Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Einheit des Schöpfers.
Der Prinz von Malva, der ein Heide, bemühete sich,
seine Lehre,

Als ob, statt eines Einigen, von Göttern eine Vielheit wäre;
Durch diese Gründe, zu behaupten: "Daß unser'
allgemeine Welt,

"Sprach er, ein' ungezählte Zahl von Sonnen-Heeren
in sich hält;

"Jst wahr, und nimmermehr zu leugnen: auch, daß
ein jede Sonn' um sich

"Verschiedene Planeten lenke, in richtger Ordnung
um sich führe,

"Erleuchte, schmücke, fruchtbar mache, belebe, wärm',
und sie regiere;

"Jst auch unwidersprechlich wahr. Nun sage mir, ich
bitte dich!

"Muß nicht das Reich von jeder Sonne ein eigenes
Systema seyn,

"Das mit den Reichen andrer Sonnen gar nichts
gemeinschaftliches heget,

"Sie nicht berühret, sie nicht nützt, und von dem gar
zu fernen Schein

"Gar keine Wirkung fühlt noch braucht? Wenn man
nun ferner noch erweget,

"Daß ihre zugehörgen Theile nach ihrem Mittel-Punct
sich lenken,

"Und, so wie wir, mit unsrer Luft, uns stets nach unsrer
Sonne senken,

"Sie ebenfals, wie unsre Körper, nach ihrem einge-
senkten Drang,

"Sich auch zum Centro senken werden; wodurch dann
kein Zusammenhang

"Mit
H h 2
Die Einheit des Schoͤpfers.
Der Prinz von Malva, der ein Heide, bemuͤhete ſich,
ſeine Lehre,

Als ob, ſtatt eines Einigen, von Goͤttern eine Vielheit waͤre;
Durch dieſe Gruͤnde, zu behaupten: “Daß unſer’
allgemeine Welt,

“Sprach er, ein’ ungezaͤhlte Zahl von Sonnen-Heeren
in ſich haͤlt;

“Jſt wahr, und nimmermehr zu leugnen: auch, daß
ein jede Sonn’ um ſich

“Verſchiedene Planeten lenke, in richtger Ordnung
um ſich fuͤhre,

“Erleuchte, ſchmuͤcke, fruchtbar mache, belebe, waͤrm’,
und ſie regiere;

“Jſt auch unwiderſprechlich wahr. Nun ſage mir, ich
bitte dich!

“Muß nicht das Reich von jeder Sonne ein eigenes
Syſtema ſeyn,

“Das mit den Reichen andrer Sonnen gar nichts
gemeinſchaftliches heget,

“Sie nicht beruͤhret, ſie nicht nuͤtzt, und von dem gar
zu fernen Schein

“Gar keine Wirkung fuͤhlt noch braucht? Wenn man
nun ferner noch erweget,

“Daß ihre zugehoͤrgen Theile nach ihrem Mittel-Punct
ſich lenken,

“Und, ſo wie wir, mit unſrer Luft, uns ſtets nach unſrer
Sonne ſenken,

“Sie ebenfals, wie unſre Koͤrper, nach ihrem einge-
ſenkten Drang,

“Sich auch zum Centro ſenken werden; wodurch dann
kein Zuſammenhang

“Mit
H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0497" n="483"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die Einheit des Scho&#x0364;pfers.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>er Prinz von Malva, der ein Heide, bemu&#x0364;hete &#x017F;ich,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eine Lehre,</hi></l><lb/>
                <l>Als ob, &#x017F;tatt eines Einigen, von Go&#x0364;ttern eine Vielheit wa&#x0364;re;</l><lb/>
                <l>Durch die&#x017F;e Gru&#x0364;nde, zu behaupten: &#x201C;Daß un&#x017F;er&#x2019;<lb/><hi rendition="#et">allgemeine Welt,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Sprach er, ein&#x2019; ungeza&#x0364;hlte Zahl von Sonnen-Heeren<lb/><hi rendition="#et">in &#x017F;ich ha&#x0364;lt;</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;J&#x017F;t wahr, und nimmermehr zu leugnen: auch, daß<lb/><hi rendition="#et">ein jede Sonn&#x2019; um &#x017F;ich</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Ver&#x017F;chiedene Planeten lenke, in richtger Ordnung<lb/><hi rendition="#et">um &#x017F;ich fu&#x0364;hre,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Erleuchte, &#x017F;chmu&#x0364;cke, fruchtbar mache, belebe, wa&#x0364;rm&#x2019;,<lb/><hi rendition="#et">und &#x017F;ie regiere;</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;J&#x017F;t auch unwider&#x017F;prechlich wahr. Nun &#x017F;age mir, ich<lb/><hi rendition="#et">bitte dich!</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Muß nicht das Reich von jeder Sonne ein eigenes<lb/><hi rendition="#et">Sy&#x017F;tema &#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Das mit den Reichen andrer Sonnen gar nichts<lb/><hi rendition="#et">gemein&#x017F;chaftliches heget,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Sie nicht beru&#x0364;hret, &#x017F;ie nicht nu&#x0364;tzt, und von dem gar<lb/><hi rendition="#et">zu fernen Schein</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Gar keine Wirkung fu&#x0364;hlt noch braucht? Wenn man<lb/><hi rendition="#et">nun ferner noch erweget,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Daß ihre zugeho&#x0364;rgen Theile nach ihrem Mittel-Punct<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich lenken,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Und, &#x017F;o wie wir, mit un&#x017F;rer Luft, uns &#x017F;tets nach un&#x017F;rer<lb/><hi rendition="#et">Sonne &#x017F;enken,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Sie ebenfals, wie un&#x017F;re Ko&#x0364;rper, nach ihrem einge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;enkten Drang,</hi></l><lb/>
                <l>&#x201C;Sich auch zum Centro &#x017F;enken werden; wodurch dann<lb/><hi rendition="#et">kein Zu&#x017F;ammenhang</hi></l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">&#x201C;Mit</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0497] Die Einheit des Schoͤpfers. Der Prinz von Malva, der ein Heide, bemuͤhete ſich, ſeine Lehre, Als ob, ſtatt eines Einigen, von Goͤttern eine Vielheit waͤre; Durch dieſe Gruͤnde, zu behaupten: “Daß unſer’ allgemeine Welt, “Sprach er, ein’ ungezaͤhlte Zahl von Sonnen-Heeren in ſich haͤlt; “Jſt wahr, und nimmermehr zu leugnen: auch, daß ein jede Sonn’ um ſich “Verſchiedene Planeten lenke, in richtger Ordnung um ſich fuͤhre, “Erleuchte, ſchmuͤcke, fruchtbar mache, belebe, waͤrm’, und ſie regiere; “Jſt auch unwiderſprechlich wahr. Nun ſage mir, ich bitte dich! “Muß nicht das Reich von jeder Sonne ein eigenes Syſtema ſeyn, “Das mit den Reichen andrer Sonnen gar nichts gemeinſchaftliches heget, “Sie nicht beruͤhret, ſie nicht nuͤtzt, und von dem gar zu fernen Schein “Gar keine Wirkung fuͤhlt noch braucht? Wenn man nun ferner noch erweget, “Daß ihre zugehoͤrgen Theile nach ihrem Mittel-Punct ſich lenken, “Und, ſo wie wir, mit unſrer Luft, uns ſtets nach unſrer Sonne ſenken, “Sie ebenfals, wie unſre Koͤrper, nach ihrem einge- ſenkten Drang, “Sich auch zum Centro ſenken werden; wodurch dann kein Zuſammenhang “Mit H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/497
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/497>, abgerufen am 21.12.2024.