Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.Vermischte Gedichte Ein wirklicher Gottesdienst. Das Einzig- Ewig- Selge Wesen, das Raum und Ewigkeit erfüllet, Aus dem der Sonn- und Welten Heer, das nicht zu zählen, quoll und quillet, Der sein allgegenwärtigs All in ihnen zeiget und verhüllet, Jst unsrer Ehrfurcht, Andacht, Lieb, auch unsers Dien- stes werth. Allein, Nun kann Er freylich angebetet, geliebet und gelobet seyn. Wie aber können wir ihm dienen? Dieß ist nicht mög- lich. Gott gebraucht Armselger Menschen Dienste nicht: und dennoch hat er uns, zum Zeichen Von seiner Huld, Gelegenheit in diesem Leben wollen reichen, Wodurch wir ihm zu dienen fähig. Dieß ist dein Näch- ster: liebt man ihn, Nimmt er es, da auch der sein Werk, so, als ob man ihm selber dien'. A. Wofern uns etwas auf der Welt zur Nächstenliebe treiben sollte, So wär es ja wohl dieser Grund, so wär es dieß Gesetz. Wer wollte Dem Schöpfer im Geschöpf nicht dienen? Wenn dieß die Menschen doch nur wüßten, Daß sie, auf eine solche Weise, den Gottesdienst ver- richten müßten. Warum lehrt aber, wenn dieß wahr, die Bibel dieses nicht die Christen? B. Du irrest dich, die Bibel lehrt es, schau diesen hol- den Spruch nur an: Was ihr von ihnen dem Geringsten gethan habt, habt ihr mir gethan. Die
Vermiſchte Gedichte Ein wirklicher Gottesdienſt. Das Einzig- Ewig- Selge Weſen, das Raum und Ewigkeit erfuͤllet, Aus dem der Sonn- und Welten Heer, das nicht zu zaͤhlen, quoll und quillet, Der ſein allgegenwaͤrtigs All in ihnen zeiget und verhuͤllet, Jſt unſrer Ehrfurcht, Andacht, Lieb, auch unſers Dien- ſtes werth. Allein, Nun kann Er freylich angebetet, geliebet und gelobet ſeyn. Wie aber koͤnnen wir ihm dienen? Dieß iſt nicht moͤg- lich. Gott gebraucht Armſelger Menſchen Dienſte nicht: und dennoch hat er uns, zum Zeichen Von ſeiner Huld, Gelegenheit in dieſem Leben wollen reichen, Wodurch wir ihm zu dienen faͤhig. Dieß iſt dein Naͤch- ſter: liebt man ihn, Nimmt er es, da auch der ſein Werk, ſo, als ob man ihm ſelber dien’. A. Wofern uns etwas auf der Welt zur Naͤchſtenliebe treiben ſollte, So waͤr es ja wohl dieſer Grund, ſo waͤr es dieß Geſetz. Wer wollte Dem Schoͤpfer im Geſchoͤpf nicht dienen? Wenn dieß die Menſchen doch nur wuͤßten, Daß ſie, auf eine ſolche Weiſe, den Gottesdienſt ver- richten muͤßten. Warum lehrt aber, wenn dieß wahr, die Bibel dieſes nicht die Chriſten? B. Du irreſt dich, die Bibel lehrt es, ſchau dieſen hol- den Spruch nur an: Was ihr von ihnen dem Geringſten gethan habt, habt ihr mir gethan. Die
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Vermiſchte Gedichte
Ein wirklicher Gottesdienſt.
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Ewigkeit erfuͤllet,
Aus dem der Sonn- und Welten Heer, das nicht zu zaͤhlen,
quoll und quillet,
Der ſein allgegenwaͤrtigs All in ihnen zeiget und verhuͤllet,
Jſt unſrer Ehrfurcht, Andacht, Lieb, auch unſers Dien-
ſtes werth. Allein,
Nun kann Er freylich angebetet, geliebet und gelobet ſeyn.
Wie aber koͤnnen wir ihm dienen? Dieß iſt nicht moͤg-
lich. Gott gebraucht
Armſelger Menſchen Dienſte nicht: und dennoch hat er uns,
zum Zeichen
Von ſeiner Huld, Gelegenheit in dieſem Leben wollen reichen,
Wodurch wir ihm zu dienen faͤhig. Dieß iſt dein Naͤch-
ſter: liebt man ihn,
Nimmt er es, da auch der ſein Werk, ſo, als ob man ihm
ſelber dien’.
A. Wofern uns etwas auf der Welt zur Naͤchſtenliebe
treiben ſollte,
So waͤr es ja wohl dieſer Grund, ſo waͤr es dieß Geſetz.
Wer wollte
Dem Schoͤpfer im Geſchoͤpf nicht dienen? Wenn dieß
die Menſchen doch nur wuͤßten,
Daß ſie, auf eine ſolche Weiſe, den Gottesdienſt ver-
richten muͤßten.
Warum lehrt aber, wenn dieß wahr, die Bibel dieſes
nicht die Chriſten?
B. Du irreſt dich, die Bibel lehrt es, ſchau dieſen hol-
den Spruch nur an:
Was ihr von ihnen dem Geringſten gethan habt, habt
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