Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 146. Landes- und Hochverrat. trug 57. Eine Missethat gegen den heidnischen Kultus war es ur-sprünglich auch, wenn man einen Gehängten lebend oder tot vom Galgen nahm. Da die rituelle Todesstrafe ursprünglich den Charakter des Opfertodes hatte, wurde der Gehängte dem Gotte entzogen, dem er als Opfer dienen sollte. In der Lex Salica begegnet uns das Delikt bereits unter dem Gesichtspunkte der strafbaren Begünstigung 58. Religiöse Färbung hatten die Delikte der Leichen- und der Gräber- schändung und dürften einstens auch die Blutschande und der Ver- wandtenmord besessen haben. § 146. Landes- und Hochverrat. Wilda, Strafrecht S. 984. Roth, Beneficialwesen S. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG. Was das neuere Strafrecht als Landesverrat bezeichnet, war im älteren 57 Richthofen, Zur Lex Sax. S. 299 ff. 58 Siehe oben S. 578. 1 Roth. 4: Si quis inimicus intra provincia invitaverit aut introduxerit ... Lex Alam. 24: si aliquis homo gentem extraneam infra provinciam invitaverit, ut ibi praeda vastent hostiliter vel domos incendant ... Lex Baiuw. II 1, 2: si ... inimicos in provinciam invitaverit. 2 Wilda, Strafrecht S. 985 f. Landesverräter ist nach einem der Zusätze zur sechzehnten friesischen Küre, wer nach Sachsen fährt und von dort den hohen Helm holt und den rothen Schild und gewappnete Ritter, um auf friesischer Erde Männer zu erschlagen und Burgen zu verbrennen. Richthofen, Rqu. S. 30. 3 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 2, I 92. 4 Lex Baiuw. II 1, 2: aut civitatem capere ab extraneis machinaverit. 5 Ed. Pist. v. J. 864, c. 25, Pertz, LL I 494.
§ 146. Landes- und Hochverrat. trug 57. Eine Missethat gegen den heidnischen Kultus war es ur-sprünglich auch, wenn man einen Gehängten lebend oder tot vom Galgen nahm. Da die rituelle Todesstrafe ursprünglich den Charakter des Opfertodes hatte, wurde der Gehängte dem Gotte entzogen, dem er als Opfer dienen sollte. In der Lex Salica begegnet uns das Delikt bereits unter dem Gesichtspunkte der strafbaren Begünstigung 58. Religiöse Färbung hatten die Delikte der Leichen- und der Gräber- schändung und dürften einstens auch die Blutschande und der Ver- wandtenmord besessen haben. § 146. Landes- und Hochverrat. Wilda, Strafrecht S. 984. Roth, Beneficialwesen S. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG. Was das neuere Strafrecht als Landesverrat bezeichnet, war im älteren 57 Richthofen, Zur Lex Sax. S. 299 ff. 58 Siehe oben S. 578. 1 Roth. 4: Si quis inimicus intra provincia invitaverit aut introduxerit … Lex Alam. 24: si aliquis homo gentem extraneam infra provinciam invitaverit, ut ibi praeda vastent hostiliter vel domos incendant … Lex Baiuw. II 1, 2: si … inimicos in provinciam invitaverit. 2 Wilda, Strafrecht S. 985 f. Landesverräter ist nach einem der Zusätze zur sechzehnten friesischen Küre, wer nach Sachsen fährt und von dort den hohen Helm holt und den rothen Schild und gewappnete Ritter, um auf friesischer Erde Männer zu erschlagen und Burgen zu verbrennen. Richthofen, Rqu. S. 30. 3 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 2, I 92. 4 Lex Baiuw. II 1, 2: aut civitatem capere ab extraneis machinaverit. 5 Ed. Pist. v. J. 864, c. 25, Pertz, LL I 494.
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§ 146. Landes- und Hochverrat.
trug 57. Eine Missethat gegen den heidnischen Kultus war es ur-
sprünglich auch, wenn man einen Gehängten lebend oder tot vom
Galgen nahm. Da die rituelle Todesstrafe ursprünglich den Charakter
des Opfertodes hatte, wurde der Gehängte dem Gotte entzogen, dem
er als Opfer dienen sollte. In der Lex Salica begegnet uns das Delikt
bereits unter dem Gesichtspunkte der strafbaren Begünstigung 58.
Religiöse Färbung hatten die Delikte der Leichen- und der Gräber-
schändung und dürften einstens auch die Blutschande und der Ver-
wandtenmord besessen haben.
§ 146. Landes- und Hochverrat.
Wilda, Strafrecht S. 984. Roth, Beneficialwesen S. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG.
II 1, S. 195 f. II 2, S. 291, III 307 f. Osenbrüggen, Strafrecht der Langobarden
S. 52 ff. Dahn, Westgothische Studien S. 236 ff. v. Amira, Vollstreckungsver-
fahren S. 21. Brandt, Forelæsninger II 130.
Was das neuere Strafrecht als Landesverrat bezeichnet, war im älteren
Rechte Treubruch gegen das Gemeinwesen. Als solchen heben die
Quellen in erster Linie hervor, daſs jemand Feinde in das Land ruft
oder führt, um daselbst zu heeren 1. Nordische Quellen haben dafür
den Ausdruck: den Schild, den feindlichen Schild in das Land, über
des Landes Grenzwald tragen 2. In der Belehrung, die Karl der
Groſse seinen Unterthanen über den Umfang der Treupflichten gab,
setzte er als selbstverständlich und bekannt voraus, daſs es Infideli-
tät sei, wenn man einen Feind in das Reich führe 3. Nach dem
bairischen Rechte ist es auch Landesverrat, wenn man eine Stadt des
Landes dem Feinde verrät 4. Während der Normannennot erklärte ein
westfränkisches Kapitular jeden für einen Verräter des Vaterlandes, der
den Normannen Pferde oder Waffen veräuſsern werde 5. Als Fälle
57 Richthofen, Zur Lex Sax. S. 299 ff.
58 Siehe oben S. 578.
1 Roth. 4: Si quis inimicus intra provincia invitaverit aut introduxerit …
Lex Alam. 24: si aliquis homo gentem extraneam infra provinciam invitaverit, ut ibi
praeda vastent hostiliter vel domos incendant … Lex Baiuw. II 1, 2: si …
inimicos in provinciam invitaverit.
2 Wilda, Strafrecht S. 985 f. Landesverräter ist nach einem der Zusätze
zur sechzehnten friesischen Küre, wer nach Sachsen fährt und von dort den hohen
Helm holt und den rothen Schild und gewappnete Ritter, um auf friesischer Erde
Männer zu erschlagen und Burgen zu verbrennen. Richthofen, Rqu. S. 30.
3 Cap. miss. gener. v. J. 802, c. 2, I 92.
4 Lex Baiuw. II 1, 2: aut civitatem capere ab extraneis machinaverit.
5 Ed. Pist. v. J. 864, c. 25, Pertz, LL I 494.
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