Dieß Lehr-erfüllte Traum-Gesicht Hatt ich, zur späten Abendzeit, Zu anderer und meinem Unterricht, Mit inniger Bedachtsamkeit, Nicht ohn Vergnügen, nachgelesen; Als bald darauf der Schlaf mich überfiel. Der träumenden Gedanken Spiel Verändert abermal mein ganzes Wesen, So wie, zur Zeit des Schlafs, der Träume Schaar Mit Schlafenden zum öftern handelt, Und gleichsam unsern Stand u. ganzes Seyn verwandelt. Man glaubt, nicht das, nicht da zu seyn, Was, und wo man noch kurz vorhero war.
Ein lichter und so dichter Schein, Der meinen Blick ganz undurchdringlich füllte, Umgab, befloß mich ganz. Jch sah, vor überhäuftem Glanz Und strenger Fülle dieses Lichts, Zu Anfangs nichts, Bis ich nach kurzer Zeit (die mir die Augen stärkte,) Daß, ich mich sanft bewegt, und bey mir etwas merkte, Von herrlicher Gestalt, Das, in derselben Fahrt, mit mir zu fliegen schien. Der Glieder Symmetrie War unbeschreiblich schön; der Leib schien ein Rubin, Durchsichtig, hell und rein; die süsse Harmonie Der Farbe seines Rocks bestand aus gelb und grün,
Recht
T 2
Traum-Geſicht.
Zum Traum-Geſicht. Tom. IV. pag. 192.
Dieß Lehr-erfuͤllte Traum-Geſicht Hatt ich, zur ſpaͤten Abendzeit, Zu anderer und meinem Unterricht, Mit inniger Bedachtſamkeit, Nicht ohn Vergnuͤgen, nachgeleſen; Als bald darauf der Schlaf mich uͤberfiel. Der traͤumenden Gedanken Spiel Veraͤndert abermal mein ganzes Weſen, So wie, zur Zeit des Schlafs, der Traͤume Schaar Mit Schlafenden zum oͤftern handelt, Und gleichſam unſern Stand u. ganzes Seyn verwandelt. Man glaubt, nicht das, nicht da zu ſeyn, Was, und wo man noch kurz vorhero war.
Ein lichter und ſo dichter Schein, Der meinen Blick ganz undurchdringlich fuͤllte, Umgab, befloß mich ganz. Jch ſah, vor uͤberhaͤuftem Glanz Und ſtrenger Fuͤlle dieſes Lichts, Zu Anfangs nichts, Bis ich nach kurzer Zeit (die mir die Augen ſtaͤrkte,) Daß, ich mich ſanft bewegt, und bey mir etwas merkte, Von herrlicher Geſtalt, Das, in derſelben Fahrt, mit mir zu fliegen ſchien. Der Glieder Symmetrie War unbeſchreiblich ſchoͤn; der Leib ſchien ein Rubin, Durchſichtig, hell und rein; die ſuͤſſe Harmonie Der Farbe ſeines Rocks beſtand aus gelb und gruͤn,
Recht
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Traum-Geſicht.
Zum Traum-Geſicht.
Tom. IV. pag. 192.
Dieß Lehr-erfuͤllte Traum-Geſicht
Hatt ich, zur ſpaͤten Abendzeit,
Zu anderer und meinem Unterricht,
Mit inniger Bedachtſamkeit,
Nicht ohn Vergnuͤgen, nachgeleſen;
Als bald darauf der Schlaf mich uͤberfiel.
Der traͤumenden Gedanken Spiel
Veraͤndert abermal mein ganzes Weſen,
So wie, zur Zeit des Schlafs, der Traͤume Schaar
Mit Schlafenden zum oͤftern handelt,
Und gleichſam unſern Stand u. ganzes Seyn verwandelt.
Man glaubt, nicht das, nicht da zu ſeyn,
Was, und wo man noch kurz vorhero war.
Ein lichter und ſo dichter Schein,
Der meinen Blick ganz undurchdringlich fuͤllte,
Umgab, befloß mich ganz.
Jch ſah, vor uͤberhaͤuftem Glanz
Und ſtrenger Fuͤlle dieſes Lichts,
Zu Anfangs nichts,
Bis ich nach kurzer Zeit (die mir die Augen ſtaͤrkte,)
Daß, ich mich ſanft bewegt, und bey mir etwas merkte,
Von herrlicher Geſtalt,
Das, in derſelben Fahrt, mit mir zu fliegen ſchien.
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War unbeſchreiblich ſchoͤn; der Leib ſchien ein Rubin,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/315>, abgerufen am 21.12.2024.
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