Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Spring-Brunn.
Jn eines grünen Ganges Mitte,
Den in der Qveer ein and'rer Gang durchschnitte,
Von welchem man die Ecken ausgeründet,
Jst durch die vier dadurch formir'te halbe Bogen
Ein grüner Cirkel-Platz gezogen,
Jn welchem man mit Lust sich eingeschlossen findet.
Jn diesem stand ich einst, und dachte:
Wenn man hier einen Brunnen machte;
Wie angenem, wie schön
Würd' alles nicht in klarem Wasser stehn!
Wie lieblich würde hier, bey heiterm Wetter,
Das hell bestral'te Grün der dicht-verschrenkten Blätter
Sich in den reinen Fluten bilden!
Bald würde von der Sonnen Schein
Das reine Wasser sich vergülden;
Bald würd' in sanft beweg't- und wallenden Krystallen
Ein grün gefärbter Schatten fallen.
Jch sann dem Anschlag ferner nach,
Und, weil der vorerwehnte Teich
Nicht mit der Erde gleich,
Nein, sondern auf der Höhe, lag;
Schien es zu meiner Lust nicht kostbar und nicht schwer.
Allein ich freute mich noch mehr,
Als ich so gar im Grunde,
Jndem ich graben ließ, von ungefehr
Vor diesem schon dazu bestimmte Röhren funde.
Hiedurch kam in gar kurzer Zeit
Das Wasser-Werk zur Vollenkommenheit,
Und zwar weit schöner noch, als ich es selbst gedacht.
Kaum war es vollenbracht;

Kaum,
Der Spring-Brunn.
Jn eines gruͤnen Ganges Mitte,
Den in der Qveer ein and’rer Gang durchſchnitte,
Von welchem man die Ecken ausgeruͤndet,
Jſt durch die vier dadurch formir’te halbe Bogen
Ein gruͤner Cirkel-Platz gezogen,
Jn welchem man mit Luſt ſich eingeſchloſſen findet.
Jn dieſem ſtand ich einſt, und dachte:
Wenn man hier einen Brunnen machte;
Wie angenem, wie ſchoͤn
Wuͤrd’ alles nicht in klarem Waſſer ſtehn!
Wie lieblich wuͤrde hier, bey heiterm Wetter,
Das hell beſtral’te Gruͤn der dicht-verſchrenkten Blaͤtter
Sich in den reinen Fluten bilden!
Bald wuͤrde von der Sonnen Schein
Das reine Waſſer ſich verguͤlden;
Bald wuͤrd’ in ſanft beweg’t- und wallenden Kryſtallen
Ein gruͤn gefaͤrbter Schatten fallen.
Jch ſann dem Anſchlag ferner nach,
Und, weil der vorerwehnte Teich
Nicht mit der Erde gleich,
Nein, ſondern auf der Hoͤhe, lag;
Schien es zu meiner Luſt nicht koſtbar und nicht ſchwer.
Allein ich freute mich noch mehr,
Als ich ſo gar im Grunde,
Jndem ich graben ließ, von ungefehr
Vor dieſem ſchon dazu beſtimmte Roͤhren funde.
Hiedurch kam in gar kurzer Zeit
Das Waſſer-Werk zur Vollenkommenheit,
Und zwar weit ſchoͤner noch, als ich es ſelbſt gedacht.
