Mir ward ein liebliches Geschenk, in dieser holden Früh- lingszeit, Von auserlesnen schönen Blumen, voll bunt- und holder Zier- lichkeit, Aus Hamburg neulich zugesandt, die ich mit großer Lust erwog, So wie ich sie im Mooß gepackt, aus der geraumen Schach- tel zog, Und sie in große Schüsseln legte, in selbe so viel Wasser goß, Daß es die Ende von den Stielen nur eben decket und befloß. Wobey ich denn verschiedene in ein erhabnes Glas noch setzte, Und mich an allen, mehr als einmal, zu ihrer Quelle Ruhm, ergetzte.
Jch roch, und sahe wechselsweise, die wunderbare Mi- schung an, So wohl von Farben als Geruch, die kein Verstand beschrei- ben kann. Was dünsteten vor Ambra-Nebel, was walleten vor Balsam- Wellen! Wie nahm ihr säurlich-süsser Duft, durch den Geruch, das Hirn nicht ein! Mit wie viel Anmuth rührte mich, auch durchs Gesicht, ihr bunter Schein! Der weissen Hyacinthen Silber, der blauen glänzender Saphier; Das güldne Gelbe der Schonkiljen; der Tulpen feuerrei- che Zier;
Der
Der gefluͤgelte Lehrer.
Der gefluͤgelte Lehrer.
Mir ward ein liebliches Geſchenk, in dieſer holden Fruͤh- lingszeit, Von auserleſnen ſchoͤnen Blumen, voll bunt- und holder Zier- lichkeit, Aus Hamburg neulich zugeſandt, die ich mit großer Luſt erwog, So wie ich ſie im Mooß gepackt, aus der geraumen Schach- tel zog, Und ſie in große Schuͤſſeln legte, in ſelbe ſo viel Waſſer goß, Daß es die Ende von den Stielen nur eben decket und befloß. Wobey ich denn verſchiedene in ein erhabnes Glas noch ſetzte, Und mich an allen, mehr als einmal, zu ihrer Quelle Ruhm, ergetzte.
Jch roch, und ſahe wechſelsweiſe, die wunderbare Mi- ſchung an, So wohl von Farben als Geruch, die kein Verſtand beſchrei- ben kann. Was duͤnſteten vor Ambra-Nebel, was walleten vor Balſam- Wellen! Wie nahm ihr ſaͤurlich-ſuͤſſer Duft, durch den Geruch, das Hirn nicht ein! Mit wie viel Anmuth ruͤhrte mich, auch durchs Geſicht, ihr bunter Schein! Der weiſſen Hyacinthen Silber, der blauen glaͤnzender Saphier; Das guͤldne Gelbe der Schonkiljen; der Tulpen feuerrei- che Zier;
Der
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0078"n="54"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der gefluͤgelte Lehrer.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Der gefluͤgelte Lehrer.</hi></head><lb/><lgn="1"><l><hirendition="#in">M</hi>ir ward ein liebliches Geſchenk, in dieſer holden Fruͤh-<lb/><hirendition="#et">lingszeit,</hi></l><lb/><l>Von auserleſnen ſchoͤnen Blumen, voll bunt- und holder Zier-<lb/><hirendition="#et">lichkeit,</hi></l><lb/><l>Aus Hamburg neulich zugeſandt, die ich mit großer Luſt erwog,</l><lb/><l>So wie ich ſie im Mooß gepackt, aus der geraumen Schach-<lb/><hirendition="#et">tel zog,</hi></l><lb/><l>Und ſie in große Schuͤſſeln legte, in ſelbe ſo viel Waſſer goß,</l><lb/><l>Daß es die Ende von den Stielen nur eben decket und befloß.</l><lb/><l>Wobey ich denn verſchiedene in ein erhabnes Glas noch ſetzte,</l><lb/><l>Und mich an allen, mehr als einmal, zu ihrer Quelle Ruhm,<lb/><hirendition="#et">ergetzte.</hi></l></lg><lb/><lgn="2"><l>Jch roch, und ſahe wechſelsweiſe, die wunderbare Mi-<lb/><hirendition="#et">ſchung an,</hi></l><lb/><l>So wohl von Farben als Geruch, die kein Verſtand beſchrei-<lb/><hirendition="#et">ben kann.</hi></l><lb/><l>Was duͤnſteten vor Ambra-Nebel, was walleten vor Balſam-<lb/><hirendition="#et">Wellen!</hi></l><lb/><l>Wie nahm ihr ſaͤurlich-ſuͤſſer Duft, durch den Geruch, das<lb/><hirendition="#et">Hirn nicht ein!</hi></l><lb/><l>Mit wie viel Anmuth ruͤhrte mich, auch durchs Geſicht, ihr<lb/><hirendition="#et">bunter Schein!</hi></l><lb/><l>Der weiſſen Hyacinthen Silber, der blauen glaͤnzender<lb/><hirendition="#et">Saphier;</hi></l><lb/><l>Das guͤldne Gelbe der Schonkiljen; der Tulpen feuerrei-<lb/><hirendition="#et">che Zier;</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[54/0078]
Der gefluͤgelte Lehrer.
Der gefluͤgelte Lehrer.
Mir ward ein liebliches Geſchenk, in dieſer holden Fruͤh-
lingszeit,
Von auserleſnen ſchoͤnen Blumen, voll bunt- und holder Zier-
lichkeit,
Aus Hamburg neulich zugeſandt, die ich mit großer Luſt erwog,
So wie ich ſie im Mooß gepackt, aus der geraumen Schach-
tel zog,
Und ſie in große Schuͤſſeln legte, in ſelbe ſo viel Waſſer goß,
Daß es die Ende von den Stielen nur eben decket und befloß.
Wobey ich denn verſchiedene in ein erhabnes Glas noch ſetzte,
Und mich an allen, mehr als einmal, zu ihrer Quelle Ruhm,
ergetzte.
Jch roch, und ſahe wechſelsweiſe, die wunderbare Mi-
ſchung an,
So wohl von Farben als Geruch, die kein Verſtand beſchrei-
ben kann.
Was duͤnſteten vor Ambra-Nebel, was walleten vor Balſam-
Wellen!
Wie nahm ihr ſaͤurlich-ſuͤſſer Duft, durch den Geruch, das
Hirn nicht ein!
Mit wie viel Anmuth ruͤhrte mich, auch durchs Geſicht, ihr
bunter Schein!
Der weiſſen Hyacinthen Silber, der blauen glaͤnzender
Saphier;
Das guͤldne Gelbe der Schonkiljen; der Tulpen feuerrei-
che Zier;
Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/78>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.