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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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genommene Gedancken.
Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch,
Die Euter, die von Milch so überflüssig quillen,
Des Tages zweymahl anzufüllen:
Womit sich doch
Und zwar stat andrer Speis' allein,
Viel tausend Menschen-Kinder nehren.

Betrachtete man doch, dem weisen GOTT zu Ehren,
Dieß Wunder, welches man sonst leider nicht betrachtet,
Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens würdig achtet;
Man würd, o grosser GOTT, dich weis' und groß zu
nennen,

Sich nicht ersättigen, sich nicht ermüden können.


Bluhmen.
Hierauf begeb' ich mich in meinem Sinn
Nach einem Bluhmen-reichen Garten,
Und blühendem Gefild', im dencken, hin.
O welch ein Schmeltz! wie viele Arten
Von schönen Farben! welche Menge!
Und auch zugleich, o welche Symmetrie!
Wie stimmt dieß gläntzende Gepränge,
Jn einer süssen Harmonie,
Und, in dem bunten Wunder-Schein,
Die holde Mischung doch so lieblich überein!
Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht
So unbegreifflich schön gemacht?
Mit welchem Uberfluß sind hier die Zierlichkeiten
Ver-
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genommene Gedancken.
Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch,
Die Euter, die von Milch ſo uͤberfluͤſſig quillen,
Des Tages zweymahl anzufuͤllen:
Womit ſich doch
Und zwar ſtat andrer Speiſ’ allein,
Viel tauſend Menſchen-Kinder nehren.

Betrachtete man doch, dem weiſen GOTT zu Ehren,
Dieß Wunder, welches man ſonſt leider nicht betrachtet,
Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens wuͤrdig achtet;
Man wuͤrd, o groſſer GOTT, dich weiſ’ und groß zu
nennen,

Sich nicht erſaͤttigen, ſich nicht ermuͤden koͤnnen.


Bluhmen.
Hierauf begeb’ ich mich in meinem Sinn
Nach einem Bluhmen-reichen Garten,
Und bluͤhendem Gefild’, im dencken, hin.
O welch ein Schmeltz! wie viele Arten
Von ſchoͤnen Farben! welche Menge!
Und auch zugleich, o welche Symmetrie!
Wie ſtimmt dieß glaͤntzende Gepraͤnge,
Jn einer ſuͤſſen Harmonie,
Und, in dem bunten Wunder-Schein,
Die holde Miſchung doch ſo lieblich uͤberein!
Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht
So unbegreifflich ſchoͤn gemacht?
Mit welchem Uberfluß ſind hier die Zierlichkeiten
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[273/0305] genommene Gedancken. Dieß truckne Gras dient anderm Vieh dennoch, Die Euter, die von Milch ſo uͤberfluͤſſig quillen, Des Tages zweymahl anzufuͤllen: Womit ſich doch Und zwar ſtat andrer Speiſ’ allein, Viel tauſend Menſchen-Kinder nehren. Betrachtete man doch, dem weiſen GOTT zu Ehren, Dieß Wunder, welches man ſonſt leider nicht betrachtet, Und, durch Gewohnheit, kaum des denckens wuͤrdig achtet; Man wuͤrd, o groſſer GOTT, dich weiſ’ und groß zu nennen, Sich nicht erſaͤttigen, ſich nicht ermuͤden koͤnnen. Bluhmen. Hierauf begeb’ ich mich in meinem Sinn Nach einem Bluhmen-reichen Garten, Und bluͤhendem Gefild’, im dencken, hin. O welch ein Schmeltz! wie viele Arten Von ſchoͤnen Farben! welche Menge! Und auch zugleich, o welche Symmetrie! Wie ſtimmt dieß glaͤntzende Gepraͤnge, Jn einer ſuͤſſen Harmonie, Und, in dem bunten Wunder-Schein, Die holde Miſchung doch ſo lieblich uͤberein! Welch eine Schilderey! wer hat die Pracht So unbegreifflich ſchoͤn gemacht? Mit welchem Uberfluß ſind hier die Zierlichkeiten Ver- S

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/305>, abgerufen am 21.12.2024.