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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Erste Reihe und Ordnung.
Die Lungenfische (Dipnoi).


Jm Jahre 1835 wurden in Südamerika und Westafrika zwei Wirbelthiere entdeckt, über deren
Stellung und Bedeutung die Naturforscher noch heutigentages sich nicht geeinigt haben. Wenn es
überhaupt Verbindungsglieder zwischen verschiedenen Klassen gibt, so sind diese es; denn sie stehen
wirklich mitten auf der Grenzscheide zwischen Lurchen und Fischen, haben Merkmale von diesen wie
von jenen. Jhr Bau ist der der Fische, ihre Athmungsthätigkeit, den bezüglichen Werkzeugen
entsprechend, die der Fischlinge. Lebensweise, Wesen und Gebaren gleichen den Sitten und
Gewohnheiten der einen wie der anderen. Johannes Müller und andere Forscher sind der
Ansicht, daß die Eigenheit der Fische in ihrem Baue überwiegt, und haben ihnen deshalb ihre Stellung
innerhalb unserer Klasse angewiesen.

Die Lungenfische, von denen man gegenwärtig drei Arten kennt, bilden auch nur eine einzige
Familie, welcher man den besonderen Namen Lurchfische (Ichthyomorpha) geben kann. Jhre
äußere Gestalt ist durchaus fischähnlich, der dreieckige Kopf breit, der Rachen unverhältnißmäßig
weit gespalten, das Auge lurchenhaft klein, die Wangen sind wie der ganze Leib beschuppt, die
Kiemenspalten klein und senkrecht gestellt, die Kiemen bei den einen innerlich, bei den anderen
äußerlich, indem hier drei kleine, gefranste, federartige Bäumchen außerhalb der Kiemenspalte sich
verzweigen, während sie bei jenen innerhalb der Spalte liegen. Hinter den Kiemen stehen die
Brustgliedmaßen, zwei stielförmige, zugespitzte Knochen, an deren Jnnenseite man einen sehr kleinen,
kurzen, durch hornige Strahlen gestützten, in der Hautflosse verborgenen Flossenbart bemerkt; die
hinteren, in derselben Weise gebildeten Glieder sitzen unmittelbar neben dem After. Anstatt der
Rückenflosse ist ein senkrecht stehender, durch Hornstrahlen gestützter Hautsaum vorhanden, welcher
etwa in der Mitte des Rückens beginnt, bis zur Schwanzflosse verläuft und auf der unteren Seite
desselben sich wiederholt, bis gegen den After hinreichend. Der ganze Körper ist mit breiten,
gerundeten, dachziegelförmig übereinander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus einzelnen Stücken
mosaikartig zusammengesetzt erscheinen. Die Wirbelsäule wird vertreten durch einen ungetheilten
Knorpelstab, den eine Faserscheibe umgibt, von welcher nach oben und nach unten knöcherne Wirbel-
bogen abgehen, welche das Rückenmark und die Aorta umschließen; nach vorn setzt sich die Wirbel-
saite unmittelbar in den aus einer einzigen Knorpelkapsel bestehenden Schädel fort, an welchem einige
unzusammenhängende Deckplatten verknöchert sind. Sehr eigenthümlich ist die Bezahnung, indem
vorn unter dem Schädel an dem Theile, welcher den Oberkiefer darstellt, hohe, senkrechte, schneidende
Zahnplatten festgewachsen sind, denen ähnliche Platten im Unterkiefer entsprechen. Hinter der

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Erſte Reihe und Ordnung.
Die Lungenfiſche (Dipnoi).


Jm Jahre 1835 wurden in Südamerika und Weſtafrika zwei Wirbelthiere entdeckt, über deren
Stellung und Bedeutung die Naturforſcher noch heutigentages ſich nicht geeinigt haben. Wenn es
überhaupt Verbindungsglieder zwiſchen verſchiedenen Klaſſen gibt, ſo ſind dieſe es; denn ſie ſtehen
wirklich mitten auf der Grenzſcheide zwiſchen Lurchen und Fiſchen, haben Merkmale von dieſen wie
von jenen. Jhr Bau iſt der der Fiſche, ihre Athmungsthätigkeit, den bezüglichen Werkzeugen
entſprechend, die der Fiſchlinge. Lebensweiſe, Weſen und Gebaren gleichen den Sitten und
Gewohnheiten der einen wie der anderen. Johannes Müller und andere Forſcher ſind der
Anſicht, daß die Eigenheit der Fiſche in ihrem Baue überwiegt, und haben ihnen deshalb ihre Stellung
innerhalb unſerer Klaſſe angewieſen.

