Um mich anitzt der weissen Welt, so wie zur Sommer-Zeit der grünen, Zu GOttes Ehr', und meiner Lust, mit Ueberlegung zu bedienen; Fuhr ich im Schlitten auf das Feld, um, wie sich viele Oerter schmücken, Mit noch vermehrter Lust, Betrachtung, und mit Bewun- drung, zu erblicken.
Die Bäume schienen, daß sie uns von Bäumen nur allein die Schatten, Jn dünnen und durchsicht'gen Zweigen, die dunkel, hin- terlassen hatten. Es siehet itzo wirklich kaum Ein blätterloser brauner Baum Belaubten grünen Bäumen gleich. Sieht man, da es geschneit, nun zwischen Dergleichen braunen Schatten-Büschen Bald hie, bald dort von Scheun- und Hütten beschneite weisse Dächer liegen; So ist dadurch, nicht ohn' Vergnügen, Der Schnee noch eins so weiß, noch eins so schön, Jm braunen Gegensatz, zu sehn. Die Aecker scheinen itzt gefrorne kleine Wellen, Jn Tief- und Höhen, vorzustellen. Wovon jedoch nicht so, wie auf der Fluht, Der Schaum sich auf der Höhe zeiget, Als welche braun. Der Schnee, der Luft-Schaum, ruht Nur da, wo sich die Furche neiget.
Durch
Zum Winter.
Um mich anitzt der weiſſen Welt, ſo wie zur Sommer-Zeit der gruͤnen, Zu GOttes Ehr’, und meiner Luſt, mit Ueberlegung zu bedienen; Fuhr ich im Schlitten auf das Feld, um, wie ſich viele Oerter ſchmuͤcken, Mit noch vermehrter Luſt, Betrachtung, und mit Bewun- drung, zu erblicken.
Die Baͤume ſchienen, daß ſie uns von Baͤumen nur allein die Schatten, Jn duͤnnen und durchſicht’gen Zweigen, die dunkel, hin- terlaſſen hatten. Es ſiehet itzo wirklich kaum Ein blaͤtterloſer brauner Baum Belaubten gruͤnen Baͤumen gleich. Sieht man, da es geſchneit, nun zwiſchen Dergleichen braunen Schatten-Buͤſchen Bald hie, bald dort von Scheun- und Huͤtten beſchneite weiſſe Daͤcher liegen; So iſt dadurch, nicht ohn’ Vergnuͤgen, Der Schnee noch eins ſo weiß, noch eins ſo ſchoͤn, Jm braunen Gegenſatz, zu ſehn. Die Aecker ſcheinen itzt gefrorne kleine Wellen, Jn Tief- und Hoͤhen, vorzuſtellen. Wovon jedoch nicht ſo, wie auf der Fluht, Der Schaum ſich auf der Hoͤhe zeiget, Als welche braun. Der Schnee, der Luft-Schaum, ruht Nur da, wo ſich die Furche neiget.
Durch
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Zum Winter.
Um mich anitzt der weiſſen Welt, ſo wie zur Sommer-Zeit
der gruͤnen,
Zu GOttes Ehr’, und meiner Luſt, mit Ueberlegung zu
bedienen;
Fuhr ich im Schlitten auf das Feld, um, wie ſich viele Oerter
ſchmuͤcken,
Mit noch vermehrter Luſt, Betrachtung, und mit Bewun-
drung, zu erblicken.
Die Baͤume ſchienen, daß ſie uns von Baͤumen nur allein
die Schatten,
Jn duͤnnen und durchſicht’gen Zweigen, die dunkel, hin-
terlaſſen hatten.
Es ſiehet itzo wirklich kaum
Ein blaͤtterloſer brauner Baum
Belaubten gruͤnen Baͤumen gleich. Sieht man, da es
geſchneit, nun zwiſchen
Dergleichen braunen Schatten-Buͤſchen
Bald hie, bald dort von Scheun- und Huͤtten beſchneite
weiſſe Daͤcher liegen;
So iſt dadurch, nicht ohn’ Vergnuͤgen,
Der Schnee noch eins ſo weiß, noch eins ſo ſchoͤn,
Jm braunen Gegenſatz, zu ſehn.
Die Aecker ſcheinen itzt gefrorne kleine Wellen,
Jn Tief- und Hoͤhen, vorzuſtellen.
Wovon jedoch nicht ſo, wie auf der Fluht,
Der Schaum ſich auf der Hoͤhe zeiget,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/626>, abgerufen am 21.12.2024.
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