Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Zum Herbst im Walde.
Jtzt sieht man in den tiefen Gängen
Sich viele Farben lieblich mengen,
Verschiedne Stellen schön sich röhten,
Verschiedne gleichsam sich vergülden,
Wodurch sie Persische Tapeten,
Mit Golde reich durchwirket, bilden.
Viel' gelb gewordne Zweige schienen,
Jn dem noch unverwelkten Grünen,
Jm Sonnen-Licht, auf manchen Stellen,
Den Zweig Aeneas vorzustellen,
Der ihm selbst, durch Cocytus Schwellen,
Ein sicheres Geleite gab.
Die bunten Steige selber liessen,
Von Blättern, die von oben ab
Gefallen, selber unsern Füssen
Gefärbte Teppich' abzugeben.
Der Fuß, um sie nicht zu verderben, scheut oftermahls sich
aufzuheben.
Die Farben scheinen auf den Bäumen itzt gleichsam, uns zur
Lust, zu kämpfen,
Die Gelbe sucht das nahe Grün, durch ihr erhabner Licht,
zu dämpfen,
Das Rohte dämpft das Gelbe wieder, und bey derselben
hellen Pracht,
Nimmt man zugleich die Mittel-Farben, im mannigfachen
Grad', in Acht.
Dieselben sind fast nicht zu zählen, und ihr gebrochenes
Gemische
Ziert, in gedämpfter Harmonie, itzt überall so Bäum' als
Büsche,
Und
Zum Herbſt im Walde.
Jtzt ſieht man in den tiefen Gaͤngen
Sich viele Farben lieblich mengen,
Verſchiedne Stellen ſchoͤn ſich roͤhten,
Verſchiedne gleichſam ſich verguͤlden,
Wodurch ſie Perſiſche Tapeten,
Mit Golde reich durchwirket, bilden.
Viel’ gelb gewordne Zweige ſchienen,
Jn dem noch unverwelkten Gruͤnen,
Jm Sonnen-Licht, auf manchen Stellen,
Den Zweig Aeneas vorzuſtellen,
Der ihm ſelbſt, durch Cocytus Schwellen,
Ein ſicheres Geleite gab.
Die bunten Steige ſelber lieſſen,
Von Blaͤttern, die von oben ab
Gefallen, ſelber unſern Fuͤſſen
Gefaͤrbte Teppich’ abzugeben.
Der Fuß, um ſie nicht zu verderben, ſcheut oftermahls ſich
aufzuheben.
Die Farben ſcheinen auf den Baͤumen itzt gleichſam, uns zur
Luſt, zu kaͤmpfen,
Die Gelbe ſucht das nahe Gruͤn, durch ihr erhabner Licht,
zu daͤmpfen,
Das Rohte daͤmpft das Gelbe wieder, und bey derſelben
hellen Pracht,
Nimmt man zugleich die Mittel-Farben, im mannigfachen
Grad’, in Acht.
Dieſelben ſind faſt nicht zu zaͤhlen, und ihr gebrochenes
Gemiſche
Ziert, in gedaͤmpfter Harmonie, itzt uͤberall ſo Baͤum’ als
Buͤſche,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0462" n="444"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Zum Herb&#x017F;t im Walde.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">J</hi>tzt &#x017F;ieht man in den tiefen Ga&#x0364;ngen</l><lb/>
                <l>Sich viele Farben lieblich mengen,</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;chiedne Stellen &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ich ro&#x0364;hten,</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;chiedne gleich&#x017F;am &#x017F;ich vergu&#x0364;lden,</l><lb/>
                <l>Wodurch &#x017F;ie Per&#x017F;i&#x017F;che Tapeten,</l><lb/>
                <l>Mit Golde reich durchwirket, bilden.</l><lb/>
                <l>Viel&#x2019; gelb gewordne Zweige &#x017F;chienen,</l><lb/>
                <l>Jn dem noch unverwelkten Gru&#x0364;nen,</l><lb/>
                <l>Jm Sonnen-Licht, auf manchen Stellen,</l><lb/>
                <l>Den Zweig Aeneas vorzu&#x017F;tellen,</l><lb/>
                <l>Der ihm &#x017F;elb&#x017F;t, durch Cocytus Schwellen,</l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;icheres Geleite gab.</l><lb/>
                <l>Die bunten Steige &#x017F;elber lie&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Von Bla&#x0364;ttern, die von oben ab</l><lb/>
                <l>Gefallen, &#x017F;elber un&#x017F;ern Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
                <l>Gefa&#x0364;rbte Teppich&#x2019; abzugeben.</l><lb/>
                <l>Der Fuß, um &#x017F;ie nicht zu verderben, &#x017F;cheut oftermahls &#x017F;ich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">aufzuheben.</hi> </l><lb/>
                <l>Die Farben &#x017F;cheinen auf den Ba&#x0364;umen itzt gleich&#x017F;am, uns zur</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Lu&#x017F;t, zu ka&#x0364;mpfen,</hi> </l><lb/>
                <l>Die Gelbe &#x017F;ucht das nahe Gru&#x0364;n, durch ihr erhabner Licht,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu da&#x0364;mpfen,</hi> </l><lb/>
                <l>Das Rohte da&#x0364;mpft das Gelbe wieder, und bey der&#x017F;elben</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">hellen Pracht,</hi> </l><lb/>
                <l>Nimmt man zugleich die Mittel-Farben, im mannigfachen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Grad&#x2019;, in Acht.</hi> </l><lb/>
                <l>Die&#x017F;elben &#x017F;ind fa&#x017F;t nicht zu za&#x0364;hlen, und ihr gebrochenes</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Gemi&#x017F;che</hi> </l><lb/>
                <l>Ziert, in geda&#x0364;mpfter Harmonie, itzt u&#x0364;berall &#x017F;o Ba&#x0364;um&#x2019; als</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Bu&#x0364;&#x017F;che,</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[444/0462] Zum Herbſt im Walde. Jtzt ſieht man in den tiefen Gaͤngen Sich viele Farben lieblich mengen, Verſchiedne Stellen ſchoͤn ſich roͤhten, Verſchiedne gleichſam ſich verguͤlden, Wodurch ſie Perſiſche Tapeten, Mit Golde reich durchwirket, bilden. Viel’ gelb gewordne Zweige ſchienen, Jn dem noch unverwelkten Gruͤnen, Jm Sonnen-Licht, auf manchen Stellen, Den Zweig Aeneas vorzuſtellen, Der ihm ſelbſt, durch Cocytus Schwellen, Ein ſicheres Geleite gab. Die bunten Steige ſelber lieſſen, Von Blaͤttern, die von oben ab Gefallen, ſelber unſern Fuͤſſen Gefaͤrbte Teppich’ abzugeben. Der Fuß, um ſie nicht zu verderben, ſcheut oftermahls ſich aufzuheben. Die Farben ſcheinen auf den Baͤumen itzt gleichſam, uns zur Luſt, zu kaͤmpfen, Die Gelbe ſucht das nahe Gruͤn, durch ihr erhabner Licht, zu daͤmpfen, Das Rohte daͤmpft das Gelbe wieder, und bey derſelben hellen Pracht, Nimmt man zugleich die Mittel-Farben, im mannigfachen Grad’, in Acht. Dieſelben ſind faſt nicht zu zaͤhlen, und ihr gebrochenes Gemiſche Ziert, in gedaͤmpfter Harmonie, itzt uͤberall ſo Baͤum’ als Buͤſche, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/462
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/462>, abgerufen am 21.11.2024.