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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Die Ranunkel.
Jm Frühling, da das Feld und alles lieblich blühte,
Zu Mittag', als im Stral der Sonnen alles glühte,
Trat ich, sowol von Lust als froher Andacht heiß,
Jn meinen Garten ein. Von aller Blätter Zungen,
Von aller Bluhmen Glanz ward GOttes Macht besungen
Jn einem sanften Ton. Ein recht lebendig Grün
Der Kräuter, samt dem Schmuck der Bluhmen zeigten Jhn
Und Seine Gegenwart. Die weiss- und rote Blühte,
Als Mütter süsser Frucht, die stellten Seine Güte
Jm Schmuck und Nutzen dar. Die Luft, voll süsser Gluht
Und heit'rer Fruchtbarkeit, die Silber-reine Flut
Voll Fische, Glätt' und Glanz, zumal die Pracht der Erde,
Verdien't, sprach ich, ja wol, daß Der besungen werde,
Der ihren Schmuck gemacht, durch Dessen Huld allein
Zu uns'rem Nutz so viel Geschöpf' erschaffen seyn.
Denn bloß in uns'rer Lust, zu ihres Schöpfers Ruhme
Entspriesset jede Pflanz', und färb't sich jede Bluhme.
Jch wandte mich darauf zur Rechten, wo ein Heer
Von bunten Bluhmen stand, und ward von ungefehr
Verschiedener gewahr,
Die alle rötlich blüh'ten,
Und doch in wunderbar
Verschied'ner Röte glüh'ten.
Der Anemonen Rot war dem Zinnober gleich,
Wenn die Päonie von dunklem Purpur reich,
Die Ros' an Fleisch-Farb war. Doch wurden sie besieget
Durch noch ein stärker rot, das ich zur linken Hand
An einem andern Ort fast mit Erstaunen fand,
Als wär' es würklich Feu'r. Jch sah ein glimmend funkeln,
Geschür'ten Kolen gleich. Viel brennender Ranunkeln
Fast lodernd-glühender und dunkel-roter Schein
Schien nicht wie Feu'r gefärb't; recht würklich Feu'r, zu seyn,

Zu
Die Ranunkel.
Jm Fruͤhling, da das Feld und alles lieblich bluͤhte,
Zu Mittag’, als im Stral der Sonnen alles gluͤhte,
Trat ich, ſowol von Luſt als froher Andacht heiß,
Jn meinen Garten ein. Von aller Blaͤtter Zungen,
Von aller Bluhmen Glanz ward GOttes Macht beſungen
Jn einem ſanften Ton. Ein recht lebendig Gruͤn
Der Kraͤuter, ſamt dem Schmuck der Bluhmen zeigten Jhn
Und Seine Gegenwart. Die weiſſ- und rote Bluͤhte,
Als Muͤtter ſuͤſſer Frucht, die ſtellten Seine Guͤte
Jm Schmuck und Nutzen dar. Die Luft, voll ſuͤſſer Gluht
Und heit’rer Fruchtbarkeit, die Silber-reine Flut
Voll Fiſche, Glaͤtt’ und Glanz, zumal die Pracht der Erde,
Verdien’t, ſprach ich, ja wol, daß Der beſungen werde,
Der ihren Schmuck gemacht, durch Deſſen Huld allein
Zu unſ’rem Nutz ſo viel Geſchoͤpf’ erſchaffen ſeyn.
Denn bloß in unſ’rer Luſt, zu ihres Schoͤpfers Ruhme
Entſprieſſet jede Pflanz’, und faͤrb’t ſich jede Bluhme.
Jch wandte mich darauf zur Rechten, wo ein Heer
Von bunten Bluhmen ſtand, und ward von ungefehr
Verſchiedener gewahr,
Die alle roͤtlich bluͤh’ten,
Und doch in wunderbar
Verſchied’ner Roͤte gluͤh’ten.
Der Anemonen Rot war dem Zinnober gleich,
Wenn die Paͤonie von dunklem Purpur reich,
Die Roſ’ an Fleiſch-Farb war. Doch wurden ſie beſieget
Durch noch ein ſtaͤrker rot, das ich zur linken Hand
An einem andern Ort faſt mit Erſtaunen fand,
Als waͤr’ es wuͤrklich Feu’r. Jch ſah ein glimmend funkeln,
Geſchuͤr’ten Kolen gleich. Viel brennender Ranunkeln
Faſt lodernd-gluͤhender und dunkel-roter Schein
Schien nicht wie Feu’r gefaͤrb’t; recht wuͤrklich Feu’r, zu ſeyn,

Zu
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[63/0099] Die Ranunkel. Jm Fruͤhling, da das Feld und alles lieblich bluͤhte, Zu Mittag’, als im Stral der Sonnen alles gluͤhte, Trat ich, ſowol von Luſt als froher Andacht heiß, Jn meinen Garten ein. Von aller Blaͤtter Zungen, Von aller Bluhmen Glanz ward GOttes Macht beſungen Jn einem ſanften Ton. Ein recht lebendig Gruͤn Der Kraͤuter, ſamt dem Schmuck der Bluhmen zeigten Jhn Und Seine Gegenwart. Die weiſſ- und rote Bluͤhte, Als Muͤtter ſuͤſſer Frucht, die ſtellten Seine Guͤte Jm Schmuck und Nutzen dar. Die Luft, voll ſuͤſſer Gluht Und heit’rer Fruchtbarkeit, die Silber-reine Flut Voll Fiſche, Glaͤtt’ und Glanz, zumal die Pracht der Erde, Verdien’t, ſprach ich, ja wol, daß Der beſungen werde, Der ihren Schmuck gemacht, durch Deſſen Huld allein Zu unſ’rem Nutz ſo viel Geſchoͤpf’ erſchaffen ſeyn. Denn bloß in unſ’rer Luſt, zu ihres Schoͤpfers Ruhme Entſprieſſet jede Pflanz’, und faͤrb’t ſich jede Bluhme. Jch wandte mich darauf zur Rechten, wo ein Heer Von bunten Bluhmen ſtand, und ward von ungefehr Verſchiedener gewahr, Die alle roͤtlich bluͤh’ten, Und doch in wunderbar Verſchied’ner Roͤte gluͤh’ten. Der Anemonen Rot war dem Zinnober gleich, Wenn die Paͤonie von dunklem Purpur reich, Die Roſ’ an Fleiſch-Farb war. Doch wurden ſie beſieget Durch noch ein ſtaͤrker rot, das ich zur linken Hand An einem andern Ort faſt mit Erſtaunen fand, Als waͤr’ es wuͤrklich Feu’r. Jch ſah ein glimmend funkeln, Geſchuͤr’ten Kolen gleich. Viel brennender Ranunkeln Faſt lodernd-gluͤhender und dunkel-roter Schein Schien nicht wie Feu’r gefaͤrb’t; recht wuͤrklich Feu’r, zu ſeyn, Zu

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/99>, abgerufen am 30.12.2024.