Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Die himmlische Schrift.
Jhr Sonnen, die ihr ohne Zal
Jm unergründlichen unendlich-weiten Thal
Des holen Firmamentes stehet:
Jhr Welte, die ihr euch um diese Sonnen drehet,
Die voller Wärm und Licht, voll Stralen, Glanz und Gluht;
Es soll von euch mein fast entzückter Mut
Ein Andachts-volles Lied, ein Ehr-erbietigs singen
Dem Grossen All zum Opfer bringen.
Jch füle, daß mein angeflammter Geist
Dem gross- und kleinen Kreis der Erde sich entreisst,
Zugleich sich in die Tief' ohn' End' und Anfang neiget,
Zugleich auch in die Höh' ohn' End' und Gränzen steiget.
Ein feur'ger Andachts-Trieb
Versetzt mich in die Ewigkeit.
Mein denkend Wesen breitet sich
Jn's ungemess'ne Sternen-Haus,
Vor Ehrfurcht stumm, vor Lust erstaunet, aus.
Da ich anitzt die allertiefste Höhe,
Den unbegrenzten Raum des holen Himmels, sehe,
Die Weite sonder Ziel, die GOtt allein erfüllet,
Wo Sein unendlich ewig Kleid,
Geweb't aus Licht und Dunkelheit,
Sein Wesen zeiget und verhüllet;
So stellet dieser Raum recht sichtbar, hell und klar
Nicht unserm Geiste nur, den Augen selber, dar
Selbst die Unendlichkeit,

Jn
Die himmliſche Schrift.
Jhr Sonnen, die ihr ohne Zal
Jm unergruͤndlichen unendlich-weiten Thal
Des holen Firmamentes ſtehet:
Jhr Welte, die ihr euch um dieſe Sonnen drehet,
Die voller Waͤrm und Licht, voll Stralen, Glanz und Gluht;
Es ſoll von euch mein faſt entzuͤckter Mut
Ein Andachts-volles Lied, ein Ehr-erbietigs ſingen
Dem Groſſen All zum Opfer bringen.
Jch fuͤle, daß mein angeflammter Geiſt
Dem groſſ- und kleinen Kreis der Erde ſich entreiſſt,
Zugleich ſich in die Tief’ ohn’ End’ und Anfang neiget,
Zugleich auch in die Hoͤh’ ohn’ End’ und Graͤnzen ſteiget.
Ein feur’ger Andachts-Trieb
Verſetzt mich in die Ewigkeit.
Mein denkend Weſen breitet ſich
Jn’s ungemeſſ’ne Sternen-Haus,
Vor Ehrfurcht ſtumm, vor Luſt erſtaunet, aus.
Da ich anitzt die allertiefſte Hoͤhe,
Den unbegrenzten Raum des holen Himmels, ſehe,
Die Weite ſonder Ziel, die GOtt allein erfuͤllet,
Wo Sein unendlich ewig Kleid,
Geweb’t aus Licht und Dunkelheit,
Sein Weſen zeiget und verhuͤllet;
So ſtellet dieſer Raum recht ſichtbar, hell und klar
Nicht unſerm Geiſte nur, den Augen ſelber, dar
Selbſt die Unendlichkeit,

Jn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0216" n="180"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die himmli&#x017F;che Schrift.</hi> </head><lb/>
          <lg n="19">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>hr Sonnen, die ihr ohne Zal</l><lb/>
            <l>Jm unergru&#x0364;ndlichen unendlich-weiten Thal</l><lb/>
            <l>Des holen Firmamentes &#x017F;tehet:</l><lb/>
            <l>Jhr Welte, die ihr euch um die&#x017F;e Sonnen drehet,</l><lb/>
            <l>Die voller Wa&#x0364;rm und Licht, voll Stralen, Glanz und Gluht;</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;oll von euch mein fa&#x017F;t entzu&#x0364;ckter Mut</l><lb/>
            <l>Ein Andachts-volles Lied, ein Ehr-erbietigs &#x017F;ingen</l><lb/>
            <l>Dem Gro&#x017F;&#x017F;en All zum Opfer bringen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="20">
            <l>Jch fu&#x0364;le, daß mein angeflammter Gei&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Dem gro&#x017F;&#x017F;- und kleinen Kreis der Erde &#x017F;ich entrei&#x017F;&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Zugleich &#x017F;ich in die Tief&#x2019; ohn&#x2019; End&#x2019; und Anfang neiget,</l><lb/>
            <l>Zugleich auch in die Ho&#x0364;h&#x2019; ohn&#x2019; End&#x2019; und Gra&#x0364;nzen &#x017F;teiget.</l><lb/>
            <l>Ein feur&#x2019;ger Andachts-Trieb</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;etzt mich in die Ewigkeit.</l><lb/>
            <l>Mein denkend We&#x017F;en breitet &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Jn&#x2019;s ungeme&#x017F;&#x017F;&#x2019;ne Sternen-Haus,</l><lb/>
            <l>Vor Ehrfurcht &#x017F;tumm, vor Lu&#x017F;t er&#x017F;taunet, aus.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="21">
            <l>Da ich anitzt die allertief&#x017F;te Ho&#x0364;he,</l><lb/>
            <l>Den unbegrenzten Raum des holen Himmels, &#x017F;ehe,</l><lb/>
            <l>Die Weite &#x017F;onder Ziel, die GOtt allein erfu&#x0364;llet,</l><lb/>
            <l>Wo Sein unendlich ewig Kleid,</l><lb/>
            <l>Geweb&#x2019;t aus Licht und Dunkelheit,</l><lb/>
            <l>Sein We&#x017F;en zeiget und verhu&#x0364;llet;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;tellet die&#x017F;er Raum recht &#x017F;ichtbar, hell und klar</l><lb/>
            <l>Nicht un&#x017F;erm Gei&#x017F;te nur, den Augen &#x017F;elber, dar</l><lb/>
            <l>Selb&#x017F;t die Unendlichkeit,</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Jn</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0216] Die himmliſche Schrift. Jhr Sonnen, die ihr ohne Zal Jm unergruͤndlichen unendlich-weiten Thal Des holen Firmamentes ſtehet: Jhr Welte, die ihr euch um dieſe Sonnen drehet, Die voller Waͤrm und Licht, voll Stralen, Glanz und Gluht; Es ſoll von euch mein faſt entzuͤckter Mut Ein Andachts-volles Lied, ein Ehr-erbietigs ſingen Dem Groſſen All zum Opfer bringen. Jch fuͤle, daß mein angeflammter Geiſt Dem groſſ- und kleinen Kreis der Erde ſich entreiſſt, Zugleich ſich in die Tief’ ohn’ End’ und Anfang neiget, Zugleich auch in die Hoͤh’ ohn’ End’ und Graͤnzen ſteiget. Ein feur’ger Andachts-Trieb Verſetzt mich in die Ewigkeit. Mein denkend Weſen breitet ſich Jn’s ungemeſſ’ne Sternen-Haus, Vor Ehrfurcht ſtumm, vor Luſt erſtaunet, aus. Da ich anitzt die allertiefſte Hoͤhe, Den unbegrenzten Raum des holen Himmels, ſehe, Die Weite ſonder Ziel, die GOtt allein erfuͤllet, Wo Sein unendlich ewig Kleid, Geweb’t aus Licht und Dunkelheit, Sein Weſen zeiget und verhuͤllet; So ſtellet dieſer Raum recht ſichtbar, hell und klar Nicht unſerm Geiſte nur, den Augen ſelber, dar Selbſt die Unendlichkeit, Jn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/216
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/216>, abgerufen am 03.12.2024.