Umläufft wol unser Aug den Creis, der allgemein? Wenn man den grossen Bau des Firmamentes misst; Lässt dann die Seele, die in sich erleuchtet ist, Jhr Jnstrument, das leiblich, nicht allein? Sie öffnet sich so gar den Eingang zu den Sternen, Sieht ihre Symmetrie und ew'gen Wunder-Schein, Und muß in ihrem Schwung betrachtet seyn, Daß sie vom irdschen Joch geschickt sich zu entfernen.
Von Spiegeln und Fern- Gläsern.
Wenn unsre Augen nun, vom SCHOEPFFER zugericht, Nur Jnstrumente sind für das Gesicht; So sind die Fern-und Spiegel-Gläser auch Nicht minder eine Art von Augen, Ja die der Unsrigen Gebrauch Noch gleichsam zu verbessern taugen, Die Menschen-Kunst nach dem Modell gemacht, Das GOTTES Wunder-Hand hervorgebracht.
Und nichts erweiset uns mit größrer Klarheit Von dem, was vom Gesicht wir erst gesagt, die Wahrheit. Ein jedes Spiegel-Glas und Fern-Glas zeigt vollkommen Die Meinung, die wir angenommen.
Es
H h 2
Von dem Geſicht.
Umlaͤufft wol unſer Aug den Creis, der allgemein? Wenn man den groſſen Bau des Firmamentes miſſt; Laͤſſt dann die Seele, die in ſich erleuchtet iſt, Jhr Jnſtrument, das leiblich, nicht allein? Sie oͤffnet ſich ſo gar den Eingang zu den Sternen, Sieht ihre Symmetrie und ew’gen Wunder-Schein, Und muß in ihrem Schwung betrachtet ſeyn, Daß ſie vom irdſchen Joch geſchickt ſich zu entfernen.
Von Spiegeln und Fern- Glaͤſern.
Wenn unſre Augen nun, vom SCHOEPFFER zugericht, Nur Jnſtrumente ſind fuͤr das Geſicht; So ſind die Fern-und Spiegel-Glaͤſer auch Nicht minder eine Art von Augen, Ja die der Unſrigen Gebrauch Noch gleichſam zu verbeſſern taugen, Die Menſchen-Kunſt nach dem Modell gemacht, Das GOTTES Wunder-Hand hervorgebracht.
Und nichts erweiſet uns mit groͤßrer Klarheit Von dem, was vom Geſicht wir erſt geſagt, die Wahrheit. Ein jedes Spiegel-Glas und Fern-Glas zeigt vollkommen Die Meinung, die wir angenommen.
Es
H h 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0513"n="483"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem Geſicht.</hi></fw><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">U</hi>mlaͤufft wol unſer Aug den Creis, der allgemein?</l><lb/><l>Wenn man den groſſen Bau des Firmamentes miſſt;</l><lb/><l>Laͤſſt dann die Seele, die in ſich erleuchtet iſt,</l><lb/><l>Jhr Jnſtrument, das leiblich, nicht allein?</l><lb/><l>Sie oͤffnet ſich ſo gar den Eingang zu den Sternen,</l><lb/><l>Sieht ihre Symmetrie und ew’gen Wunder-Schein,</l><lb/><l>Und muß in ihrem Schwung betrachtet ſeyn,</l><lb/><l>Daß ſie vom irdſchen Joch geſchickt ſich zu entfernen.</l></lg></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Von Spiegeln und Fern-<lb/>
Glaͤſern.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">W</hi>enn unſre Augen nun, vom SCHOEPFFER zugericht,</l><lb/><l>Nur Jnſtrumente ſind fuͤr das Geſicht;</l><lb/><l>So ſind die Fern-und Spiegel-Glaͤſer auch</l><lb/><l>Nicht minder eine Art von Augen,</l><lb/><l>Ja die der Unſrigen Gebrauch</l><lb/><l>Noch gleichſam zu verbeſſern taugen,</l><lb/><l>Die Menſchen-Kunſt nach dem Modell gemacht,</l><lb/><l>Das GOTTES Wunder-Hand hervorgebracht.</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">U</hi>nd nichts erweiſet uns mit groͤßrer Klarheit</l><lb/><l>Von dem, was vom Geſicht wir erſt geſagt, die Wahrheit.</l><lb/><l>Ein jedes Spiegel-Glas und Fern-Glas zeigt vollkommen</l><lb/><l>Die Meinung, die wir angenommen.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">H h 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[483/0513]
Von dem Geſicht.
Umlaͤufft wol unſer Aug den Creis, der allgemein?
Wenn man den groſſen Bau des Firmamentes miſſt;
Laͤſſt dann die Seele, die in ſich erleuchtet iſt,
Jhr Jnſtrument, das leiblich, nicht allein?
Sie oͤffnet ſich ſo gar den Eingang zu den Sternen,
Sieht ihre Symmetrie und ew’gen Wunder-Schein,
Und muß in ihrem Schwung betrachtet ſeyn,
Daß ſie vom irdſchen Joch geſchickt ſich zu entfernen.
Von Spiegeln und Fern-
Glaͤſern.
Wenn unſre Augen nun, vom SCHOEPFFER zugericht,
Nur Jnſtrumente ſind fuͤr das Geſicht;
So ſind die Fern-und Spiegel-Glaͤſer auch
Nicht minder eine Art von Augen,
Ja die der Unſrigen Gebrauch
Noch gleichſam zu verbeſſern taugen,
Die Menſchen-Kunſt nach dem Modell gemacht,
Das GOTTES Wunder-Hand hervorgebracht.
Und nichts erweiſet uns mit groͤßrer Klarheit
Von dem, was vom Geſicht wir erſt geſagt, die Wahrheit.
Ein jedes Spiegel-Glas und Fern-Glas zeigt vollkommen
Die Meinung, die wir angenommen.
Es
H h 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Herrn B. H. Brockes, [...] verdeutschte Grund-Sätze der Welt-Weisheit, des Herrn Abts Genest. Bd. 3. 2. Aufl. Hamburg, 1730, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen03_1730/513>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.