serhalb des Zusammenhanges einer Schule dasteht, aus welchem wir sonst wohl Folgerungen zu ziehen berechtigt wären. Den einzigen Haltpunkt gewährt noch sein Ver- hältniss zu Apelles. Denn wenn schon die wenigen uns bekannten Thatsachen auf eine Verwandtschaft ihrer künstlerischen Bestrebungen hindeuten, so dürfen wir wohl den Ausspruch des Apelles, demzufolge Protogenes mit Aus- nahme jener besonderen leichten Anmuth in allen übrigen Stücken ihm gleich, wenn nicht überlegen war, im stren- geren Wortsinne nehmen und daher so deuten, dass Apelles gerade darum zur Anerkennung des Protogenes sich veran- lasst fühlte, weil er an ihm ein dem seinigen durchaus gleichartiges Verdienst wahrnahm. So mögen denn auch wir uns damit begnügen, dass wir dem Protogenes seine Stelle durchaus neben Apelles anweisen und nur darin eine Verschiedenheit finden, dass bei Apelles mehr aus ursprüng- licher Begabung hervorging, was Protogenes durch die grösste Ausdauer und Sorgfalt zu erreichen bestrebt war.
Aetion.
Aetion war bis vor nicht langer Zeit einzig aus Lucian bekannt, indem man die ihn betreffenden Erwähnungen bei Ci- cero und Plinius auf Echion als einen zweiten Künstler bezog. Die Identität beider hat in durchgreifender Weise zuerst Stark 1) nachgewiesen, mit dem ich hierin, wie in der Bestimmung der Zeit durchaus übereingetroffen bin. -- Was zuerst den Namen anlangt, so ist Echion ganz zu verwerfen. Bei Lu- cian steht Aetion fest; bei Cicero im Brutus 2) führen die Handschriften auf Eetion, in den Paradoxen 3) auf dasselbe oder Aetion; bei Plinius endlich an drei Stellen 4) lassen die besten Handschriften ebenfalls nur die Wahl zwischen Aetion und Eetion: zwei nur dialektisch verschiedenen Formen des- selben Namens, durch welche uns die Vermuthung nahe ge- bracht wird, dass der Künstler als Ionier der asiatischen oder specieller der ephesischen Malerschule angehört habe. -- Nicht minder bestimmt, als die Identität des Namens, lässt sich aber die der Person nachweisen: Cicero im Brutus nennt Aetion zusammen mit Nikomachos, Protogenes, Apelles
1) Arch. Stud. S. 40--46.
2) 18.
3) 5, 2.
4) 34, 50; 35, 50 u. 78.
16*
serhalb des Zusammenhanges einer Schule dasteht, aus welchem wir sonst wohl Folgerungen zu ziehen berechtigt wären. Den einzigen Haltpunkt gewährt noch sein Ver- hältniss zu Apelles. Denn wenn schon die wenigen uns bekannten Thatsachen auf eine Verwandtschaft ihrer künstlerischen Bestrebungen hindeuten, so dürfen wir wohl den Ausspruch des Apelles, demzufolge Protogenes mit Aus- nahme jener besonderen leichten Anmuth in allen übrigen Stücken ihm gleich, wenn nicht überlegen war, im stren- geren Wortsinne nehmen und daher so deuten, dass Apelles gerade darum zur Anerkennung des Protogenes sich veran- lasst fühlte, weil er an ihm ein dem seinigen durchaus gleichartiges Verdienst wahrnahm. So mögen denn auch wir uns damit begnügen, dass wir dem Protogenes seine Stelle durchaus neben Apelles anweisen und nur darin eine Verschiedenheit finden, dass bei Apelles mehr aus ursprüng- licher Begabung hervorging, was Protogenes durch die grösste Ausdauer und Sorgfalt zu erreichen bestrebt war.
Aëtion.
Aëtion war bis vor nicht langer Zeit einzig aus Lucian bekannt, indem man die ihn betreffenden Erwähnungen bei Ci- cero und Plinius auf Echion als einen zweiten Künstler bezog. Die Identität beider hat in durchgreifender Weise zuerst Stark 1) nachgewiesen, mit dem ich hierin, wie in der Bestimmung der Zeit durchaus übereingetroffen bin. — Was zuerst den Namen anlangt, so ist Echion ganz zu verwerfen. Bei Lu- cian steht Ἀετίων fest; bei Cicero im Brutus 2) führen die Handschriften auf Eetion, in den Paradoxen 3) auf dasselbe oder Aetion; bei Plinius endlich an drei Stellen 4) lassen die besten Handschriften ebenfalls nur die Wahl zwischen Aëtion und Eëtion: zwei nur dialektisch verschiedenen Formen des- selben Namens, durch welche uns die Vermuthung nahe ge- bracht wird, dass der Künstler als Ionier der asiatischen oder specieller der ephesischen Malerschule angehört habe. — Nicht minder bestimmt, als die Identität des Namens, lässt sich aber die der Person nachweisen: Cicero im Brutus nennt Aetion zusammen mit Nikomachos, Protogenes, Apelles
1) Arch. Stud. S. 40—46.
2) 18.
3) 5, 2.
4) 34, 50; 35, 50 u. 78.
