Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Die
Schönheit eines stillen Meers.
Da ist, wie schrecklich erst das Meer, wie fürchterlich
die Wasser-Wogen,
Wie stark der schweren Wellen Last, und wie entsetzlich sie;
so schön,
So lieblich, sanft, ergetzend, prächtig, sogleich, wenn sich der
Sturm verzogen;
Die ungemeßne Wasser-Welt, das Reich der Fluhten, anzu-
sehn.
Jtzt schwebt mein Blick, auf stillem Meer, in einem neuen
Meer von Strahlen,
Die, durch die Luft, der Fluht Sapphir, mit güldnem Glanz
und Schimmer, mahlen.
Mein GOtt! wie ist, auf glattem Wasser, der heitern Son-
nen Licht und Schein
So herrlich, so belebend prächtig, so voller Glanz, so hell, so
rein!
Die ebne Fläche scheint aus einem nicht abzusehenden
Sapphir
Ein glatt-formirter Himmels-Spiegel. Es scheint, so weit
die schärfsten Augen,
Auf dieses blaue Fluhten-Feld, den schnellen Blick zu lenken
taugen,
Als wenn das Meer sich in dem Himmel, der Himmel sich im
Meer verliehr.
So, wie die Luft sich färbt, so färbt sich auch das weite
Wasser-Reich.
Wenn
Die
Schoͤnheit eines ſtillen Meers.
Da iſt, wie ſchrecklich erſt das Meer, wie fuͤrchterlich
die Waſſer-Wogen,
Wie ſtark der ſchweren Wellen Laſt, und wie entſetzlich ſie;
ſo ſchoͤn,
So lieblich, ſanft, ergetzend, praͤchtig, ſogleich, wenn ſich der
Sturm verzogen;
Die ungemeßne Waſſer-Welt, das Reich der Fluhten, anzu-
ſehn.
Jtzt ſchwebt mein Blick, auf ſtillem Meer, in einem neuen
Meer von Strahlen,
Die, durch die Luft, der Fluht Sapphir, mit guͤldnem Glanz
und Schimmer, mahlen.
Mein GOtt! wie iſt, auf glattem Waſſer, der heitern Son-
nen Licht und Schein
So herrlich, ſo belebend praͤchtig, ſo voller Glanz, ſo hell, ſo
rein!
Die ebne Flaͤche ſcheint aus einem nicht abzuſehenden
Sapphir
Ein glatt-formirter Himmels-Spiegel. Es ſcheint, ſo weit
die ſchaͤrfſten Augen,
Auf dieſes blaue Fluhten-Feld, den ſchnellen Blick zu lenken
taugen,
Als wenn das Meer ſich in dem Himmel, der Himmel ſich im
Meer verliehr.
So, wie die Luft ſich faͤrbt, ſo faͤrbt ſich auch das weite
Waſſer-Reich.
Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0109" n="91"/>
          <div n="3">
            <head>Die<lb/><hi rendition="#b">Scho&#x0364;nheit eines &#x017F;tillen Meers.</hi></head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>a i&#x017F;t, wie &#x017F;chrecklich er&#x017F;t das Meer, wie fu&#x0364;rchterlich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die Wa&#x017F;&#x017F;er-Wogen,</hi> </l><lb/>
                <l>Wie &#x017F;tark der &#x017F;chweren Wellen La&#x017F;t, und wie ent&#x017F;etzlich &#x017F;ie;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n,</hi> </l><lb/>
                <l>So lieblich, &#x017F;anft, ergetzend, pra&#x0364;chtig, &#x017F;ogleich, wenn &#x017F;ich der</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sturm verzogen;</hi> </l><lb/>
                <l>Die ungemeßne Wa&#x017F;&#x017F;er-Welt, das Reich der Fluhten, anzu-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ehn.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jtzt &#x017F;chwebt mein Blick, auf &#x017F;tillem Meer, in einem neuen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Meer von Strahlen,</hi> </l><lb/>
                <l>Die, durch die Luft, der Fluht Sapphir, mit gu&#x0364;ldnem Glanz</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Schimmer, mahlen.</hi> </l><lb/>
                <l>Mein GOtt! wie i&#x017F;t, auf glattem Wa&#x017F;&#x017F;er, der heitern Son-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">nen Licht und Schein</hi> </l><lb/>
                <l>So herrlich, &#x017F;o belebend pra&#x0364;chtig, &#x017F;o voller Glanz, &#x017F;o hell, &#x017F;o</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">rein!</hi> </l><lb/>
                <l>Die ebne Fla&#x0364;che &#x017F;cheint aus einem nicht abzu&#x017F;ehenden</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sapphir</hi> </l><lb/>
                <l>Ein glatt-formirter Himmels-Spiegel. Es &#x017F;cheint, &#x017F;o weit</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die &#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten Augen,</hi> </l><lb/>
                <l>Auf die&#x017F;es blaue Fluhten-Feld, den &#x017F;chnellen Blick zu lenken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">taugen,</hi> </l><lb/>
                <l>Als wenn das Meer &#x017F;ich in dem Himmel, der Himmel &#x017F;ich im</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Meer verliehr.</hi> </l><lb/>
                <l>So, wie die Luft &#x017F;ich fa&#x0364;rbt, &#x017F;o fa&#x0364;rbt &#x017F;ich auch das weite</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wa&#x017F;&#x017F;er-Reich.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0109] Die Schoͤnheit eines ſtillen Meers. Da iſt, wie ſchrecklich erſt das Meer, wie fuͤrchterlich die Waſſer-Wogen, Wie ſtark der ſchweren Wellen Laſt, und wie entſetzlich ſie; ſo ſchoͤn, So lieblich, ſanft, ergetzend, praͤchtig, ſogleich, wenn ſich der Sturm verzogen; Die ungemeßne Waſſer-Welt, das Reich der Fluhten, anzu- ſehn. Jtzt ſchwebt mein Blick, auf ſtillem Meer, in einem neuen Meer von Strahlen, Die, durch die Luft, der Fluht Sapphir, mit guͤldnem Glanz und Schimmer, mahlen. Mein GOtt! wie iſt, auf glattem Waſſer, der heitern Son- nen Licht und Schein So herrlich, ſo belebend praͤchtig, ſo voller Glanz, ſo hell, ſo rein! Die ebne Flaͤche ſcheint aus einem nicht abzuſehenden Sapphir Ein glatt-formirter Himmels-Spiegel. Es ſcheint, ſo weit die ſchaͤrfſten Augen, Auf dieſes blaue Fluhten-Feld, den ſchnellen Blick zu lenken taugen, Als wenn das Meer ſich in dem Himmel, der Himmel ſich im Meer verliehr. So, wie die Luft ſich faͤrbt, ſo faͤrbt ſich auch das weite Waſſer-Reich. Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/109
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/109>, abgerufen am 21.11.2024.