ihm seine Schuld zu bezahlen. Er sah also, wenn er sich entschloß, die Seegefahr als auf ihn selbst zurükfallend an. Er rechnete, wie ein Assecuradör zu unsern Zeiten rechnen muß, aber viel höher, weil die damalige Unvollkommenheit der Schiffahrt seine Gefahr viel grösser machte. Im Ganzen aber rech- nete er nach eben denen Gründen, welche ich oben B. 3. C. 6. §. 23 bei dem Groß-Aventurhandel an- gegeben habe.
§. 3.
Diesen Handel habe ich dort so beschrieben, wie er in der jezigen handelnden Welt noch hier oder dort besteht, ohne etwas geschichtliches von demselben bei- zubringen. Hier ist der Ort zu sagen, daß derselbe in den ältesten Zeiten ein sehr gewöhnliches Geschäfte gewesen sei, und daß vielleicht der halbe Teil aller Hand- lungsgeschäfte in diesem Wege betrieben wurden. Als einen Beweis davon sehe ich dieses an: So armselig das Römische Recht an Verordnungen über die Handlung ist, so viele Verfügungen enthält es über diesen so benannten Schiffsfahrts-Wucher, (Foenus nauticum) nicht um ihn zu verbieten, sondern um ihn in dem Gange der Ordnung und der Billigkeit zu erhalten. Zwei Ursachen ausser jenen Veranlassungen beförderten gewiß ihn ungemein. Die erste war der damals viel grössere Gewinn für
Cap. 4. Von der Bodmerei.
ihm ſeine Schuld zu bezahlen. Er ſah alſo, wenn er ſich entſchloß, die Seegefahr als auf ihn ſelbſt zuruͤkfallend an. Er rechnete, wie ein Aſſecuradoͤr zu unſern Zeiten rechnen muß, aber viel hoͤher, weil die damalige Unvollkommenheit der Schiffahrt ſeine Gefahr viel groͤſſer machte. Im Ganzen aber rech- nete er nach eben denen Gruͤnden, welche ich oben B. 3. C. 6. §. 23 bei dem Groß-Aventurhandel an- gegeben habe.
§. 3.
Dieſen Handel habe ich dort ſo beſchrieben, wie er in der jezigen handelnden Welt noch hier oder dort beſteht, ohne etwas geſchichtliches von demſelben bei- zubringen. Hier iſt der Ort zu ſagen, daß derſelbe in den aͤlteſten Zeiten ein ſehr gewoͤhnliches Geſchaͤfte geweſen ſei, und daß vielleicht der halbe Teil aller Hand- lungsgeſchaͤfte in dieſem Wege betrieben wurden. Als einen Beweis davon ſehe ich dieſes an: So armſelig das Roͤmiſche Recht an Verordnungen uͤber die Handlung iſt, ſo viele Verfuͤgungen enthaͤlt es uͤber dieſen ſo benannten Schiffsfahrts-Wucher, (Foenus nauticum) nicht um ihn zu verbieten, ſondern um ihn in dem Gange der Ordnung und der Billigkeit zu erhalten. Zwei Urſachen auſſer jenen Veranlaſſungen befoͤrderten gewiß ihn ungemein. Die erſte war der damals viel groͤſſere Gewinn fuͤr
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Cap. 4. Von der Bodmerei.
ihm ſeine Schuld zu bezahlen. Er ſah alſo, wenn
er ſich entſchloß, die Seegefahr als auf ihn ſelbſt
zuruͤkfallend an. Er rechnete, wie ein Aſſecuradoͤr
zu unſern Zeiten rechnen muß, aber viel hoͤher, weil
die damalige Unvollkommenheit der Schiffahrt ſeine
Gefahr viel groͤſſer machte. Im Ganzen aber rech-
nete er nach eben denen Gruͤnden, welche ich oben
B. 3. C. 6. §. 23 bei dem Groß-Aventurhandel an-
gegeben habe.
§. 3.
Dieſen Handel habe ich dort ſo beſchrieben, wie
er in der jezigen handelnden Welt noch hier oder dort
beſteht, ohne etwas geſchichtliches von demſelben bei-
zubringen. Hier iſt der Ort zu ſagen, daß derſelbe
in den aͤlteſten Zeiten ein ſehr gewoͤhnliches Geſchaͤfte
geweſen ſei, und daß vielleicht der halbe Teil aller Hand-
lungsgeſchaͤfte in dieſem Wege betrieben wurden.
Als einen Beweis davon ſehe ich dieſes an: So
armſelig das Roͤmiſche Recht an Verordnungen uͤber
die Handlung iſt, ſo viele Verfuͤgungen enthaͤlt es
uͤber dieſen ſo benannten Schiffsfahrts-Wucher,
(Foenus nauticum) nicht um ihn zu verbieten,
ſondern um ihn in dem Gange der Ordnung und der
Billigkeit zu erhalten. Zwei Urſachen auſſer jenen
Veranlaſſungen befoͤrderten gewiß ihn ungemein.
Die erſte war der damals viel groͤſſere Gewinn fuͤr
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Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/103>, abgerufen am 22.02.2025.
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