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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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der einst auf dem Wege nach Damaskus vor Wuth
schnaubte wie ein wildes Ungeheuer und gleich einem
hungrigen Tiger nach Menschenblut lechzte, durch die
Religion Jesu aber zu jenem großen Weltapostel mit
dem weiten, liebevollen Herzen sich heranbildete, der
Allen Alles wurde, um Alle für Christus und den
Himmel zu gewinnen, der wie eine Mutter mit den
Traurigen weinte und wie ein Kind sich freute mit
den Fröhlichen? Wer denkt hier nicht an den bekannten
lieben heil. Franz von Sales, der trotz seiner großen
natürlichen Heftigkeit durch seinen christlichen Glauben
eine ganz seltene und wunderbare Sanftmuth sich an-
eignete, und an den heil. Vinzenz von Paul, der von
Natur herb, finster und abstoßend war, aber in dem
Christentum die Kraft fand, sich selbst vollständig zu
überwinden und jener weltberühmte Engel der christlichen
Nächstenliebe zu werden, dessen Schöpfungen der Barm-
herzigkeit zur Stunde noch tausend und tausend Men-
schenherzen, die von Kummer und Schmerz verwundet
sind, Trost und Linderung bieten? O daß wir Männer
es doch recht erfaßten, wie viel wir durch unsere Reli-
gion für Veredelung und Stärkung unseres Charakters
gewinnen könnten! Dann müßte bald die Klage ver-
stummen, daß die edlen und festen Charaktere in der
Männerwelt immer seltener werden in unseren Tagen.
Denn nur dadurch, daß so viele Männer sich lossagen
von Gott, dem allzeit Unveränderlichen und der ewigen
Liebe, fallen sie ihrer eigenen Schwäche und Selbstsucht
anheim und wird ihr inneres Wesen und ihr äußeres

der einst auf dem Wege nach Damaskus vor Wuth
schnaubte wie ein wildes Ungeheuer und gleich einem
hungrigen Tiger nach Menschenblut lechzte, durch die
Religion Jesu aber zu jenem großen Weltapostel mit
dem weiten, liebevollen Herzen sich heranbildete, der
Allen Alles wurde, um Alle für Christus und den
Himmel zu gewinnen, der wie eine Mutter mit den
Traurigen weinte und wie ein Kind sich freute mit
den Fröhlichen? Wer denkt hier nicht an den bekannten
lieben heil. Franz von Sales, der trotz seiner großen
natürlichen Heftigkeit durch seinen christlichen Glauben
eine ganz seltene und wunderbare Sanftmuth sich an-
eignete, und an den heil. Vinzenz von Paul, der von
Natur herb, finster und abstoßend war, aber in dem
Christentum die Kraft fand, sich selbst vollständig zu
überwinden und jener weltberühmte Engel der christlichen
Nächstenliebe zu werden, dessen Schöpfungen der Barm-
herzigkeit zur Stunde noch tausend und tausend Men-
schenherzen, die von Kummer und Schmerz verwundet
sind, Trost und Linderung bieten? O daß wir Männer
es doch recht erfaßten, wie viel wir durch unsere Reli-
gion für Veredelung und Stärkung unseres Charakters
gewinnen könnten! Dann müßte bald die Klage ver-
stummen, daß die edlen und festen Charaktere in der
Männerwelt immer seltener werden in unseren Tagen.
Denn nur dadurch, daß so viele Männer sich lossagen
von Gott, dem allzeit Unveränderlichen und der ewigen
Liebe, fallen sie ihrer eigenen Schwäche und Selbstsucht
anheim und wird ihr inneres Wesen und ihr äußeres

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[12/0024] der einst auf dem Wege nach Damaskus vor Wuth schnaubte wie ein wildes Ungeheuer und gleich einem hungrigen Tiger nach Menschenblut lechzte, durch die Religion Jesu aber zu jenem großen Weltapostel mit dem weiten, liebevollen Herzen sich heranbildete, der Allen Alles wurde, um Alle für Christus und den Himmel zu gewinnen, der wie eine Mutter mit den Traurigen weinte und wie ein Kind sich freute mit den Fröhlichen? Wer denkt hier nicht an den bekannten lieben heil. Franz von Sales, der trotz seiner großen natürlichen Heftigkeit durch seinen christlichen Glauben eine ganz seltene und wunderbare Sanftmuth sich an- eignete, und an den heil. Vinzenz von Paul, der von Natur herb, finster und abstoßend war, aber in dem Christentum die Kraft fand, sich selbst vollständig zu überwinden und jener weltberühmte Engel der christlichen Nächstenliebe zu werden, dessen Schöpfungen der Barm- herzigkeit zur Stunde noch tausend und tausend Men- schenherzen, die von Kummer und Schmerz verwundet sind, Trost und Linderung bieten? O daß wir Männer es doch recht erfaßten, wie viel wir durch unsere Reli- gion für Veredelung und Stärkung unseres Charakters gewinnen könnten! Dann müßte bald die Klage ver- stummen, daß die edlen und festen Charaktere in der Männerwelt immer seltener werden in unseren Tagen. Denn nur dadurch, daß so viele Männer sich lossagen von Gott, dem allzeit Unveränderlichen und der ewigen Liebe, fallen sie ihrer eigenen Schwäche und Selbstsucht anheim und wird ihr inneres Wesen und ihr äußeres

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/24>, abgerufen am 26.04.2024.