß auch die Aerzte in ihrer Mutterſpra-
che ſchrieben, in der Ueberzeugung, von ihrer Nation ſo-
wohl, als von andern verſtanden zu werden, da jetzt nicht
mehr allein die Gelehrten, ſondern auch die Voͤlker ſelbſt
unter einander bekannter geworden waren.

§ 605.

Dies macht alſo die Kenntniß, beſonders der franzoͤſi-
ſchen, engliſchen und italieniſchen Sprache noͤthig, zumal
fuͤr den, welcher durch die gewoͤhnlichen Ueberſetzungen nicht
befriedigt, in den Geiſt eines originellen Schriftſtellers ein-
dringen, nicht nur ſeine Gedanken im Allgemeinen, ſondern
ſeinen ganzen Sinn faſſen, und das eigene Vergnuͤgen, wel-
ches die Lectuͤre eines Originals gewaͤhrt, genießen will.

§ 606.

Wer dieſe Nebenabſichten nicht hat, bedarf dieſer
Sprachkenntniſſe in unſerm uͤberſetzenden Zeitalter nicht,
zumal, da die meiſten unſerer Ueberſetzungen aus fremden
Sprachen, vollſtaͤndiger und gehaltvoller ſind, als die Ori-
ginale.

§ 607.

III. Der Arzt bedarf der Sprachen, um ſie zu ſprechen,
und dieſes Beduͤrfniß iſt nach Maaßgabe der individuellen
Verhaͤltniſſe eines Jeden verſchieden. Die Sprachen aber,
welche man ſpricht, muß man ſich vollkommen eigen machen,
um alle moͤgliche Mißverſtaͤudniſſe, welche von ſo großem
Nachtheile fuͤr den Arzt ſowohl, als fuͤr den Kranken ſeyn
koͤnnen, zu verhuͤten.


§ 608.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <div n="6">
                <div n="7">
                  <div n="8">
                    <p><pb facs="#f0205" n="187"/><fw place="top" type="header">Bildung des Arztes.</fw><lb/>
Gegen&#x017F;tand hinreichend erkla&#x0364;ren konnte, und die Scheide-<lb/>
wand fiel, welche die Nationen von einander getrennt hatte.<lb/>
Beydes bewu&#x0364;rkte, daß auch die Aerzte in ihrer Mutter&#x017F;pra-<lb/>
che &#x017F;chrieben, in der Ueberzeugung, von ihrer Nation &#x017F;o-<lb/>
wohl, als von andern ver&#x017F;tanden zu werden, da jetzt nicht<lb/>
mehr allein die Gelehrten, &#x017F;ondern auch die Vo&#x0364;lker &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
unter einander bekannter geworden waren.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 605.</head><lb/>
                    <p>Dies macht al&#x017F;o die Kenntniß, be&#x017F;onders der franzo&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen, engli&#x017F;chen und italieni&#x017F;chen Sprache no&#x0364;thig, zumal<lb/>
fu&#x0364;r den, welcher durch die gewo&#x0364;hnlichen Ueber&#x017F;etzungen nicht<lb/>
befriedigt, in den Gei&#x017F;t eines originellen Schrift&#x017F;tellers ein-<lb/>
dringen, nicht nur &#x017F;eine Gedanken im Allgemeinen, &#x017F;ondern<lb/>
&#x017F;einen ganzen Sinn fa&#x017F;&#x017F;en, und das eigene Vergnu&#x0364;gen, wel-<lb/>
ches die Lectu&#x0364;re eines Originals gewa&#x0364;hrt, genießen will.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 606.</head><lb/>
                    <p>Wer die&#x017F;e Nebenab&#x017F;ichten nicht hat, bedarf die&#x017F;er<lb/>
Sprachkenntni&#x017F;&#x017F;e in un&#x017F;erm u&#x0364;ber&#x017F;etzenden Zeitalter nicht,<lb/>
zumal, da die mei&#x017F;ten un&#x017F;erer Ueber&#x017F;etzungen aus fremden<lb/>
Sprachen, voll&#x017F;ta&#x0364;ndiger und gehaltvoller &#x017F;ind, als die Ori-<lb/>
ginale.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="8">
                    <head>§ 607.</head><lb/>
                    <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Der Arzt bedarf der Sprachen, um &#x017F;ie zu &#x017F;prechen,<lb/>
und die&#x017F;es Bedu&#x0364;rfniß i&#x017F;t nach Maaßgabe der individuellen<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e eines Jeden ver&#x017F;chieden. Die Sprachen aber,<lb/>
welche man &#x017F;pricht, muß man &#x017F;ich vollkommen eigen machen,<lb/>
um alle mo&#x0364;gliche Mißver&#x017F;ta&#x0364;udni&#x017F;&#x017F;e, welche von &#x017F;o großem<lb/>
Nachtheile fu&#x0364;r den Arzt &#x017F;owohl, als fu&#x0364;r den Kranken &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nnen, zu verhu&#x0364;ten.</p>
                  </div><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">§ 608.</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0205] Bildung des Arztes. Gegenſtand hinreichend erklaͤren konnte, und die Scheide- wand fiel, welche die Nationen von einander getrennt hatte. Beydes bewuͤrkte, daß auch die Aerzte in ihrer Mutterſpra- che ſchrieben, in der Ueberzeugung, von ihrer Nation ſo- wohl, als von andern verſtanden zu werden, da jetzt nicht mehr allein die Gelehrten, ſondern auch die Voͤlker ſelbſt unter einander bekannter geworden waren. § 605. Dies macht alſo die Kenntniß, beſonders der franzoͤſi- ſchen, engliſchen und italieniſchen Sprache noͤthig, zumal fuͤr den, welcher durch die gewoͤhnlichen Ueberſetzungen nicht befriedigt, in den Geiſt eines originellen Schriftſtellers ein- dringen, nicht nur ſeine Gedanken im Allgemeinen, ſondern ſeinen ganzen Sinn faſſen, und das eigene Vergnuͤgen, wel- ches die Lectuͤre eines Originals gewaͤhrt, genießen will. § 606. Wer dieſe Nebenabſichten nicht hat, bedarf dieſer Sprachkenntniſſe in unſerm uͤberſetzenden Zeitalter nicht, zumal, da die meiſten unſerer Ueberſetzungen aus fremden Sprachen, vollſtaͤndiger und gehaltvoller ſind, als die Ori- ginale. § 607. III. Der Arzt bedarf der Sprachen, um ſie zu ſprechen, und dieſes Beduͤrfniß iſt nach Maaßgabe der individuellen Verhaͤltniſſe eines Jeden verſchieden. Die Sprachen aber, welche man ſpricht, muß man ſich vollkommen eigen machen, um alle moͤgliche Mißverſtaͤudniſſe, welche von ſo großem Nachtheile fuͤr den Arzt ſowohl, als fuͤr den Kranken ſeyn koͤnnen, zu verhuͤten. § 608.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/205
Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/205>, abgerufen am 21.12.2024.