Nachdem mein Geist, wie er zum öfftern pfleget, Die mancherley Geschöpfe, die die Welt Zu unsrer Lust, in sich enthält, Mit Lust und mit Verwundrung überleget; Nahm, nach entwichnem Sonnen-Schein, Und bey gekühlter Abend-Zeit, Der Glieder Müdigkeit Kein ordentlicher Schlaff, ein' Art von Schlummer, ein.
Es kam mir vor, als würd' ich weggerückt, Und durch ein weites Leer voll schwartzer Dunckelheit, Jn unbeschreiblicher Geschwindigkeit, Von einer fremden Krafft geführt, und als entzückt.
Nachdem ich lange Zeit so hefftig fortgezogen, Und, wie ein schneller Pfeil, beständig fortgeflogen; Erblickt' ich in der freyen Lufft, Nicht weit von mir, ein grosses Rund von Dufft, Das, recht als eine grosse Welt, Sich mir vor Augen stellt, Wohin, so wie es ließ, mein Reisen zielte, Und wohinein ich mich geführet fühlte.
Jch war derselben Welt noch nicht gar nah gekommen, Als ich bereits von einer Lieblichkeit, Die unbeschreiblich ist, mich nicht nur eingenommen, Gantz angefüllet fand. Ein angewürtzter Schwall Des trefflichsten Geruchs nahm überall
Und
Traum-Geſicht.
Traum-Geſicht.
Nachdem mein Geiſt, wie er zum oͤfftern pfleget, Die mancherley Geſchoͤpfe, die die Welt Zu unſrer Luſt, in ſich enthaͤlt, Mit Luſt und mit Verwundrung uͤberleget; Nahm, nach entwichnem Sonnen-Schein, Und bey gekuͤhlter Abend-Zeit, Der Glieder Muͤdigkeit Kein ordentlicher Schlaff, ein’ Art von Schlummer, ein.
Es kam mir vor, als wuͤrd’ ich weggeruͤckt, Und durch ein weites Leer voll ſchwartzer Dunckelheit, Jn unbeſchreiblicher Geſchwindigkeit, Von einer fremden Krafft gefuͤhrt, und als entzuͤckt.
Nachdem ich lange Zeit ſo hefftig fortgezogen, Und, wie ein ſchneller Pfeil, beſtaͤndig fortgeflogen; Erblickt’ ich in der freyen Lufft, Nicht weit von mir, ein groſſes Rund von Dufft, Das, recht als eine groſſe Welt, Sich mir vor Augen ſtellt, Wohin, ſo wie es ließ, mein Reiſen zielte, Und wohinein ich mich gefuͤhret fuͤhlte.
Jch war derſelben Welt noch nicht gar nah gekommen, Als ich bereits von einer Lieblichkeit, Die unbeſchreiblich iſt, mich nicht nur eingenommen, Gantz angefuͤllet fand. Ein angewuͤrtzter Schwall Des trefflichſten Geruchs nahm uͤberall
Und
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Traum-Geſicht.
Traum-Geſicht.
Nachdem mein Geiſt, wie er zum oͤfftern pfleget,
Die mancherley Geſchoͤpfe, die die Welt
Zu unſrer Luſt, in ſich enthaͤlt,
Mit Luſt und mit Verwundrung uͤberleget;
Nahm, nach entwichnem Sonnen-Schein,
Und bey gekuͤhlter Abend-Zeit,
Der Glieder Muͤdigkeit
Kein ordentlicher Schlaff, ein’ Art von Schlummer, ein.
Es kam mir vor, als wuͤrd’ ich weggeruͤckt,
Und durch ein weites Leer voll ſchwartzer Dunckelheit,
Jn unbeſchreiblicher Geſchwindigkeit,
Von einer fremden Krafft gefuͤhrt, und als entzuͤckt.
Nachdem ich lange Zeit ſo hefftig fortgezogen,
Und, wie ein ſchneller Pfeil, beſtaͤndig fortgeflogen;
Erblickt’ ich in der freyen Lufft,
Nicht weit von mir, ein groſſes Rund von Dufft,
Das, recht als eine groſſe Welt,
Sich mir vor Augen ſtellt,
Wohin, ſo wie es ließ, mein Reiſen zielte,
Und wohinein ich mich gefuͤhret fuͤhlte.
Jch war derſelben Welt noch nicht gar nah gekommen,
Als ich bereits von einer Lieblichkeit,
Die unbeſchreiblich iſt, mich nicht nur eingenommen,
Gantz angefuͤllet fand. Ein angewuͤrtzter Schwall
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/224>, abgerufen am 22.02.2025.
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