Jesaiae L, 3. GOtt kleider den Himmel mit Dunkel, und macher seine Decke als einen Sack.
Weit minder aufgeräumt, als ich sonst pflag, Begab ich mich im Herbst, an einem trüben Tag' Ans Fenster, um durch dessen Scheiben, Jn der Veränderung der Vorwürf', eine Schwerde, Die meine Sinne drückt', ein wenig zu vertreiben: Allein, Verwund'rungs-voll, fand ich nicht Luft, nicht Erde.
Des Himmels sonst so heit'res Blau Verhüllt' ein kaltes feucht- und trübes Grau: Ein Etwas, das man sehn und doch nicht sehen kunnt', Hatt' alles gleichsam eingeschluckt. Mein, sonder Gegenstand, verwirretes Gesicht Ward durch den falben Duft, Der weder schwarz noch weiß, und durch die schwere Luft, Worin fast gar kein Licht, So wie die Erd' und Flut, gedruckt.
Die Cörper schienen recht ein Blendwerk und ein Schein, Ja ganz uncörperlich, zu seyn: Gebäude sahen aus, wie ein verdickter Duft, Ja recht wie Schlösser in der Luft; Die Wagen konnte man nicht sehen, bloß nur hören. Ein' allgemeine Dämmerung,
Die
II. Theil. C c
Ein neblichtes und ſchlackriges Wetter.
Jeſaiæ L, 3. GOtt kleider den Himmel mit Dunkel, und macher ſeine Decke als einen Sack.
Weit minder aufgeraͤumt, als ich ſonſt pflag, Begab ich mich im Herbſt, an einem truͤben Tag’ Ans Fenſter, um durch deſſen Scheiben, Jn der Veraͤnderung der Vorwuͤrf’, eine Schwerde, Die meine Sinne druͤckt’, ein wenig zu vertreiben: Allein, Verwund’rungs-voll, fand ich nicht Luft, nicht Erde.
Des Himmels ſonſt ſo heit’res Blau Verhuͤllt’ ein kaltes feucht- und truͤbes Grau: Ein Etwas, das man ſehn und doch nicht ſehen kunnt’, Hatt’ alles gleichſam eingeſchluckt. Mein, ſonder Gegenſtand, verwirretes Geſicht Ward durch den falben Duft, Der weder ſchwarz noch weiß, und durch die ſchwere Luft, Worin faſt gar kein Licht, So wie die Erd’ und Flut, gedruckt.
Die Coͤrper ſchienen recht ein Blendwerk und ein Schein, Ja ganz uncoͤrperlich, zu ſeyn: Gebaͤude ſahen aus, wie ein verdickter Duft, Ja recht wie Schloͤſſer in der Luft; Die Wagen konnte man nicht ſehen, bloß nur hoͤren. Ein’ allgemeine Daͤmmerung,
Die
II. Theil. C c
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Ein neblichtes und ſchlackriges
Wetter.
Jeſaiæ L, 3.
GOtt kleider den Himmel mit Dunkel, und
macher ſeine Decke als einen Sack.
Weit minder aufgeraͤumt, als ich ſonſt pflag,
Begab ich mich im Herbſt, an einem truͤben Tag’
Ans Fenſter, um durch deſſen Scheiben,
Jn der Veraͤnderung der Vorwuͤrf’, eine Schwerde,
Die meine Sinne druͤckt’, ein wenig zu vertreiben:
Allein, Verwund’rungs-voll, fand ich nicht Luft, nicht Erde.
Des Himmels ſonſt ſo heit’res Blau
Verhuͤllt’ ein kaltes feucht- und truͤbes Grau:
Ein Etwas, das man ſehn und doch nicht ſehen kunnt’,
Hatt’ alles gleichſam eingeſchluckt.
Mein, ſonder Gegenſtand, verwirretes Geſicht
Ward durch den falben Duft,
Der weder ſchwarz noch weiß, und durch die ſchwere Luft,
Worin faſt gar kein Licht,
So wie die Erd’ und Flut, gedruckt.
Die Coͤrper ſchienen recht ein Blendwerk und ein Schein,
Ja ganz uncoͤrperlich, zu ſeyn:
Gebaͤude ſahen aus, wie ein verdickter Duft,
Ja recht wie Schloͤſſer in der Luft;
Die Wagen konnte man nicht ſehen, bloß nur hoͤren.
Ein’ allgemeine Daͤmmerung,
Die
II. Theil. C c
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/437>, abgerufen am 22.02.2025.
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