Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Folgende acht Stücke gehören zu einem be-
sondern Werke, welches der geschickte
Herr Ridinger von neuem anfängt
in Kupfer zu stechen.

Die Hirsch-Jagd.
Wir sahen Gärten in der Luft wohl eh' in alten Zeiten
prangen;
Allein, wer sah wohl eine Jagd, wie hier, in freyen Lüften
hangen?
Es stürzt der Hirsch, zusammt den Hunden, und dennoch
stürzt er nicht herab,
Er scheint in seinem Sprung zu stutzen, und alle schreckt
ihr nahes Grab.
Die Hunde hangen an den Zähnen, sie suchen ihren Tod
zu fliehn,
Und ihrem Fall, der unvermeidlich, durch reges Dreh'n,
sich zu entzieh'n,
Die Wut ist hier in Furcht verwandelt. Nein, beyde
Leidenschaften scheinen,
Wie wenig sie auch sonst vereinbar, in ihrem Blick, sich
zu vereinen.
Wir können eigentlich bemerken, wie sich zugleich der
Hunde Geist,
Jn ihren aufgerißnen Augen, sich wütig und auch furcht-
sam weist.
Wie schwehr ist sonst ein Hund, der fällt, recht nach dem
Leben vorzustellen!
Hier sieht man hundert Wendungen in so viel unterschiednen
Fällen.
Es
C c 5

Folgende acht Stuͤcke gehoͤren zu einem be-
ſondern Werke, welches der geſchickte
Herr Ridinger von neuem anfaͤngt
in Kupfer zu ſtechen.

Die Hirſch-Jagd.
Wir ſahen Gaͤrten in der Luft wohl eh’ in alten Zeiten
prangen;
Allein, wer ſah wohl eine Jagd, wie hier, in freyen Luͤften
hangen?
Es ſtuͤrzt der Hirſch, zuſammt den Hunden, und dennoch
ſtuͤrzt er nicht herab,
Er ſcheint in ſeinem Sprung zu ſtutzen, und alle ſchreckt
ihr nahes Grab.
Die Hunde hangen an den Zaͤhnen, ſie ſuchen ihren Tod
zu fliehn,
Und ihrem Fall, der unvermeidlich, durch reges Dreh’n,
ſich zu entzieh’n,
Die Wut iſt hier in Furcht verwandelt. Nein, beyde
Leidenſchaften ſcheinen,
Wie wenig ſie auch ſonſt vereinbar, in ihrem Blick, ſich
zu vereinen.
Wir koͤnnen eigentlich bemerken, wie ſich zugleich der
Hunde Geiſt,
Jn ihren aufgerißnen Augen, ſich wuͤtig und auch furcht-
ſam weiſt.
Wie ſchwehr iſt ſonſt ein Hund, der faͤllt, recht nach dem
Leben vorzuſtellen!
Hier ſieht man hundert Wendungen in ſo viel unterſchiednen
Faͤllen.
Es
C c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0427" n="409"/>
            <p> <hi rendition="#b">Folgende acht Stu&#x0364;cke geho&#x0364;ren zu einem be-<lb/>
&#x017F;ondern Werke, welches der ge&#x017F;chickte<lb/>
Herr <hi rendition="#fr">Ridinger</hi> von neuem anfa&#x0364;ngt<lb/>
in Kupfer zu &#x017F;techen.</hi> </p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die Hir&#x017F;ch-Jagd.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ir &#x017F;ahen Ga&#x0364;rten in der Luft wohl eh&#x2019; in alten Zeiten</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">prangen;</hi> </l><lb/>
              <l>Allein, wer &#x017F;ah wohl eine Jagd, wie hier, in freyen Lu&#x0364;ften</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">hangen?</hi> </l><lb/>
              <l>Es &#x017F;tu&#x0364;rzt der Hir&#x017F;ch, zu&#x017F;ammt den Hunden, und dennoch</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tu&#x0364;rzt er nicht herab,</hi> </l><lb/>
              <l>Er &#x017F;cheint in &#x017F;einem Sprung zu &#x017F;tutzen, und alle &#x017F;chreckt</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ihr nahes Grab.</hi> </l><lb/>
              <l>Die Hunde hangen an den Za&#x0364;hnen, &#x017F;ie &#x017F;uchen ihren Tod</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">zu fliehn,</hi> </l><lb/>
              <l>Und ihrem Fall, der unvermeidlich, durch reges Dreh&#x2019;n,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ich zu entzieh&#x2019;n,</hi> </l><lb/>
              <l>Die Wut i&#x017F;t hier in Furcht verwandelt. Nein, beyde</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Leiden&#x017F;chaften &#x017F;cheinen,</hi> </l><lb/>
              <l>Wie wenig &#x017F;ie auch &#x017F;on&#x017F;t vereinbar, in ihrem Blick, &#x017F;ich</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">zu vereinen.</hi> </l><lb/>
              <l>Wir ko&#x0364;nnen eigentlich bemerken, wie &#x017F;ich zugleich der</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Hunde Gei&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
              <l>Jn ihren aufgerißnen Augen, &#x017F;ich wu&#x0364;tig und auch furcht-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;am wei&#x017F;t.</hi> </l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;chwehr i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;t ein Hund, der fa&#x0364;llt, recht nach dem</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Leben vorzu&#x017F;tellen!</hi> </l><lb/>
              <l>Hier &#x017F;ieht man hundert Wendungen in &#x017F;o viel unter&#x017F;chiednen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Fa&#x0364;llen.</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">C c 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0427] Folgende acht Stuͤcke gehoͤren zu einem be- ſondern Werke, welches der geſchickte Herr Ridinger von neuem anfaͤngt in Kupfer zu ſtechen. Die Hirſch-Jagd. Wir ſahen Gaͤrten in der Luft wohl eh’ in alten Zeiten prangen; Allein, wer ſah wohl eine Jagd, wie hier, in freyen Luͤften hangen? Es ſtuͤrzt der Hirſch, zuſammt den Hunden, und dennoch ſtuͤrzt er nicht herab, Er ſcheint in ſeinem Sprung zu ſtutzen, und alle ſchreckt ihr nahes Grab. Die Hunde hangen an den Zaͤhnen, ſie ſuchen ihren Tod zu fliehn, Und ihrem Fall, der unvermeidlich, durch reges Dreh’n, ſich zu entzieh’n, Die Wut iſt hier in Furcht verwandelt. Nein, beyde Leidenſchaften ſcheinen, Wie wenig ſie auch ſonſt vereinbar, in ihrem Blick, ſich zu vereinen. Wir koͤnnen eigentlich bemerken, wie ſich zugleich der Hunde Geiſt, Jn ihren aufgerißnen Augen, ſich wuͤtig und auch furcht- ſam weiſt. Wie ſchwehr iſt ſonſt ein Hund, der faͤllt, recht nach dem Leben vorzuſtellen! Hier ſieht man hundert Wendungen in ſo viel unterſchiednen Faͤllen. Es C c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/427
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/427>, abgerufen am 21.11.2024.