Die gräßlich-schönen Tieger-Thiere vermögen Lust, zugleich auch Schrecken, So wie sie, wenn sie leben, thun, auch hier im Abriß zu erwecken. Uns reizet ihre schöne Haut; jedoch ein falscher, finstrer Blick, Der aus den schielen Augen strahlet, treibt auch den Tapfer- sten zurück. Bewundre, der du dieses siehst, wie weit sich hier die Kunst erstrecket, Da man in wenig dunklen Strichen den Tieger-Geist im Aug' entdecket. Mein Blick glaubt in des Apfels Klarheit, als durch ein Glas, ins Hirn zu dringen, Die schwarze Seele selbst zu seh'n von dem, der unten ruht und schielt. Dort zeigt der halb-geschloßne Blick des obern, welche Lust er fühlt Von seiner Welpen starken Saugen, die man sich regen, wälzen, schwingen, Sich dreh'n, ja sie fast schmatzen sieht. Wie schrecklich diese Thiere nun, Wie wild die Wut, wie groß die Stärke, wodurch sie öfters Schaden thun;
Hat
* Diese vier folgenden Stücke gehören zu den Thieren im sechsten Theile des irdischen Vergnügens in Gott, Seite 247.
Die Tieger-Thiere.*
Die graͤßlich-ſchoͤnen Tieger-Thiere vermoͤgen Luſt, zugleich auch Schrecken, So wie ſie, wenn ſie leben, thun, auch hier im Abriß zu erwecken. Uns reizet ihre ſchoͤne Haut; jedoch ein falſcher, finſtrer Blick, Der aus den ſchielen Augen ſtrahlet, treibt auch den Tapfer- ſten zuruͤck. Bewundre, der du dieſes ſiehſt, wie weit ſich hier die Kunſt erſtrecket, Da man in wenig dunklen Strichen den Tieger-Geiſt im Aug’ entdecket. Mein Blick glaubt in des Apfels Klarheit, als durch ein Glas, ins Hirn zu dringen, Die ſchwarze Seele ſelbſt zu ſeh’n von dem, der unten ruht und ſchielt. Dort zeigt der halb-geſchloßne Blick des obern, welche Luſt er fuͤhlt Von ſeiner Welpen ſtarken Saugen, die man ſich regen, waͤlzen, ſchwingen, Sich dreh’n, ja ſie faſt ſchmatzen ſieht. Wie ſchrecklich dieſe Thiere nun, Wie wild die Wut, wie groß die Staͤrke, wodurch ſie oͤfters Schaden thun;
Hat
* Dieſe vier folgenden Stuͤcke gehoͤren zu den Thieren im ſechſten Theile des irdiſchen Vergnuͤgens in Gott, Seite 247.
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[404/0422]
Die Tieger-Thiere. *
Die graͤßlich-ſchoͤnen Tieger-Thiere vermoͤgen Luſt,
zugleich auch Schrecken,
So wie ſie, wenn ſie leben, thun, auch hier im Abriß zu
erwecken.
Uns reizet ihre ſchoͤne Haut; jedoch ein falſcher, finſtrer
Blick,
Der aus den ſchielen Augen ſtrahlet, treibt auch den Tapfer-
ſten zuruͤck.
Bewundre, der du dieſes ſiehſt, wie weit ſich hier die Kunſt
erſtrecket,
Da man in wenig dunklen Strichen den Tieger-Geiſt im
Aug’ entdecket.
Mein Blick glaubt in des Apfels Klarheit, als durch ein
Glas, ins Hirn zu dringen,
Die ſchwarze Seele ſelbſt zu ſeh’n von dem, der unten ruht
und ſchielt.
Dort zeigt der halb-geſchloßne Blick des obern, welche Luſt
er fuͤhlt
Von ſeiner Welpen ſtarken Saugen, die man ſich regen,
waͤlzen, ſchwingen,
Sich dreh’n, ja ſie faſt ſchmatzen ſieht. Wie ſchrecklich
dieſe Thiere nun,
Wie wild die Wut, wie groß die Staͤrke, wodurch ſie oͤfters
Schaden thun;
Hat
* Dieſe vier folgenden Stuͤcke gehoͤren zu den Thieren
im ſechſten Theile des irdiſchen Vergnuͤgens in
Gott, Seite 247.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/422>, abgerufen am 21.12.2024.
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