Erbauliche Betrachtung der Blumen und Pflanzen. Als S. T. Hr. P. E. mir eine Menge schöner Tulpen zugeschickt.
Unendliches, allgegenwärtigs Seyn, Laß mich, nur bloß vor dir, die Knie beugen! Laß mich, o Herr, zu dir allein, Mit meiner Seelen Kräften, steigen! Zu dir, durch dessen Wunder-Macht, Der Himmel Heer entstand, die Welt hervorgebracht! Der du der Pflanzen Reich so künstlich zugericht, Daß sich der Fiebern Meng in solcher Ordnung flicht! Durch dessen Weisheit wir, in Häuten und in Rinden, Sie klüglich eingeschlossen finden! Durch dessen weise Macht die Blumen, wenn sie blühn, Mit solcher zierlichen Figur, Sich lieblich bilden und formiren, Und mit der Farben Schmuck nicht nur Sich unbeschreiblich lieblich zieren; Mit nicht zu zählenden Verändrungen sich schmücken, Auf ungezählte Weis, uns unser Aug erquicken, Und um auf tausend Art den Geist uns zu erfrischen, So Farb als Zeichnungen in solcher Meng auch mischen, Wie auch den Stiel und ihre Blätter ganz, Noch über dem mit einem solchen Glanz, Und Silber-Schimmer überziehn, Daß kein Sineser-Lack an ihren Schmelz nicht reichet, Kein Firniß ihrer Glätte gleichet.
Der
Erbauliche Betrachtung der Blumen.
Erbauliche Betrachtung der Blumen und Pflanzen. Als S. T. Hr. P. E. mir eine Menge ſchoͤner Tulpen zugeſchickt.
Unendliches, allgegenwaͤrtigs Seyn, Laß mich, nur bloß vor dir, die Knie beugen! Laß mich, o Herr, zu dir allein, Mit meiner Seelen Kraͤften, ſteigen! Zu dir, durch deſſen Wunder-Macht, Der Himmel Heer entſtand, die Welt hervorgebracht! Der du der Pflanzen Reich ſo kuͤnſtlich zugericht, Daß ſich der Fiebern Meng in ſolcher Ordnung flicht! Durch deſſen Weisheit wir, in Haͤuten und in Rinden, Sie kluͤglich eingeſchloſſen finden! Durch deſſen weiſe Macht die Blumen, wenn ſie bluͤhn, Mit ſolcher zierlichen Figur, Sich lieblich bilden und formiren, Und mit der Farben Schmuck nicht nur Sich unbeſchreiblich lieblich zieren; Mit nicht zu zaͤhlenden Veraͤndrungen ſich ſchmuͤcken, Auf ungezaͤhlte Weiſ, uns unſer Aug erquicken, Und um auf tauſend Art den Geiſt uns zu erfriſchen, So Farb als Zeichnungen in ſolcher Meng auch miſchen, Wie auch den Stiel und ihre Blaͤtter ganz, Noch uͤber dem mit einem ſolchen Glanz, Und Silber-Schimmer uͤberziehn, Daß kein Sineſer-Lack an ihren Schmelz nicht reichet, Kein Firniß ihrer Glaͤtte gleichet.
Der
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Erbauliche Betrachtung der Blumen.
Erbauliche Betrachtung
der Blumen und Pflanzen.
Als S. T. Hr. P. E. mir eine Menge ſchoͤner
Tulpen zugeſchickt.
Unendliches, allgegenwaͤrtigs Seyn,
Laß mich, nur bloß vor dir, die Knie beugen!
Laß mich, o Herr, zu dir allein,
Mit meiner Seelen Kraͤften, ſteigen!
Zu dir, durch deſſen Wunder-Macht,
Der Himmel Heer entſtand, die Welt hervorgebracht!
Der du der Pflanzen Reich ſo kuͤnſtlich zugericht,
Daß ſich der Fiebern Meng in ſolcher Ordnung flicht!
Durch deſſen Weisheit wir, in Haͤuten und in Rinden,
Sie kluͤglich eingeſchloſſen finden!
Durch deſſen weiſe Macht die Blumen, wenn ſie bluͤhn,
Mit ſolcher zierlichen Figur,
Sich lieblich bilden und formiren,
Und mit der Farben Schmuck nicht nur
Sich unbeſchreiblich lieblich zieren;
Mit nicht zu zaͤhlenden Veraͤndrungen ſich ſchmuͤcken,
Auf ungezaͤhlte Weiſ, uns unſer Aug erquicken,
Und um auf tauſend Art den Geiſt uns zu erfriſchen,
So Farb als Zeichnungen in ſolcher Meng auch miſchen,
Wie auch den Stiel und ihre Blaͤtter ganz,
Noch uͤber dem mit einem ſolchen Glanz,
Und Silber-Schimmer uͤberziehn,
Daß kein Sineſer-Lack an ihren Schmelz nicht reichet,
Kein Firniß ihrer Glaͤtte gleichet.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/81>, abgerufen am 03.12.2024.
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