So gar auf einem öden Lande, Wo weder Baum, noch Strauch, noch Gras, Selbst in dem unfruchtbaren Sande Find't ein betrachtend Auge was, Jn diesem schönen Welt-Gebäude, Zu GOttes Ehr' und eig'ner Freude.
Auf! lasset uns denn weiter gehn, Und GOTT zum Ruhm was sehn, auch wenn wir nichts fast sehn! Es sind ja Creaturen Die Sandes-Körner selbst und Teilchen uns'rer Erden, Da, wenn man nichts fast sieht, doch allerley Figuren Von eingedruckten Spuren Jm dürren Sande ja gefunden werden. Jn kleinen Tiefen, kleinen Höh'n Kann ein aufmerksam Herz so Licht als Schatten sehn. Man kann, wenn man so gar allein, Daß weder Laub, noch Kraut, noch Bäume bey uns seyn, Dennoch Veränderung und auch Vergnügen finden, Wenn wir das Denken nur mit unserm Blick verbinden. Es kommet jeder Sand-Korn mir Als wie ein kleines Glied Der allgemeinen Mutter für. Von uns'rer Welt ist es ein würklich Teilchen mit. Die Kleinheit, Festigkeit, die Klarheit, Glätt' und Ründe, Die ich in manchem Sand-Korn finde,
Wo-
Der Sand.
So gar auf einem oͤden Lande, Wo weder Baum, noch Strauch, noch Gras, Selbſt in dem unfruchtbaren Sande Find’t ein betrachtend Auge was, Jn dieſem ſchoͤnen Welt-Gebaͤude, Zu GOttes Ehr’ und eig’ner Freude.
Auf! laſſet uns denn weiter gehn, Und GOTT zum Ruhm was ſehn, auch wenn wir nichts faſt ſehn! Es ſind ja Creaturen Die Sandes-Koͤrner ſelbſt und Teilchen unſ’rer Erden, Da, wenn man nichts faſt ſieht, doch allerley Figuren Von eingedruckten Spuren Jm duͤrren Sande ja gefunden werden. Jn kleinen Tiefen, kleinen Hoͤh’n Kann ein aufmerkſam Herz ſo Licht als Schatten ſehn. Man kann, wenn man ſo gar allein, Daß weder Laub, noch Kraut, noch Baͤume bey uns ſeyn, Dennoch Veraͤnderung und auch Vergnuͤgen finden, Wenn wir das Denken nur mit unſerm Blick verbinden. Es kommet jeder Sand-Korn mir Als wie ein kleines Glied Der allgemeinen Mutter fuͤr. Von unſ’rer Welt iſt es ein wuͤrklich Teilchen mit. Die Kleinheit, Feſtigkeit, die Klarheit, Glaͤtt’ und Ruͤnde, Die ich in manchem Sand-Korn finde,
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Der Sand.
So gar auf einem oͤden Lande,
Wo weder Baum, noch Strauch, noch Gras,
Selbſt in dem unfruchtbaren Sande
Find’t ein betrachtend Auge was,
Jn dieſem ſchoͤnen Welt-Gebaͤude,
Zu GOttes Ehr’ und eig’ner Freude.
Auf! laſſet uns denn weiter gehn,
Und GOTT zum Ruhm was ſehn, auch wenn wir nichts
faſt ſehn!
Es ſind ja Creaturen
Die Sandes-Koͤrner ſelbſt und Teilchen unſ’rer Erden,
Da, wenn man nichts faſt ſieht, doch allerley Figuren
Von eingedruckten Spuren
Jm duͤrren Sande ja gefunden werden.
Jn kleinen Tiefen, kleinen Hoͤh’n
Kann ein aufmerkſam Herz ſo Licht als Schatten ſehn.
Man kann, wenn man ſo gar allein,
Daß weder Laub, noch Kraut, noch Baͤume bey uns ſeyn,
Dennoch Veraͤnderung und auch Vergnuͤgen finden,
Wenn wir das Denken nur mit unſerm Blick verbinden.
Es kommet jeder Sand-Korn mir
Als wie ein kleines Glied
Der allgemeinen Mutter fuͤr.
Von unſ’rer Welt iſt es ein wuͤrklich Teilchen mit.
Die Kleinheit, Feſtigkeit, die Klarheit, Glaͤtt’ und Ruͤnde,
Die ich in manchem Sand-Korn finde,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/254>, abgerufen am 22.02.2025.
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