Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

C. 4. In Ansehung des Manuf. Handels.
Menschen in ihrem besondern Betriebe sich noch nicht
so bei andern Völkern verbreiten will, als sie es bei
diesem Volke ist, wenn gleich ihre Schriftsteller jezt
in diesen Wissenschaften selbst hinter den Deutschen
beträchtlich weit zurük stehen.

§. 26.

Ein beiläufig schon erwähnter Misgrif der Staats-
männer in Ansehung der Manufacturen ist der, wenn
sie die Manufacturen für das hohe Wolleben einer vor-
züglichen Aufmerksamkeit würdigen, und glauben
durch deren Einführung Segen über ein Land zu ver-
breiten, dagegen aber derjenigen vergessen, welche
für die nohtwendigen Bedürfnisse des grossen Hau-
fens arbeiten. Der vornehme Mann erfährt nur die
höhern Preise, welche ihm jene Bedürfnisse kosten,
und fühlt nicht die Kosten von diesen. Wenn er
Hunderte für ein reich gesticktes Kleid zahlt, so ver-
gißt er darüber der einzelnen Tahler, die ihm das
Leinen zu seinem Nachthemde, sein wollenes Brust-
tuch und seine Unterstrümpfe kosten. Er vergißt
darüber, daß es Tausende gebe, die nichts mehr
als dieses zur Bedekkung ihres Leibes bezahlen kön-
nen, und daß diese viele Tausende die für sie arbei-
tenden gewisser nähren, als das Hundert von prun-
kenden Hofleuten, die an einem Gallatage in dem
Pallast des Fürsten sich versammeln. Dies ist der

C. 4. In Anſehung des Manuf. Handels.
Menſchen in ihrem beſondern Betriebe ſich noch nicht
ſo bei andern Voͤlkern verbreiten will, als ſie es bei
dieſem Volke iſt, wenn gleich ihre Schriftſteller jezt
in dieſen Wiſſenſchaften ſelbſt hinter den Deutſchen
betraͤchtlich weit zuruͤk ſtehen.

§. 26.

