Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Kaiser-Crone.
Die Kaiser-Crone.
B. Wer setzte deinen hohen Throu,
O prächtig-schöne Kaiser-Cron',
Allhier so nah am Rosen-Strauch?
Da ja der Dornen starre Spitzen,
An stat denselbigen zu stützen,
An stat die Blätter zu beschützen,
Dir deine Blätter gantz zerritzen?
K. So wie du denckest, denck ich auch.
Jch meint', in stetigem Vergnügen.
Auf frischen Rosen sanft zu liegen:
So aber reibet Eurus Hauch
Mich an die Dornen, ehe noch
Die Rosen aus den Knospen brechen;
Wodurch sie denn so manches Loch
Jn mich und meinen Purpur stechen,
Jhr Herrscher, die ihr Cronen tragt,
Lasst, was der Bluhmen Crone sagt,
Auch euch zur Lehr' ans Hertze gehen,
Jndem der allermeisten Cronen
Auch noch so fest gegründte Thronen
Beym Rosen-Strauch gepflantzet stehen.


Noch
Die Kaiſer-Crone.
Die Kaiſer-Crone.
B. Wer ſetzte deinen hohen Throu,
O praͤchtig-ſchoͤne Kaiſer-Cron’,
Allhier ſo nah am Roſen-Strauch?
Da ja der Dornen ſtarre Spitzen,
An ſtat denſelbigen zu ſtuͤtzen,
An ſtat die Blaͤtter zu beſchuͤtzen,
Dir deine Blaͤtter gantz zerritzen?
K. So wie du denckeſt, denck ich auch.
Jch meint’, in ſtetigem Vergnuͤgen.
Auf friſchen Roſen ſanft zu liegen:
So aber reibet Eurus Hauch
Mich an die Dornen, ehe noch
Die Roſen aus den Knoſpen brechen;
Wodurch ſie denn ſo manches Loch
Jn mich und meinen Purpur ſtechen,
Jhr Herrſcher, die ihr Cronen tragt,
Laſſt, was der Bluhmen Crone ſagt,
Auch euch zur Lehr’ ans Hertze gehen,
Jndem der allermeiſten Cronen
Auch noch ſo feſt gegruͤndte Thronen
Beym Roſen-Strauch gepflantzet ſtehen.


Noch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0093" n="61"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Kai&#x017F;er-Crone.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Die Kai&#x017F;er-Crone.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#aq">B.</hi><hi rendition="#in">W</hi>er &#x017F;etzte deinen hohen Throu,</l><lb/>
              <l>O pra&#x0364;chtig-&#x017F;cho&#x0364;ne Kai&#x017F;er-Cron&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Allhier &#x017F;o nah am Ro&#x017F;en-Strauch?</l><lb/>
              <l>Da ja der Dornen &#x017F;tarre Spitzen,</l><lb/>
              <l>An &#x017F;tat den&#x017F;elbigen zu &#x017F;tu&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>An &#x017F;tat die Bla&#x0364;tter zu be&#x017F;chu&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>Dir deine Bla&#x0364;tter gantz zerritzen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l><hi rendition="#aq">K.</hi> So wie du dencke&#x017F;t, denck ich auch.</l><lb/>
              <l>Jch meint&#x2019;, in &#x017F;tetigem Vergnu&#x0364;gen.</l><lb/>
              <l>Auf fri&#x017F;chen Ro&#x017F;en &#x017F;anft zu liegen:</l><lb/>
              <l>So aber reibet Eurus Hauch</l><lb/>
              <l>Mich an die Dornen, ehe noch</l><lb/>
              <l>Die Ro&#x017F;en aus den Kno&#x017F;pen brechen;</l><lb/>
              <l>Wodurch &#x017F;ie denn &#x017F;o manches Loch</l><lb/>
              <l>Jn mich und meinen Purpur &#x017F;techen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Jhr Herr&#x017F;cher, die ihr Cronen tragt,</l><lb/>
              <l>La&#x017F;&#x017F;t, was der Bluhmen Crone &#x017F;agt,</l><lb/>
              <l>Auch euch zur Lehr&#x2019; ans Hertze gehen,</l><lb/>
              <l>Jndem der allermei&#x017F;ten Cronen</l><lb/>
              <l>Auch noch &#x017F;o fe&#x017F;t gegru&#x0364;ndte Thronen</l><lb/>
              <l>Beym Ro&#x017F;en-Strauch gepflantzet &#x017F;tehen.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Noch</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0093] Die Kaiſer-Crone. Die Kaiſer-Crone. B. Wer ſetzte deinen hohen Throu, O praͤchtig-ſchoͤne Kaiſer-Cron’, Allhier ſo nah am Roſen-Strauch? Da ja der Dornen ſtarre Spitzen, An ſtat denſelbigen zu ſtuͤtzen, An ſtat die Blaͤtter zu beſchuͤtzen, Dir deine Blaͤtter gantz zerritzen? K. So wie du denckeſt, denck ich auch. Jch meint’, in ſtetigem Vergnuͤgen. Auf friſchen Roſen ſanft zu liegen: So aber reibet Eurus Hauch Mich an die Dornen, ehe noch Die Roſen aus den Knoſpen brechen; Wodurch ſie denn ſo manches Loch Jn mich und meinen Purpur ſtechen, Jhr Herrſcher, die ihr Cronen tragt, Laſſt, was der Bluhmen Crone ſagt, Auch euch zur Lehr’ ans Hertze gehen, Jndem der allermeiſten Cronen Auch noch ſo feſt gegruͤndte Thronen Beym Roſen-Strauch gepflantzet ſtehen. Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/93
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/93>, abgerufen am 21.12.2024.