Mein Geist wird durch das Aug' erfrischt, ja fast ge- tränket, Wenn er den Blick auf die bestral'te Flut, Und auch zugleich auf die so nahe Gluht, Die auf dem glatten Wasser schwimmet, Wodurch es gleichsam glüht und glimmet, Vor Anmut halb geblendet, lenket.
Ach sehet doch, wie dort An dem sowol als diesem Ort Der Wasser-Liljen Gold und Silber wiederscheinet, So deutlich, daß man öfters meynet, Ob wären sicherlich Die wahren Bluhmen unter sich, Die Stengel über sich, gekehret: Wodurch des Ortes Pracht und Anmut sich noch mehret. Denn die so glatt' als grün' und klare Dunkelheit Wird dort auf einer andern Stelle Mit neuer Lieblichkeit, Von abgefall'ner Blühte helle. Ein breiter Apfel-Baum Beschattet einen grossen Raum, Und lässt auf dieser Flut Krystallen Sein deutlichs Bild im Schatten fallen. Den Schatten-Baum sah ich mit innigem Behagen, So wie sein Uhrbild selbst, auch wahre Blühte tragen, Als weisse Blätterchen auf schwarzen Zweigen lagen.
Das
Noch einige Betrachtungen des klaren Waſſers.
Mein Geiſt wird durch das Aug’ erfriſcht, ja faſt ge- traͤnket, Wenn er den Blick auf die beſtral’te Flut, Und auch zugleich auf die ſo nahe Gluht, Die auf dem glatten Waſſer ſchwimmet, Wodurch es gleichſam gluͤht und glimmet, Vor Anmut halb geblendet, lenket.
Ach ſehet doch, wie dort An dem ſowol als dieſem Ort Der Waſſer-Liljen Gold und Silber wiederſcheinet, So deutlich, daß man oͤfters meynet, Ob waͤren ſicherlich Die wahren Bluhmen unter ſich, Die Stengel uͤber ſich, gekehret: Wodurch des Ortes Pracht und Anmut ſich noch mehret. Denn die ſo glatt’ als gruͤn’ und klare Dunkelheit Wird dort auf einer andern Stelle Mit neuer Lieblichkeit, Von abgefall’ner Bluͤhte helle. Ein breiter Apfel-Baum Beſchattet einen groſſen Raum, Und laͤſſt auf dieſer Flut Kryſtallen Sein deutlichs Bild im Schatten fallen. Den Schatten-Baum ſah ich mit innigem Behagen, So wie ſein Uhrbild ſelbſt, auch wahre Bluͤhte tragen, Als weiſſe Blaͤtterchen auf ſchwarzen Zweigen lagen.
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Noch einige
Betrachtungen des klaren Waſſers.
Mein Geiſt wird durch das Aug’ erfriſcht, ja faſt ge-
traͤnket,
Wenn er den Blick auf die beſtral’te Flut,
Und auch zugleich auf die ſo nahe Gluht,
Die auf dem glatten Waſſer ſchwimmet,
Wodurch es gleichſam gluͤht und glimmet,
Vor Anmut halb geblendet, lenket.
Ach ſehet doch, wie dort
An dem ſowol als dieſem Ort
Der Waſſer-Liljen Gold und Silber wiederſcheinet,
So deutlich, daß man oͤfters meynet,
Ob waͤren ſicherlich
Die wahren Bluhmen unter ſich,
Die Stengel uͤber ſich, gekehret:
Wodurch des Ortes Pracht und Anmut ſich noch mehret.
Denn die ſo glatt’ als gruͤn’ und klare Dunkelheit
Wird dort auf einer andern Stelle
Mit neuer Lieblichkeit,
Von abgefall’ner Bluͤhte helle.
Ein breiter Apfel-Baum
Beſchattet einen groſſen Raum,
Und laͤſſt auf dieſer Flut Kryſtallen
Sein deutlichs Bild im Schatten fallen.
Den Schatten-Baum ſah ich mit innigem Behagen,
So wie ſein Uhrbild ſelbſt, auch wahre Bluͤhte tragen,
Als weiſſe Blaͤtterchen auf ſchwarzen Zweigen lagen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/194>, abgerufen am 22.02.2025.
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