16*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0251"n="243"/>
serhalb des Zusammenhanges einer Schule dasteht, aus<lb/>
welchem wir sonst wohl Folgerungen zu ziehen berechtigt<lb/>
wären. Den einzigen Haltpunkt gewährt noch sein Ver-<lb/>
hältniss zu Apelles. Denn wenn schon die wenigen<lb/>
uns bekannten Thatsachen auf eine Verwandtschaft ihrer<lb/>
künstlerischen Bestrebungen hindeuten, so dürfen wir wohl<lb/>
den Ausspruch des Apelles, demzufolge Protogenes mit Aus-<lb/>
nahme jener besonderen leichten Anmuth in allen übrigen<lb/>
Stücken ihm gleich, wenn nicht überlegen war, im stren-<lb/>
geren Wortsinne nehmen und daher so deuten, dass Apelles<lb/>
gerade darum zur Anerkennung des Protogenes sich veran-<lb/>
lasst fühlte, weil er an ihm ein dem seinigen durchaus<lb/>
gleichartiges Verdienst wahrnahm. So mögen denn auch<lb/>
wir uns damit begnügen, dass wir dem Protogenes seine<lb/>
Stelle durchaus neben Apelles anweisen und nur darin eine<lb/>
Verschiedenheit finden, dass bei Apelles mehr aus ursprüng-<lb/>
licher Begabung hervorging, was Protogenes durch die<lb/>
grösste Ausdauer und Sorgfalt zu erreichen bestrebt war.</p></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Aëtion</hi>.</hi></head><lb/><p>Aëtion war bis vor nicht langer Zeit einzig aus Lucian<lb/>
bekannt, indem man die ihn betreffenden Erwähnungen bei Ci-<lb/>
cero und Plinius auf Echion als einen zweiten Künstler bezog.<lb/>
Die Identität beider hat in durchgreifender Weise zuerst Stark <noteplace="foot"n="1)">Arch. Stud. S. 40—46.</note><lb/>
nachgewiesen, mit dem ich hierin, wie in der Bestimmung<lb/>
der Zeit durchaus übereingetroffen bin. — Was zuerst den<lb/>
Namen anlangt, so ist Echion ganz zu verwerfen. Bei Lu-<lb/>
cian steht Ἀετίων fest; bei Cicero im Brutus <noteplace="foot"n="2)">18.</note> führen die<lb/>
Handschriften auf Eetion, in den Paradoxen <noteplace="foot"n="3)">5, 2.</note> auf dasselbe<lb/>
oder Aetion; bei Plinius endlich an drei Stellen <noteplace="foot"n="4)">34, 50; 35, 50 u. 78.</note> lassen die<lb/>
besten Handschriften ebenfalls nur die Wahl zwischen Aëtion<lb/>
und Eëtion: zwei nur dialektisch verschiedenen Formen des-<lb/>
selben Namens, durch welche uns die Vermuthung nahe ge-<lb/>
bracht wird, dass der Künstler als Ionier der asiatischen<lb/>
oder specieller der ephesischen Malerschule angehört habe. —<lb/>
Nicht minder bestimmt, als die Identität des Namens, lässt<lb/>
sich aber die der Person nachweisen: Cicero im Brutus<lb/>
nennt Aetion zusammen mit Nikomachos, Protogenes, Apelles<lb/><fwplace="bottom"type="sig">16*</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[243/0251]
serhalb des Zusammenhanges einer Schule dasteht, aus
welchem wir sonst wohl Folgerungen zu ziehen berechtigt
wären. Den einzigen Haltpunkt gewährt noch sein Ver-
hältniss zu Apelles. Denn wenn schon die wenigen
uns bekannten Thatsachen auf eine Verwandtschaft ihrer
künstlerischen Bestrebungen hindeuten, so dürfen wir wohl
den Ausspruch des Apelles, demzufolge Protogenes mit Aus-
nahme jener besonderen leichten Anmuth in allen übrigen
Stücken ihm gleich, wenn nicht überlegen war, im stren-
geren Wortsinne nehmen und daher so deuten, dass Apelles
gerade darum zur Anerkennung des Protogenes sich veran-
lasst fühlte, weil er an ihm ein dem seinigen durchaus
gleichartiges Verdienst wahrnahm. So mögen denn auch
wir uns damit begnügen, dass wir dem Protogenes seine
Stelle durchaus neben Apelles anweisen und nur darin eine
Verschiedenheit finden, dass bei Apelles mehr aus ursprüng-
licher Begabung hervorging, was Protogenes durch die
grösste Ausdauer und Sorgfalt zu erreichen bestrebt war.
Aëtion.
Aëtion war bis vor nicht langer Zeit einzig aus Lucian
bekannt, indem man die ihn betreffenden Erwähnungen bei Ci-
cero und Plinius auf Echion als einen zweiten Künstler bezog.
Die Identität beider hat in durchgreifender Weise zuerst Stark 1)
nachgewiesen, mit dem ich hierin, wie in der Bestimmung
der Zeit durchaus übereingetroffen bin. — Was zuerst den
Namen anlangt, so ist Echion ganz zu verwerfen. Bei Lu-
cian steht Ἀετίων fest; bei Cicero im Brutus 2) führen die
Handschriften auf Eetion, in den Paradoxen 3) auf dasselbe
oder Aetion; bei Plinius endlich an drei Stellen 4) lassen die
besten Handschriften ebenfalls nur die Wahl zwischen Aëtion
und Eëtion: zwei nur dialektisch verschiedenen Formen des-
selben Namens, durch welche uns die Vermuthung nahe ge-
bracht wird, dass der Künstler als Ionier der asiatischen
oder specieller der ephesischen Malerschule angehört habe. —
Nicht minder bestimmt, als die Identität des Namens, lässt
sich aber die der Person nachweisen: Cicero im Brutus
nennt Aetion zusammen mit Nikomachos, Protogenes, Apelles
1) Arch. Stud. S. 40—46.
2) 18.
3) 5, 2.
4) 34, 50; 35, 50 u. 78.
16*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/251>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.