Wir vereinigen hier in einer besonderen Reihe eine geringe Anzahl von höchst merkwürdigen Thieren, welche allen Naturforschern hinsichtlich der Einreihung im System große Schwierigkeiten bereitet haben. Man hat sogar aus einer Gruppe, welcher wir hier den Werth einer Ordnung geben, während Andere sie als Familie ansehen, eine besondere fünfte Klasse der Wirbelthiere bilden wollen; denn einige Naturforscher sind lange zweifelhaft gewesen, ob sie den betreffenden Säu- gern wirklich den Rang von Säugethieren einräumen dürften oder nicht. Die meisten Systematiker erkennen in unserer dritten Reihe nur eine Ordnung der Nagelfäugethiere, obwohl sie die durchgrei- fenden und auffallenden Unterschiede in der Nagelbildung zwischen den eigentlichen Nagelthieren und den Angehörigen unserer Reihe nicht leugnen. Diese Verschiedenheit der Ansichten kann uns gleichgiltig lassen, da streng genommen weder wir, noch die übrigen Forscher vollständig Recht haben dürften. Die Zahnarmen sind eben Geschöpfe, welche von den übrigen Säugethieren fast in jeder Hinsicht abweichen und daher nirgendshin recht passen wollen.
Es ist unmöglich, diese Geschöpfe in allgemeinen Zügen zu kennzeichnen, denn die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ordnungen oder, wie Andere wollen, Familien sind allzugroß. Jeden- falls bleibt der auffallende Zahnmangel, welchen alle hierher zu rechnenden Thiere mit einander thei- len, noch das wichtigste Kennzeichen, welches sie vor den übrigen Säugern auszeichnet. Man findet nämlich unter den Zahnlosen Säuger, auf welche der Name in seiner vollen Bedeutung paßt, da sie auch nicht eine Spur von Zähnen zeigen, und alle übrigen, welche wirklich Zähne haben, ent- behren doch immer der Schneide- und Eckzähne: ihr ganzes Gebiß besteht demnach blos aus einfachen Backzähnen. Es kommen zwar Zähne vor, welche wir Schneidezähne nennen möchten, weil sie im Zwischenkiefer stehen, allein sie stimmen in Gestalt und Bildung so vollkommen mit den Backzähnen überein, daß wir den Ausdruck doch nicht in voller Giltigkeit brauchen können. Die Eckzähne, welche sich äußerst selten finden, unterscheiden sich ebenfalls durch Nichts weiter, als durch ihre bedeutende Länge von den Backzähnen, und diese selbst haben eine einfache cylindrische oder prismatische Gestalt und sind durch Lücken von einander getrennt. Sie bestehen blos aus Zahnstoff und Cement ohne allen Schmelz, ja bei einer Familie oder Ordnung blos aus faseriger, knorplicher Masse, welche auf den Kieferknochen aufliegt. Jhre Anzahl schwankt zwischen zwei bis sechs und zwanzig in jeder Reihe.
Jm Gegensatz zu dem Gebiß sind bei unseren Thieren die Nägel in eigenthümlicher Weise ent- wickelt. Selten sind die Zehen vollkommen beweglich, aber immer tragen sie Nägel, welche das Ende der Zehen ganz umfassen und sich schon aus diesem Grunde wesentlich von den Krallen der
Dritte Reihe. Bahnarme (Edentata).
Wir vereinigen hier in einer beſonderen Reihe eine geringe Anzahl von höchſt merkwürdigen Thieren, welche allen Naturforſchern hinſichtlich der Einreihung im Syſtem große Schwierigkeiten bereitet haben. Man hat ſogar aus einer Gruppe, welcher wir hier den Werth einer Ordnung geben, während Andere ſie als Familie anſehen, eine beſondere fünfte Klaſſe der Wirbelthiere bilden wollen; denn einige Naturforſcher ſind lange zweifelhaft geweſen, ob ſie den betreffenden Säu- gern wirklich den Rang von Säugethieren einräumen dürften oder nicht. Die meiſten Syſtematiker erkennen in unſerer dritten Reihe nur eine Ordnung der Nagelfäugethiere, obwohl ſie die durchgrei- fenden und auffallenden Unterſchiede in der Nagelbildung zwiſchen den eigentlichen Nagelthieren und den Angehörigen unſerer Reihe nicht leugnen. Dieſe Verſchiedenheit der Anſichten kann uns gleichgiltig laſſen, da ſtreng genommen weder wir, noch die übrigen Forſcher vollſtändig Recht haben dürften. Die Zahnarmen ſind eben Geſchöpfe, welche von den übrigen Säugethieren faſt in jeder Hinſicht abweichen und daher nirgendshin recht paſſen wollen.
