Auf bunt belühmt- und dick begras'ter Erde Erblickt' ich jüngst in der gehörnten Heerde Ein Bild des Friedens und der Ruh'. Jch sah dem sanften Wieder-Käuen, Jch höret' ihm zugleich mit Anmut zu, Und muste mich recht herzlich drüber freuen. Wie lieblich lässt es nicht, Wenn sie mit halben teils, teils ganz geschloss'nen Augen Den noch verhand'nen Saft voll sanfter Wollust saugen, Mit den beweglichen behar'ten Ohren spielen, Und mit dem schlanken Schweif, so bald sie Fliegen fülen, Um sie, zusamt dem Schwarm der Mücken, zu verjagen, Mit regen Kreisen stets die glatten Seiten schlagen. Der Farben Unterschied vergnüget das Gesicht. Wie angenem, wie lieblich lässt es nicht, Wenn man an dieser hier Ein glattes Schwarz, an der ein glühend Rot, erblicket, Wenn eine bläulich graue Haut, Dort eine Kuh, und sie die Wiese schmücket. Absonderlich wird nicht ohn'Anmut angeschaut, Wenn schwarze bald, bald rote Flecken Von mancher weissen Kuh die hell-bestral'ten Seiten Mit mancherley Figuren decken. Recht herrlich glänzen die, so scheckigt sind, von weiten. Die schön gehörnte Stirn ist an den meisten weiß, Wobey das schwarze Maul in seiner feuchten Glätte
Gar
Die Heerde Kuͤhe.
Auf bunt beluͤhmt- und dick begraſ’ter Erde Erblickt’ ich juͤngſt in der gehoͤrnten Heerde Ein Bild des Friedens und der Ruh’. Jch ſah dem ſanften Wieder-Kaͤuen, Jch hoͤret’ ihm zugleich mit Anmut zu, Und muſte mich recht herzlich druͤber freuen. Wie lieblich laͤſſt es nicht, Wenn ſie mit halben teils, teils ganz geſchloſſ’nen Augen Den noch verhand’nen Saft voll ſanfter Wolluſt ſaugen, Mit den beweglichen behar’ten Ohren ſpielen, Und mit dem ſchlanken Schweif, ſo bald ſie Fliegen fuͤlen, Um ſie, zuſamt dem Schwarm der Muͤcken, zu verjagen, Mit regen Kreiſen ſtets die glatten Seiten ſchlagen. Der Farben Unterſchied vergnuͤget das Geſicht. Wie angenem, wie lieblich laͤſſt es nicht, Wenn man an dieſer hier Ein glattes Schwarz, an der ein gluͤhend Rot, erblicket, Wenn eine blaͤulich graue Haut, Dort eine Kuh, und ſie die Wieſe ſchmuͤcket. Abſonderlich wird nicht ohn’Anmut angeſchaut, Wenn ſchwarze bald, bald rote Flecken Von mancher weiſſen Kuh die hell-beſtral’ten Seiten Mit mancherley Figuren decken. Recht herrlich glaͤnzen die, ſo ſcheckigt ſind, von weiten. Die ſchoͤn gehoͤrnte Stirn iſt an den meiſten weiß, Wobey das ſchwarze Maul in ſeiner feuchten Glaͤtte
Gar
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0206"n="170"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Die Heerde Kuͤhe.</hi></head><lb/><lgn="1"><l><hirendition="#in">A</hi>uf bunt beluͤhmt- und dick begraſ’ter Erde</l><lb/><l>Erblickt’ ich juͤngſt in der gehoͤrnten Heerde</l><lb/><l>Ein Bild des Friedens und der Ruh’.</l><lb/><l>Jch ſah dem ſanften Wieder-Kaͤuen,</l><lb/><l>Jch hoͤret’ ihm zugleich mit Anmut zu,</l><lb/><l>Und muſte mich recht herzlich druͤber freuen.</l><lb/><l>Wie lieblich laͤſſt es nicht,</l><lb/><l>Wenn ſie mit halben teils, teils ganz geſchloſſ’nen Augen</l><lb/><l>Den noch verhand’nen Saft voll ſanfter Wolluſt ſaugen,</l><lb/><l>Mit den beweglichen behar’ten Ohren ſpielen,</l><lb/><l>Und mit dem ſchlanken Schweif, ſo bald ſie Fliegen fuͤlen,</l><lb/><l>Um ſie, zuſamt dem Schwarm der Muͤcken, zu verjagen,</l><lb/><l>Mit regen Kreiſen ſtets die glatten Seiten ſchlagen.</l><lb/><l>Der Farben Unterſchied vergnuͤget das Geſicht.</l><lb/><l>Wie angenem, wie lieblich laͤſſt es nicht,</l><lb/><l>Wenn man an dieſer hier</l><lb/><l>Ein glattes Schwarz, an der ein gluͤhend Rot, erblicket,</l><lb/><l>Wenn eine blaͤulich graue Haut,</l><lb/><l>Dort eine Kuh, und ſie die Wieſe ſchmuͤcket.</l><lb/><l>Abſonderlich wird nicht ohn’Anmut angeſchaut,</l><lb/><l>Wenn ſchwarze bald, bald rote Flecken</l><lb/><l>Von mancher weiſſen Kuh die hell-beſtral’ten Seiten</l><lb/><l>Mit mancherley Figuren decken.</l><lb/><l>Recht herrlich glaͤnzen die, ſo ſcheckigt ſind, von weiten.</l><lb/><l>Die ſchoͤn gehoͤrnte Stirn iſt an den meiſten weiß,</l><lb/><l>Wobey das ſchwarze Maul in ſeiner feuchten Glaͤtte</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Gar</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[170/0206]
Die Heerde Kuͤhe.
Auf bunt beluͤhmt- und dick begraſ’ter Erde
Erblickt’ ich juͤngſt in der gehoͤrnten Heerde
Ein Bild des Friedens und der Ruh’.
Jch ſah dem ſanften Wieder-Kaͤuen,
Jch hoͤret’ ihm zugleich mit Anmut zu,
Und muſte mich recht herzlich druͤber freuen.
Wie lieblich laͤſſt es nicht,
Wenn ſie mit halben teils, teils ganz geſchloſſ’nen Augen
Den noch verhand’nen Saft voll ſanfter Wolluſt ſaugen,
Mit den beweglichen behar’ten Ohren ſpielen,
Und mit dem ſchlanken Schweif, ſo bald ſie Fliegen fuͤlen,
Um ſie, zuſamt dem Schwarm der Muͤcken, zu verjagen,
Mit regen Kreiſen ſtets die glatten Seiten ſchlagen.
Der Farben Unterſchied vergnuͤget das Geſicht.
Wie angenem, wie lieblich laͤſſt es nicht,
Wenn man an dieſer hier
Ein glattes Schwarz, an der ein gluͤhend Rot, erblicket,
Wenn eine blaͤulich graue Haut,
Dort eine Kuh, und ſie die Wieſe ſchmuͤcket.
Abſonderlich wird nicht ohn’Anmut angeſchaut,
Wenn ſchwarze bald, bald rote Flecken
Von mancher weiſſen Kuh die hell-beſtral’ten Seiten
Mit mancherley Figuren decken.
Recht herrlich glaͤnzen die, ſo ſcheckigt ſind, von weiten.
Die ſchoͤn gehoͤrnte Stirn iſt an den meiſten weiß,
Wobey das ſchwarze Maul in ſeiner feuchten Glaͤtte
Gar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/206>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.