Jm Herbst, an einem schönen Tage, sah ich, mit innigem Vergnügen, Den Bauknecht mit vier starken Pferden geschäftig meinen Acker pflügen, Jch sah ihn lange Furchen zieh'n, und sah den Pflug, wie sanft er glitte, Den Boden von einander theilt', den fest- und fetten Grund durchschnitte, Beschäftigt alles umzustürzen, und kleine Wellen zu er- höh'n, Die in geraden Strichen all', ohn' einige Bewegung, steh'n, Und überall das Feld erfüllen. Jch sah dadurch das Grau der Erden, Jm kurzen, in ein schönes Braun verkehrt und lieblich dunkel werden. Jch setzte mich an einen Hügel, der Arbeit, die so nütz als schön, Mit einigen Betrachtungen, zu GOttes Ehren, zuzu- seh'n. Jch dachte: Welche Weisheit liegt in diesem so geringen Werke, Welch ein erstaunlich grosser Nutz! Je mehr ich mit Be- dacht bemerke, Je mehr erblick ich in demselben, bey göttlicher Gewo- genheit, Abseiten unser, abermahl unleidlich' Unerkenntlichkeit.
Wer
Gedanken uͤber das Pfluͤgen und Saͤen.
Jm Herbſt, an einem ſchoͤnen Tage, ſah ich, mit innigem Vergnuͤgen, Den Bauknecht mit vier ſtarken Pferden geſchaͤftig meinen Acker pfluͤgen, Jch ſah ihn lange Furchen zieh’n, und ſah den Pflug, wie ſanft er glitte, Den Boden von einander theilt’, den feſt- und fetten Grund durchſchnitte, Beſchaͤftigt alles umzuſtuͤrzen, und kleine Wellen zu er- hoͤh’n, Die in geraden Strichen all’, ohn’ einige Bewegung, ſteh’n, Und uͤberall das Feld erfuͤllen. Jch ſah dadurch das Grau der Erden, Jm kurzen, in ein ſchoͤnes Braun verkehrt und lieblich dunkel werden. Jch ſetzte mich an einen Huͤgel, der Arbeit, die ſo nuͤtz als ſchoͤn, Mit einigen Betrachtungen, zu GOttes Ehren, zuzu- ſeh’n. Jch dachte: Welche Weisheit liegt in dieſem ſo geringen Werke, Welch ein erſtaunlich groſſer Nutz! Je mehr ich mit Be- dacht bemerke, Je mehr erblick ich in demſelben, bey goͤttlicher Gewo- genheit, Abſeiten unſer, abermahl unleidlich’ Unerkenntlichkeit.
Wer
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Gedanken uͤber das Pfluͤgen und
Saͤen.
Jm Herbſt, an einem ſchoͤnen Tage, ſah ich, mit innigem
Vergnuͤgen,
Den Bauknecht mit vier ſtarken Pferden geſchaͤftig meinen
Acker pfluͤgen,
Jch ſah ihn lange Furchen zieh’n, und ſah den Pflug, wie
ſanft er glitte,
Den Boden von einander theilt’, den feſt- und fetten
Grund durchſchnitte,
Beſchaͤftigt alles umzuſtuͤrzen, und kleine Wellen zu er-
hoͤh’n,
Die in geraden Strichen all’, ohn’ einige Bewegung,
ſteh’n,
Und uͤberall das Feld erfuͤllen. Jch ſah dadurch das
Grau der Erden,
Jm kurzen, in ein ſchoͤnes Braun verkehrt und lieblich
dunkel werden.
Jch ſetzte mich an einen Huͤgel, der Arbeit, die ſo nuͤtz
als ſchoͤn,
Mit einigen Betrachtungen, zu GOttes Ehren, zuzu-
ſeh’n.
Jch dachte: Welche Weisheit liegt in dieſem ſo geringen
Werke,
Welch ein erſtaunlich groſſer Nutz! Je mehr ich mit Be-
dacht bemerke,
Je mehr erblick ich in demſelben, bey goͤttlicher Gewo-
genheit,
Abſeiten unſer, abermahl unleidlich’ Unerkenntlichkeit.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/512>, abgerufen am 30.12.2024.
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