Die Lungenfiſche, von denen man gegenwärtig drei Arten kennt, bilden auch nur eine einzige
Familie, welcher man den beſonderen Namen Lurchfiſche (Ichthyomorpha) geben kann. Jhre
äußere Geſtalt iſt durchaus fiſchähnlich, der dreieckige Kopf breit, der Rachen unverhältnißmäßig
weit geſpalten, das Auge lurchenhaft klein, die Wangen ſind wie der ganze Leib beſchuppt, die
Kiemenſpalten klein und ſenkrecht geſtellt, die Kiemen bei den einen innerlich, bei den anderen
äußerlich, indem hier drei kleine, gefranſte, federartige Bäumchen außerhalb der Kiemenſpalte ſich
verzweigen, während ſie bei jenen innerhalb der Spalte liegen. Hinter den Kiemen ſtehen die
Bruſtgliedmaßen, zwei ſtielförmige, zugeſpitzte Knochen, an deren Jnnenſeite man einen ſehr kleinen,
kurzen, durch hornige Strahlen geſtützten, in der Hautfloſſe verborgenen Floſſenbart bemerkt; die
hinteren, in derſelben Weiſe gebildeten Glieder ſitzen unmittelbar neben dem After. Anſtatt der
Rückenfloſſe iſt ein ſenkrecht ſtehender, durch Hornſtrahlen geſtützter Hautſaum vorhanden, welcher
etwa in der Mitte des Rückens beginnt, bis zur Schwanzfloſſe verläuft und auf der unteren Seite
deſſelben ſich wiederholt, bis gegen den After hinreichend. Der ganze Körper iſt mit breiten,
gerundeten, dachziegelförmig übereinander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus einzelnen Stücken
moſaikartig zuſammengeſetzt erſcheinen. Die Wirbelſäule wird vertreten durch einen ungetheilten
Knorpelſtab, den eine Faſerſcheibe umgibt, von welcher nach oben und nach unten knöcherne Wirbel-
bogen abgehen, welche das Rückenmark und die Aorta umſchließen; nach vorn ſetzt ſich die Wirbel-
ſaite unmittelbar in den aus einer einzigen Knorpelkapſel beſtehenden Schädel fort, an welchem einige
unzuſammenhängende Deckplatten verknöchert ſind. Sehr eigenthümlich iſt die Bezahnung, indem
vorn unter dem Schädel an dem Theile, welcher den Oberkiefer darſtellt, hohe, ſenkrechte, ſchneidende
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[[467]/0497] Erſte Reihe und Ordnung. Die Lungenfiſche (Dipnoi). Jm Jahre 1835 wurden in Südamerika und Weſtafrika zwei Wirbelthiere entdeckt, über deren Stellung und Bedeutung die Naturforſcher noch heutigentages ſich nicht geeinigt haben. Wenn es überhaupt Verbindungsglieder zwiſchen verſchiedenen Klaſſen gibt, ſo ſind dieſe es; denn ſie ſtehen wirklich mitten auf der Grenzſcheide zwiſchen Lurchen und Fiſchen, haben Merkmale von dieſen wie von jenen. Jhr Bau iſt der der Fiſche, ihre Athmungsthätigkeit, den bezüglichen Werkzeugen entſprechend, die der Fiſchlinge. Lebensweiſe, Weſen und Gebaren gleichen den Sitten und Gewohnheiten der einen wie der anderen. Johannes Müller und andere Forſcher ſind der Anſicht, daß die Eigenheit der Fiſche in ihrem Baue überwiegt, und haben ihnen deshalb ihre Stellung innerhalb unſerer Klaſſe angewieſen. Die Lungenfiſche, von denen man gegenwärtig drei Arten kennt, bilden auch nur eine einzige Familie, welcher man den beſonderen Namen Lurchfiſche (Ichthyomorpha) geben kann. Jhre äußere Geſtalt iſt durchaus fiſchähnlich, der dreieckige Kopf breit, der Rachen unverhältnißmäßig weit geſpalten, das Auge lurchenhaft klein, die Wangen ſind wie der ganze Leib beſchuppt, die Kiemenſpalten klein und ſenkrecht geſtellt, die Kiemen bei den einen innerlich, bei den anderen äußerlich, indem hier drei kleine, gefranſte, federartige Bäumchen außerhalb der Kiemenſpalte ſich verzweigen, während ſie bei jenen innerhalb der Spalte liegen. Hinter den Kiemen ſtehen die Bruſtgliedmaßen, zwei ſtielförmige, zugeſpitzte Knochen, an deren Jnnenſeite man einen ſehr kleinen, kurzen, durch hornige Strahlen geſtützten, in der Hautfloſſe verborgenen Floſſenbart bemerkt; die hinteren, in derſelben Weiſe gebildeten Glieder ſitzen unmittelbar neben dem After. Anſtatt der Rückenfloſſe iſt ein ſenkrecht ſtehender, durch Hornſtrahlen geſtützter Hautſaum vorhanden, welcher etwa in der Mitte des Rückens beginnt, bis zur Schwanzfloſſe verläuft und auf der unteren Seite deſſelben ſich wiederholt, bis gegen den After hinreichend. Der ganze Körper iſt mit breiten, gerundeten, dachziegelförmig übereinander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus einzelnen Stücken moſaikartig zuſammengeſetzt erſcheinen. Die Wirbelſäule wird vertreten durch einen ungetheilten Knorpelſtab, den eine Faſerſcheibe umgibt, von welcher nach oben und nach unten knöcherne Wirbel- bogen abgehen, welche das Rückenmark und die Aorta umſchließen; nach vorn ſetzt ſich die Wirbel- ſaite unmittelbar in den aus einer einzigen Knorpelkapſel beſtehenden Schädel fort, an welchem einige unzuſammenhängende Deckplatten verknöchert ſind. Sehr eigenthümlich iſt die Bezahnung, indem vorn unter dem Schädel an dem Theile, welcher den Oberkiefer darſtellt, hohe, ſenkrechte, ſchneidende Zahnplatten feſtgewachſen ſind, denen ähnliche Platten im Unterkiefer entſprechen. Hinter der 30 *

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. [467]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/497>, abgerufen am 19.11.2024.