Ein beilaͤufig ſchon erwaͤhnter Misgrif der Staats-
maͤnner in Anſehung der Manufacturen iſt der, wenn
ſie die Manufacturen fuͤr das hohe Wolleben einer vor-
zuͤglichen Aufmerkſamkeit wuͤrdigen, und glauben
durch deren Einfuͤhrung Segen uͤber ein Land zu ver-
breiten, dagegen aber derjenigen vergeſſen, welche
fuͤr die nohtwendigen Beduͤrfniſſe des groſſen Hau-
fens arbeiten. Der vornehme Mann erfaͤhrt nur die
hoͤhern Preiſe, welche ihm jene Beduͤrfniſſe koſten,
und fuͤhlt nicht die Koſten von dieſen. Wenn er
Hunderte fuͤr ein reich geſticktes Kleid zahlt, ſo ver-
gißt er daruͤber der einzelnen Tahler, die ihm das
Leinen zu ſeinem Nachthemde, ſein wollenes Bruſt-
tuch und ſeine Unterſtruͤmpfe koſten. Er vergißt
daruͤber, daß es Tauſende gebe, die nichts mehr
als dieſes zur Bedekkung ihres Leibes bezahlen koͤn-
nen, und daß dieſe viele Tauſende die fuͤr ſie arbei-
tenden gewiſſer naͤhren, als das Hundert von prun-
kenden Hofleuten, die an einem Gallatage in dem
Pallaſt des Fuͤrſten ſich verſammeln. Dies iſt der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0247" n="239"/><fw place="top" type="header">C. 4. In An&#x017F;ehung des Manuf. Handels.</fw><lb/>
Men&#x017F;chen in ihrem be&#x017F;ondern Betriebe &#x017F;ich noch nicht<lb/>
&#x017F;o bei andern Vo&#x0364;lkern verbreiten will, als &#x017F;ie es bei<lb/>
die&#x017F;em Volke i&#x017F;t, wenn gleich ihre Schrift&#x017F;teller jezt<lb/>
in die&#x017F;en Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften &#x017F;elb&#x017F;t hinter den Deut&#x017F;chen<lb/>
betra&#x0364;chtlich weit zuru&#x0364;k &#x017F;tehen.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 26.</head><lb/>
                <p>Ein beila&#x0364;ufig &#x017F;chon erwa&#x0364;hnter Misgrif der Staats-<lb/>
ma&#x0364;nner in An&#x017F;ehung der Manufacturen i&#x017F;t der, wenn<lb/>
&#x017F;ie die Manufacturen fu&#x0364;r das hohe Wolleben einer vor-<lb/>
zu&#x0364;glichen Aufmerk&#x017F;amkeit wu&#x0364;rdigen, und glauben<lb/>
durch deren Einfu&#x0364;hrung Segen u&#x0364;ber ein Land zu ver-<lb/>
breiten, dagegen aber derjenigen verge&#x017F;&#x017F;en, welche<lb/>
fu&#x0364;r die nohtwendigen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e des gro&#x017F;&#x017F;en Hau-<lb/>
fens arbeiten. Der vornehme Mann erfa&#x0364;hrt nur die<lb/>
ho&#x0364;hern Prei&#x017F;e, welche ihm jene Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e ko&#x017F;ten,<lb/>
und fu&#x0364;hlt nicht die Ko&#x017F;ten von die&#x017F;en. Wenn er<lb/>
Hunderte fu&#x0364;r ein reich ge&#x017F;ticktes Kleid zahlt, &#x017F;o ver-<lb/>
gißt er daru&#x0364;ber der einzelnen Tahler, die ihm das<lb/>
Leinen zu &#x017F;einem Nachthemde, &#x017F;ein wollenes Bru&#x017F;t-<lb/>
tuch und &#x017F;eine Unter&#x017F;tru&#x0364;mpfe ko&#x017F;ten. Er vergißt<lb/>
daru&#x0364;ber, daß es Tau&#x017F;ende gebe, die nichts mehr<lb/>
als die&#x017F;es zur Bedekkung ihres Leibes bezahlen ko&#x0364;n-<lb/>
nen, und daß die&#x017F;e viele Tau&#x017F;ende die fu&#x0364;r &#x017F;ie arbei-<lb/>
tenden gewi&#x017F;&#x017F;er na&#x0364;hren, als das Hundert von prun-<lb/>
kenden Hofleuten, die an einem Gallatage in dem<lb/>
Palla&#x017F;t des Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ich ver&#x017F;ammeln. Dies i&#x017F;t der<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0247] C. 4. In Anſehung des Manuf. Handels. Menſchen in ihrem beſondern Betriebe ſich noch nicht ſo bei andern Voͤlkern verbreiten will, als ſie es bei dieſem Volke iſt, wenn gleich ihre Schriftſteller jezt in dieſen Wiſſenſchaften ſelbſt hinter den Deutſchen betraͤchtlich weit zuruͤk ſtehen. §. 26. Ein beilaͤufig ſchon erwaͤhnter Misgrif der Staats- maͤnner in Anſehung der Manufacturen iſt der, wenn ſie die Manufacturen fuͤr das hohe Wolleben einer vor- zuͤglichen Aufmerkſamkeit wuͤrdigen, und glauben durch deren Einfuͤhrung Segen uͤber ein Land zu ver- breiten, dagegen aber derjenigen vergeſſen, welche fuͤr die nohtwendigen Beduͤrfniſſe des groſſen Hau- fens arbeiten. Der vornehme Mann erfaͤhrt nur die hoͤhern Preiſe, welche ihm jene Beduͤrfniſſe koſten, und fuͤhlt nicht die Koſten von dieſen. Wenn er Hunderte fuͤr ein reich geſticktes Kleid zahlt, ſo ver- gißt er daruͤber der einzelnen Tahler, die ihm das Leinen zu ſeinem Nachthemde, ſein wollenes Bruſt- tuch und ſeine Unterſtruͤmpfe koſten. Er vergißt daruͤber, daß es Tauſende gebe, die nichts mehr als dieſes zur Bedekkung ihres Leibes bezahlen koͤn- nen, und daß dieſe viele Tauſende die fuͤr ſie arbei- tenden gewiſſer naͤhren, als das Hundert von prun- kenden Hofleuten, die an einem Gallatage in dem Pallaſt des Fuͤrſten ſich verſammeln. Dies iſt der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/247
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/247>, abgerufen am 21.11.2024.