Es iſt unmöglich, dieſe Geſchöpfe in allgemeinen Zügen zu kennzeichnen, denn die Unterſchiede zwiſchen den verſchiedenen Ordnungen oder, wie Andere wollen, Familien ſind allzugroß. Jeden- falls bleibt der auffallende Zahnmangel, welchen alle hierher zu rechnenden Thiere mit einander thei- len, noch das wichtigſte Kennzeichen, welches ſie vor den übrigen Säugern auszeichnet. Man findet nämlich unter den Zahnloſen Säuger, auf welche der Name in ſeiner vollen Bedeutung paßt, da ſie auch nicht eine Spur von Zähnen zeigen, und alle übrigen, welche wirklich Zähne haben, ent- behren doch immer der Schneide- und Eckzähne: ihr ganzes Gebiß beſteht demnach blos aus einfachen Backzähnen. Es kommen zwar Zähne vor, welche wir Schneidezähne nennen möchten, weil ſie im Zwiſchenkiefer ſtehen, allein ſie ſtimmen in Geſtalt und Bildung ſo vollkommen mit den Backzähnen überein, daß wir den Ausdruck doch nicht in voller Giltigkeit brauchen können. Die Eckzähne, welche ſich äußerſt ſelten finden, unterſcheiden ſich ebenfalls durch Nichts weiter, als durch ihre bedeutende Länge von den Backzähnen, und dieſe ſelbſt haben eine einfache cylindriſche oder prismatiſche Geſtalt und ſind durch Lücken von einander getrennt. Sie beſtehen blos aus Zahnſtoff und Cement ohne allen Schmelz, ja bei einer Familie oder Ordnung blos aus faſeriger, knorplicher Maſſe, welche auf den Kieferknochen aufliegt. Jhre Anzahl ſchwankt zwiſchen zwei bis ſechs und zwanzig in jeder Reihe.
Jm Gegenſatz zu dem Gebiß ſind bei unſeren Thieren die Nägel in eigenthümlicher Weiſe ent- wickelt. Selten ſind die Zehen vollkommen beweglich, aber immer tragen ſie Nägel, welche das Ende der Zehen ganz umfaſſen und ſich ſchon aus dieſem Grunde weſentlich von den Krallen der
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Bahnarme (Edentata).
Wir vereinigen hier in einer beſonderen Reihe eine geringe Anzahl von höchſt merkwürdigen
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bereitet haben. Man hat ſogar aus einer Gruppe, welcher wir hier den Werth einer Ordnung geben,
während Andere ſie als Familie anſehen, eine beſondere fünfte Klaſſe der Wirbelthiere
bilden wollen; denn einige Naturforſcher ſind lange zweifelhaft geweſen, ob ſie den betreffenden Säu-
gern wirklich den Rang von Säugethieren einräumen dürften oder nicht. Die meiſten Syſtematiker
erkennen in unſerer dritten Reihe nur eine Ordnung der Nagelfäugethiere, obwohl ſie die durchgrei-
fenden und auffallenden Unterſchiede in der Nagelbildung zwiſchen den eigentlichen Nagelthieren und
den Angehörigen unſerer Reihe nicht leugnen. Dieſe Verſchiedenheit der Anſichten kann uns
gleichgiltig laſſen, da ſtreng genommen weder wir, noch die übrigen Forſcher vollſtändig Recht haben
dürften. Die Zahnarmen ſind eben Geſchöpfe, welche von den übrigen Säugethieren faſt in jeder
Hinſicht abweichen und daher nirgendshin recht paſſen wollen.
Es iſt unmöglich, dieſe Geſchöpfe in allgemeinen Zügen zu kennzeichnen, denn die Unterſchiede
zwiſchen den verſchiedenen Ordnungen oder, wie Andere wollen, Familien ſind allzugroß. Jeden-
falls bleibt der auffallende Zahnmangel, welchen alle hierher zu rechnenden Thiere mit einander thei-
len, noch das wichtigſte Kennzeichen, welches ſie vor den übrigen Säugern auszeichnet. Man findet
nämlich unter den Zahnloſen Säuger, auf welche der Name in ſeiner vollen Bedeutung paßt, da
ſie auch nicht eine Spur von Zähnen zeigen, und alle übrigen, welche wirklich Zähne haben, ent-
behren doch immer der Schneide- und Eckzähne: ihr ganzes Gebiß beſteht demnach blos aus einfachen
Backzähnen. Es kommen zwar Zähne vor, welche wir Schneidezähne nennen möchten, weil ſie im
Zwiſchenkiefer ſtehen, allein ſie ſtimmen in Geſtalt und Bildung ſo vollkommen mit den Backzähnen
überein, daß wir den Ausdruck doch nicht in voller Giltigkeit brauchen können. Die Eckzähne, welche
ſich äußerſt ſelten finden, unterſcheiden ſich ebenfalls durch Nichts weiter, als durch ihre bedeutende
Länge von den Backzähnen, und dieſe ſelbſt haben eine einfache cylindriſche oder prismatiſche Geſtalt und
ſind durch Lücken von einander getrennt. Sie beſtehen blos aus Zahnſtoff und Cement ohne allen
Schmelz, ja bei einer Familie oder Ordnung blos aus faſeriger, knorplicher Maſſe, welche auf den
Kieferknochen aufliegt. Jhre Anzahl ſchwankt zwiſchen zwei bis ſechs und zwanzig in jeder Reihe.
Jm Gegenſatz zu dem Gebiß ſind bei unſeren Thieren die Nägel in eigenthümlicher Weiſe ent-
wickelt. Selten ſind die Zehen vollkommen beweglich, aber immer tragen ſie Nägel, welche das
Ende der Zehen ganz umfaſſen und ſich ſchon aus dieſem Grunde weſentlich von den Krallen der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. [271]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/289>, abgerufen am 20.12.2024.
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