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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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bis wir ihr die Federn ausreißen und in die Tinte oder die
Farbe tauchen.
Valerio. So wollen wir nützliche Mitglieder der
menschlichen Gesellschaft werden.
Leonce. Lieber möchte ich meine Demission als Mensch
geben.
Valerio. So wollen wir zum Teufel gehen.
Leonce. Ach der Teufel ist nur des Contrastes wegen
da, damit wir begreifen sollen, daß am Himmel doch eigentlich
etwas sei. (Aufspringend.) Ah Valerio, Valerio, jetzt hab' ich's!
Fühlst du nicht das Wehen aus Süden? Fühlst du nicht,
wie der tiefblaue, glühende Aether auf und ab wogt, wie
das Licht blitzt von dem goldnen, sonnigen Boden, von der
heiligen Salzfluth und von den Marmor-Säulen und Leibern?
Der große Plan schläft, und die ehernen Gestalten träumen
im Schatten über den tiefrauschenden Wellen von dem alten
Zauberer Virgil, von Tarantella und Tambourin und tiefen,
tollen Nächten voll Masken, Fackeln und Guitarren. Ein
Lazzaroni, Valerio! Ein Lazzaroni! Wir gehen nach Italien.


Sechste Scene.
Ein Garten.
Prinzessin Lena im Brautschmuck. Die Gouvernante.
Lena. Ja, jetzt. Da ist es. Ich dachte die Zeit an
nichts. Es ging so hin, und auf einmal richtet sich der
Tag vor mir auf. Ich habe den Kranz im Haar -- und
bis wir ihr die Federn ausreißen und in die Tinte oder die
Farbe tauchen.
Valerio. So wollen wir nützliche Mitglieder der
menſchlichen Geſellſchaft werden.
Leonce. Lieber möchte ich meine Demiſſion als Menſch
geben.
Valerio. So wollen wir zum Teufel gehen.
Leonce. Ach der Teufel iſt nur des Contraſtes wegen
da, damit wir begreifen ſollen, daß am Himmel doch eigentlich
etwas ſei. (Aufſpringend.) Ah Valerio, Valerio, jetzt hab' ich's!
Fühlſt du nicht das Wehen aus Süden? Fühlſt du nicht,
wie der tiefblaue, glühende Aether auf und ab wogt, wie
das Licht blitzt von dem goldnen, ſonnigen Boden, von der
heiligen Salzfluth und von den Marmor-Säulen und Leibern?
Der große Plan ſchläft, und die ehernen Geſtalten träumen
im Schatten über den tiefrauſchenden Wellen von dem alten
Zauberer Virgil, von Tarantella und Tambourin und tiefen,
tollen Nächten voll Masken, Fackeln und Guitarren. Ein
Lazzaroni, Valerio! Ein Lazzaroni! Wir gehen nach Italien.


Sechſte Scene.
Ein Garten.
Prinzeſſin Lena im Brautſchmuck. Die Gouvernante.
Lena. Ja, jetzt. Da iſt es. Ich dachte die Zeit an
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Tag vor mir auf. Ich habe den Kranz im Haar — und
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[133/0329] bis wir ihr die Federn ausreißen und in die Tinte oder die Farbe tauchen. Valerio. So wollen wir nützliche Mitglieder der menſchlichen Geſellſchaft werden. Leonce. Lieber möchte ich meine Demiſſion als Menſch geben. Valerio. So wollen wir zum Teufel gehen. Leonce. Ach der Teufel iſt nur des Contraſtes wegen da, damit wir begreifen ſollen, daß am Himmel doch eigentlich etwas ſei. (Aufſpringend.) Ah Valerio, Valerio, jetzt hab' ich's! Fühlſt du nicht das Wehen aus Süden? Fühlſt du nicht, wie der tiefblaue, glühende Aether auf und ab wogt, wie das Licht blitzt von dem goldnen, ſonnigen Boden, von der heiligen Salzfluth und von den Marmor-Säulen und Leibern? Der große Plan ſchläft, und die ehernen Geſtalten träumen im Schatten über den tiefrauſchenden Wellen von dem alten Zauberer Virgil, von Tarantella und Tambourin und tiefen, tollen Nächten voll Masken, Fackeln und Guitarren. Ein Lazzaroni, Valerio! Ein Lazzaroni! Wir gehen nach Italien. Sechſte Scene. Ein Garten. Prinzeſſin Lena im Brautſchmuck. Die Gouvernante. Lena. Ja, jetzt. Da iſt es. Ich dachte die Zeit an nichts. Es ging ſo hin, und auf einmal richtet ſich der Tag vor mir auf. Ich habe den Kranz im Haar — und

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/329>, abgerufen am 21.11.2024.