Betrachtung des Schlafs, als eine Göttliche Wohlthat, bey dem 1728sten Jahres-Wechsel.
Wofern uns eine Zeit zu GOTTES Ruhm verpflichtet, So ist es die ja wol, wenn ein verneu'tes Jahr Den Theil von unsrer Welt zur Sonnen wieder richtet, Wovon im vorigen sie weit gewichen war. Wolan denn, weil die Zeit nun abermal erschienen, Da sich des Schöpffers Macht, in der sich dreh'nden Welt, Zum Nutz der Creatur, aufs neu' vor Augen stellt; So lasst uns Jhn nicht nur mit solchen Dancken dienen, Das bloß nach Eigen-Lieb' und eig'nen Vortheil schmeckt, Da man sich selbst aus Ernst; mit eitlem Wort-Gepränge Hingegen andern offt, worinnen sonst nichts steckt, Als bloß ein Schall und leerer Töne Menge, Ein frölichs Neu-Jahr wünscht. Nein, lasst uns uns er- wecken, Aus dem Gewohnheits-Schlaf! Auf! lasst uns, GOTT zum Preise, Ein herrlichs Gut, das er, auf wunderbarer Weise, Jn unserm Leben uns so wunderbar zu schencken, So gnädig würdiget; betrachten, überdencken Und wohl behertzigen. Denn es ist eins der grösten, Der wunderwürdigsten und besten, Wenn man es recht betrachtet und erwegt, Was unser GOTT darinn für Nutz und Lust gelegt.
Auf! lasst uns in der Zeit und ihren Wechsel mercken Auf unsre halbe Zeit. Es ist die dunckle Nacht,
Es
Betrachtung des Schlafs, als eine Goͤttliche Wohlthat, bey dem 1728ſten Jahres-Wechſel.
Wofern uns eine Zeit zu GOTTES Ruhm verpflichtet, So iſt es die ja wol, wenn ein verneu’tes Jahr Den Theil von unſrer Welt zur Sonnen wieder richtet, Wovon im vorigen ſie weit gewichen war. Wolan denn, weil die Zeit nun abermal erſchienen, Da ſich des Schoͤpffers Macht, in der ſich dreh’nden Welt, Zum Nutz der Creatur, aufs neu’ vor Augen ſtellt; So laſſt uns Jhn nicht nur mit ſolchen Dancken dienen, Das bloß nach Eigen-Lieb’ und eig’nen Vortheil ſchmeckt, Da man ſich ſelbſt aus Ernſt; mit eitlem Wort-Gepraͤnge Hingegen andern offt, worinnen ſonſt nichts ſteckt, Als bloß ein Schall und leerer Toͤne Menge, Ein froͤlichs Neu-Jahr wuͤnſcht. Nein, laſſt uns uns er- wecken, Aus dem Gewohnheits-Schlaf! Auf! laſſt uns, GOTT zum Preiſe, Ein herrlichs Gut, das er, auf wunderbarer Weiſe, Jn unſerm Leben uns ſo wunderbar zu ſchencken, So gnaͤdig wuͤrdiget; betrachten, uͤberdencken Und wohl behertzigen. Denn es iſt eins der groͤſten, Der wunderwuͤrdigſten und beſten, Wenn man es recht betrachtet und erwegt, Was unſer GOTT darinn fuͤr Nutz und Luſt gelegt.
Auf! laſſt uns in der Zeit und ihren Wechſel mercken Auf unſre halbe Zeit. Es iſt die dunckle Nacht,
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Betrachtung des Schlafs,
als
eine Goͤttliche Wohlthat,
bey dem 1728ſten Jahres-Wechſel.
Wofern uns eine Zeit zu GOTTES Ruhm verpflichtet,
So iſt es die ja wol, wenn ein verneu’tes Jahr
Den Theil von unſrer Welt zur Sonnen wieder richtet,
Wovon im vorigen ſie weit gewichen war.
Wolan denn, weil die Zeit nun abermal erſchienen,
Da ſich des Schoͤpffers Macht, in der ſich dreh’nden Welt,
Zum Nutz der Creatur, aufs neu’ vor Augen ſtellt;
So laſſt uns Jhn nicht nur mit ſolchen Dancken dienen,
Das bloß nach Eigen-Lieb’ und eig’nen Vortheil ſchmeckt,
Da man ſich ſelbſt aus Ernſt; mit eitlem Wort-Gepraͤnge
Hingegen andern offt, worinnen ſonſt nichts ſteckt,
Als bloß ein Schall und leerer Toͤne Menge,
Ein froͤlichs Neu-Jahr wuͤnſcht. Nein, laſſt uns uns er-
wecken,
Aus dem Gewohnheits-Schlaf! Auf! laſſt uns, GOTT
zum Preiſe,
Ein herrlichs Gut, das er, auf wunderbarer Weiſe,
Jn unſerm Leben uns ſo wunderbar zu ſchencken,
So gnaͤdig wuͤrdiget; betrachten, uͤberdencken
Und wohl behertzigen. Denn es iſt eins der groͤſten,
Der wunderwuͤrdigſten und beſten,
Wenn man es recht betrachtet und erwegt,
Was unſer GOTT darinn fuͤr Nutz und Luſt gelegt.
Auf! laſſt uns in der Zeit und ihren Wechſel mercken
Auf unſre halbe Zeit. Es iſt die dunckle Nacht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/697>, abgerufen am 22.02.2025.
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