Mit welchem fast für Lust erstaunenden Vergnügen Bemerken wir mit Recht in dieser Zeit Der itzt erscheinenden Geschöpfe Herrlichkeit, Die, eh' man es bemerkt, uns vor den Augen liegen. Ein dünnes Grün bedeckt die Felder, Ein grüner Duft umwölkt die Wälder, Man siehet überall aus dürren Flächen Sich junges Gras und Kräuter stechen, Auch in der Luft, je mehr und mehr, Ein zart durchsichtigs Blätterheer Aus aufgesprengten Knospen brechen, Die denn, so bald sie hier und dar Gebohren, wiederum gebähren, Und eine junge Schattenschaar, Durch deren Dunkelheit ihr helles Grün Sich noch zu mehren schien, Uns erst zur Augenlust, nachher zum Schutz gewehren. Auf Wiesen glänzt, bald hier bald dort, Ein von der Sonnen Licht durchstraltes Spierchen Gras, Natürlich, als ein grünes Glas; Da andre, welche niedrig stehn Und noch beschattet sind, durch ihre Dunkelheit Der erstern helles Grün, als eine Fulg', erhöhn, Zu noch vermehrter Lieblichkeit. Den jungen Blätterchen, die auf den Zweigen So durch- als angestralt sich zeigen, Bemühet sich, dem so schon schönen Grünen Das dunkle Blau der reinen Luft, als eine Fulge, noch zu dienen, Um ihre Lieblichkeit noch besser zu erhöhn.
Wenn
Vermiſchte Gedichte
Fruͤhlingsgedanken.
Mit welchem faſt fuͤr Luſt erſtaunenden Vergnuͤgen Bemerken wir mit Recht in dieſer Zeit Der itzt erſcheinenden Geſchoͤpfe Herrlichkeit, Die, eh’ man es bemerkt, uns vor den Augen liegen. Ein duͤnnes Gruͤn bedeckt die Felder, Ein gruͤner Duft umwoͤlkt die Waͤlder, Man ſiehet uͤberall aus duͤrren Flaͤchen Sich junges Gras und Kraͤuter ſtechen, Auch in der Luft, je mehr und mehr, Ein zart durchſichtigs Blaͤtterheer Aus aufgeſprengten Knoſpen brechen, Die denn, ſo bald ſie hier und dar Gebohren, wiederum gebaͤhren, Und eine junge Schattenſchaar, Durch deren Dunkelheit ihr helles Gruͤn Sich noch zu mehren ſchien, Uns erſt zur Augenluſt, nachher zum Schutz gewehren. Auf Wieſen glaͤnzt, bald hier bald dort, Ein von der Sonnen Licht durchſtraltes Spierchen Gras, Natuͤrlich, als ein gruͤnes Glas; Da andre, welche niedrig ſtehn Und noch beſchattet ſind, durch ihre Dunkelheit Der erſtern helles Gruͤn, als eine Fulg’, erhoͤhn, Zu noch vermehrter Lieblichkeit. Den jungen Blaͤtterchen, die auf den Zweigen So durch- als angeſtralt ſich zeigen, Bemuͤhet ſich, dem ſo ſchon ſchoͤnen Gruͤnen Das dunkle Blau der reinen Luft, als eine Fulge, noch zu dienen, Um ihre Lieblichkeit noch beſſer zu erhoͤhn.
Wenn
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Vermiſchte Gedichte
Fruͤhlingsgedanken.
Mit welchem faſt fuͤr Luſt erſtaunenden Vergnuͤgen
Bemerken wir mit Recht in dieſer Zeit
Der itzt erſcheinenden Geſchoͤpfe Herrlichkeit,
Die, eh’ man es bemerkt, uns vor den Augen liegen.
Ein duͤnnes Gruͤn bedeckt die Felder,
Ein gruͤner Duft umwoͤlkt die Waͤlder,
Man ſiehet uͤberall aus duͤrren Flaͤchen
Sich junges Gras und Kraͤuter ſtechen,
Auch in der Luft, je mehr und mehr,
Ein zart durchſichtigs Blaͤtterheer
Aus aufgeſprengten Knoſpen brechen,
Die denn, ſo bald ſie hier und dar
Gebohren, wiederum gebaͤhren,
Und eine junge Schattenſchaar,
Durch deren Dunkelheit ihr helles Gruͤn
Sich noch zu mehren ſchien,
Uns erſt zur Augenluſt, nachher zum Schutz gewehren.
Auf Wieſen glaͤnzt, bald hier bald dort,
Ein von der Sonnen Licht durchſtraltes Spierchen Gras,
Natuͤrlich, als ein gruͤnes Glas;
Da andre, welche niedrig ſtehn
Und noch beſchattet ſind, durch ihre Dunkelheit
Der erſtern helles Gruͤn, als eine Fulg’, erhoͤhn,
Zu noch vermehrter Lieblichkeit.
Den jungen Blaͤtterchen, die auf den Zweigen
So durch- als angeſtralt ſich zeigen,
Bemuͤhet ſich, dem ſo ſchon ſchoͤnen Gruͤnen
Das dunkle Blau der reinen Luft, als eine Fulge, noch zu
dienen,
Um ihre Lieblichkeit noch beſſer zu erhoͤhn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/338>, abgerufen am 03.03.2025.
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