Kaum war es vollenbracht;

Kaum,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0145" n="109"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der Spring-Brunn.</hi> </head><lb/>
          <lg n="14">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>n eines gru&#x0364;nen Ganges Mitte,</l><lb/>
            <l>Den in der Qveer ein and&#x2019;rer Gang durch&#x017F;chnitte,</l><lb/>
            <l>Von welchem man die Ecken ausgeru&#x0364;ndet,</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t durch die vier dadurch formir&#x2019;te halbe Bogen</l><lb/>
            <l>Ein gru&#x0364;ner Cirkel-Platz gezogen,</l><lb/>
            <l>Jn welchem man mit Lu&#x017F;t &#x017F;ich einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en findet.</l><lb/>
            <l>Jn die&#x017F;em &#x017F;tand ich ein&#x017F;t, und dachte:</l><lb/>
            <l>Wenn man hier einen Brunnen machte;</l><lb/>
            <l>Wie angenem, wie &#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
            <l>Wu&#x0364;rd&#x2019; alles nicht in klarem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehn!</l><lb/>
            <l>Wie lieblich wu&#x0364;rde hier, bey heiterm Wetter,</l><lb/>
            <l>Das hell be&#x017F;tral&#x2019;te Gru&#x0364;n der dicht-ver&#x017F;chrenkten Bla&#x0364;tter</l><lb/>
            <l>Sich in den reinen Fluten bilden!</l><lb/>
            <l>Bald wu&#x0364;rde von der Sonnen Schein</l><lb/>
            <l>Das reine Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich vergu&#x0364;lden;</l><lb/>
            <l>Bald wu&#x0364;rd&#x2019; in &#x017F;anft beweg&#x2019;t- und wallenden Kry&#x017F;tallen</l><lb/>
            <l>Ein gru&#x0364;n gefa&#x0364;rbter Schatten fallen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Jch &#x017F;ann dem An&#x017F;chlag ferner nach,</l><lb/>
            <l>Und, weil der vorerwehnte Teich</l><lb/>
            <l>Nicht mit der Erde gleich,</l><lb/>
            <l>Nein, &#x017F;ondern auf der Ho&#x0364;he, lag;</l><lb/>
            <l>Schien es zu meiner Lu&#x017F;t nicht ko&#x017F;tbar und nicht &#x017F;chwer.</l><lb/>
            <l>Allein ich freute mich noch mehr,</l><lb/>
            <l>Als ich &#x017F;o gar im Grunde,</l><lb/>
            <l>Jndem ich graben ließ, von ungefehr</l><lb/>
            <l>Vor die&#x017F;em &#x017F;chon dazu be&#x017F;timmte Ro&#x0364;hren funde.</l><lb/>
            <l>Hiedurch kam in gar kurzer Zeit</l><lb/>
            <l>Das Wa&#x017F;&#x017F;er-Werk zur Vollenkommenheit,</l><lb/>
            <l>Und zwar weit &#x017F;cho&#x0364;ner noch, als ich es &#x017F;elb&#x017F;t gedacht.</l><lb/>
            <l>Kaum war es vollenbracht;</l><lb/>
            <l>
              <fw place="bottom" type="catch">Kaum,</fw><lb/>
            </l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0145] Der Spring-Brunn. Jn eines gruͤnen Ganges Mitte, Den in der Qveer ein and’rer Gang durchſchnitte, Von welchem man die Ecken ausgeruͤndet, Jſt durch die vier dadurch formir’te halbe Bogen Ein gruͤner Cirkel-Platz gezogen, Jn welchem man mit Luſt ſich eingeſchloſſen findet. Jn dieſem ſtand ich einſt, und dachte: Wenn man hier einen Brunnen machte; Wie angenem, wie ſchoͤn Wuͤrd’ alles nicht in klarem Waſſer ſtehn! Wie lieblich wuͤrde hier, bey heiterm Wetter, Das hell beſtral’te Gruͤn der dicht-verſchrenkten Blaͤtter Sich in den reinen Fluten bilden! Bald wuͤrde von der Sonnen Schein Das reine Waſſer ſich verguͤlden; Bald wuͤrd’ in ſanft beweg’t- und wallenden Kryſtallen Ein gruͤn gefaͤrbter Schatten fallen. Jch ſann dem Anſchlag ferner nach, Und, weil der vorerwehnte Teich Nicht mit der Erde gleich, Nein, ſondern auf der Hoͤhe, lag; Schien es zu meiner Luſt nicht koſtbar und nicht ſchwer. Allein ich freute mich noch mehr, Als ich ſo gar im Grunde, Jndem ich graben ließ, von ungefehr Vor dieſem ſchon dazu beſtimmte Roͤhren funde. Hiedurch kam in gar kurzer Zeit Das Waſſer-Werk zur Vollenkommenheit, Und zwar weit ſchoͤner noch, als ich es ſelbſt gedacht. Kaum war es vollenbracht; Kaum,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/145
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/145>, abgerufen am 21.11.2024.