An S. T. Hrn. Consistorialrath und Probst Reinbeck.
Nachdem ich neulich abermal die seltzame Beschaffenheit, Der unvernünftigen Vernunft, der spröden Unempfind- lichkeit Der Menschen, gegen Gottes Werke, und wie sie uns so we- nig rühren, Woher wir uns allein zum Schaden, in ihnen keine Freu- de spüren, Jn ihnen nichts vergnüglichs sehn, da wir jedoch ausdrücklich wollen, Daß wir zu Ehren unsers Schöpfers, und sie, für uns ge- macht seyn sollen, Von neuen ernstlich nachgedacht, und mich mit allem Ernst bemüht, Die eigentlich-und wahren Quellen, von diesem Unglück, zu ergründen, Das man bey Frommen und bey Bösen, und überall im Schwange sieht: So deucht mich, daß wir sie am klärsten, in einer Art Ver- stopfung, finden, Womit die Röhren unsrer Sinnen, die Thüren zu den klugen Seelen, Behaftet und beschweret scheinen. Jn diesen zarten Hirn-Ca- nälen, Wodurch unstreitig unsre Geister sich mit der Creatur ver- mählen;
Und
Gedichte an Hrn. Reinbeck.
An S. T. Hrn. Conſiſtorialrath und Probſt Reinbeck.
Nachdem ich neulich abermal die ſeltzame Beſchaffenheit, Der unvernuͤnftigen Vernunft, der ſproͤden Unempfind- lichkeit Der Menſchen, gegen Gottes Werke, und wie ſie uns ſo we- nig ruͤhren, Woher wir uns allein zum Schaden, in ihnen keine Freu- de ſpuͤren, Jn ihnen nichts vergnuͤglichs ſehn, da wir jedoch ausdruͤcklich wollen, Daß wir zu Ehren unſers Schoͤpfers, und ſie, fuͤr uns ge- macht ſeyn ſollen, Von neuen ernſtlich nachgedacht, und mich mit allem Ernſt bemuͤht, Die eigentlich-und wahren Quellen, von dieſem Ungluͤck, zu ergruͤnden, Das man bey Frommen und bey Boͤſen, und uͤberall im Schwange ſieht: So deucht mich, daß wir ſie am klaͤrſten, in einer Art Ver- ſtopfung, finden, Womit die Roͤhren unſrer Sinnen, die Thuͤren zu den klugen Seelen, Behaftet und beſchweret ſcheinen. Jn dieſen zarten Hirn-Ca- naͤlen, Wodurch unſtreitig unſre Geiſter ſich mit der Creatur ver- maͤhlen;
Und
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Gedichte an Hrn. Reinbeck.
An S. T.
Hrn. Conſiſtorialrath und Probſt
Reinbeck.
Nachdem ich neulich abermal die ſeltzame Beſchaffenheit,
Der unvernuͤnftigen Vernunft, der ſproͤden Unempfind-
lichkeit
Der Menſchen, gegen Gottes Werke, und wie ſie uns ſo we-
nig ruͤhren,
Woher wir uns allein zum Schaden, in ihnen keine Freu-
de ſpuͤren,
Jn ihnen nichts vergnuͤglichs ſehn, da wir jedoch ausdruͤcklich
wollen,
Daß wir zu Ehren unſers Schoͤpfers, und ſie, fuͤr uns ge-
macht ſeyn ſollen,
Von neuen ernſtlich nachgedacht, und mich mit allem Ernſt
bemuͤht,
Die eigentlich-und wahren Quellen, von dieſem Ungluͤck, zu
ergruͤnden,
Das man bey Frommen und bey Boͤſen, und uͤberall im
Schwange ſieht:
So deucht mich, daß wir ſie am klaͤrſten, in einer Art Ver-
ſtopfung, finden,
Womit die Roͤhren unſrer Sinnen, die Thuͤren zu den klugen
Seelen,
Behaftet und beſchweret ſcheinen. Jn dieſen zarten Hirn-Ca-
naͤlen,
Wodurch unſtreitig unſre Geiſter ſich mit der Creatur ver-
maͤhlen;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 730. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/754>, abgerufen am 21.12.2024.
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