einige Wärme auf die Vermehrung der Temperatur des Gefäßes verwandt werden müssen, und bei der Mischung im warmen Ge- fäße würde das Umgekehrte erfolgen; man bedient sich daher am liebsten eines Gefäßes, dem die nach den vorigen Angaben berechnete mittlere Temperatur schon im Voraus ertheilt ist, und vermeidet so den für die Erwärmung oder Abkühlung des Gefäßes erforder- lichen Wärme-Aufwand. Kann man dann zugleich den Versuch in einer umgebenden Luft von dieser mittleren Wärme anstellen, so vermeidet man auch den größten Theil der Unsicherheit, die sonst aus der während der Mischung unvermeidlichen Abkühlung, wenn man höhere Temperaturen des Wassers als der Luft hat, ent- springt.
Mischungen ungleicher Körper. Specifische Wärme.
Aber so einfach hier bei Mischung gleicher Körper die den Ver- hältnissen der Massen entsprechende mittlere Temperatur gefunden wird, so würde man doch sehr irren, wenn man diese Berechnung der mittlern Temperatur auch auf ungleiche Körper ausdehnen wollte. Wenn man ein Pfund Wasser mit einem Pfunde Terpentin-Oel mischt, so hat die Mischung, auch bei aller angewandten Sorgfalt, nicht die mittlere Temperatur; sondern bei dieser Mischung gewinnt das Oel an Temperatur mehr als das Wasser verliert, so daß Terpentin-Oel von 30 Gr. mit ebenso viel Wasser von 90 Grad gemischt, eine Mischung von ungefähr 70 Gr. giebt, daß also das Oel zwei Grade Wärme gewinnt für einen, den das Wasser verliert.
Dieser Versuch zeigt, daß die Zunahme der Temperatur nicht in allen Körpern durch gleiche Mengen Wärmestoff in gleichem Maaße bewirkt wird, sondern daß es eine specifische Verschiedenheit der Körper in dieser Hinsicht giebt. Auch ein andrer Versuch zeigt diese Verschiedenheit. Wenn man in gleichen Gefäßen über mög- lichst gleichen Weingeistflammen gleiche Mengen Terpentin-Oel im einen und Wasser im andern erhitzt; so steigt die Wärme des erstern weit schneller als die des letztern, und man würde ziemlich nahe zu der Folgerung geleitet werden, daß ein Pfund Wasser zwei Flam- men bedarf, um eben die Temperatur zu erhalten, die ein Pfund Oel durch eine Flamme in gleicher Zeit erhält. Aehnliche Verschie-
einige Waͤrme auf die Vermehrung der Temperatur des Gefaͤßes verwandt werden muͤſſen, und bei der Miſchung im warmen Ge- faͤße wuͤrde das Umgekehrte erfolgen; man bedient ſich daher am liebſten eines Gefaͤßes, dem die nach den vorigen Angaben berechnete mittlere Temperatur ſchon im Voraus ertheilt iſt, und vermeidet ſo den fuͤr die Erwaͤrmung oder Abkuͤhlung des Gefaͤßes erforder- lichen Waͤrme-Aufwand. Kann man dann zugleich den Verſuch in einer umgebenden Luft von dieſer mittleren Waͤrme anſtellen, ſo vermeidet man auch den groͤßten Theil der Unſicherheit, die ſonſt aus der waͤhrend der Miſchung unvermeidlichen Abkuͤhlung, wenn man hoͤhere Temperaturen des Waſſers als der Luft hat, ent- ſpringt.
Aber ſo einfach hier bei Miſchung gleicher Koͤrper die den Ver- haͤltniſſen der Maſſen entſprechende mittlere Temperatur gefunden wird, ſo wuͤrde man doch ſehr irren, wenn man dieſe Berechnung der mittlern Temperatur auch auf ungleiche Koͤrper ausdehnen wollte. Wenn man ein Pfund Waſſer mit einem Pfunde Terpentin-Oel miſcht, ſo hat die Miſchung, auch bei aller angewandten Sorgfalt, nicht die mittlere Temperatur; ſondern bei dieſer Miſchung gewinnt das Oel an Temperatur mehr als das Waſſer verliert, ſo daß Terpentin-Oel von 30 Gr. mit ebenſo viel Waſſer von 90 Grad gemiſcht, eine Miſchung von ungefaͤhr 70 Gr. giebt, daß alſo das Oel zwei Grade Waͤrme gewinnt fuͤr einen, den das Waſſer verliert.
Dieſer Verſuch zeigt, daß die Zunahme der Temperatur nicht in allen Koͤrpern durch gleiche Mengen Waͤrmeſtoff in gleichem Maaße bewirkt wird, ſondern daß es eine ſpecifiſche Verſchiedenheit der Koͤrper in dieſer Hinſicht giebt. Auch ein andrer Verſuch zeigt dieſe Verſchiedenheit. Wenn man in gleichen Gefaͤßen uͤber moͤg- lichſt gleichen Weingeiſtflammen gleiche Mengen Terpentin-Oel im einen und Waſſer im andern erhitzt; ſo ſteigt die Waͤrme des erſtern weit ſchneller als die des letztern, und man wuͤrde ziemlich nahe zu der Folgerung geleitet werden, daß ein Pfund Waſſer zwei Flam- men bedarf, um eben die Temperatur zu erhalten, die ein Pfund Oel durch eine Flamme in gleicher Zeit erhaͤlt. Aehnliche Verſchie-
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einige Waͤrme auf die Vermehrung der Temperatur des Gefaͤßes
verwandt werden muͤſſen, und bei der Miſchung im warmen Ge-
faͤße wuͤrde das Umgekehrte erfolgen; man bedient ſich daher am
liebſten eines Gefaͤßes, dem die nach den vorigen Angaben berechnete
mittlere Temperatur ſchon im Voraus ertheilt iſt, und vermeidet
ſo den fuͤr die Erwaͤrmung oder Abkuͤhlung des Gefaͤßes erforder-
lichen Waͤrme-Aufwand. Kann man dann zugleich den Verſuch
in einer umgebenden Luft von dieſer mittleren Waͤrme anſtellen, ſo
vermeidet man auch den groͤßten Theil der Unſicherheit, die ſonſt
aus der waͤhrend der Miſchung unvermeidlichen Abkuͤhlung, wenn
man hoͤhere Temperaturen des Waſſers als der Luft hat, ent-
ſpringt.
Miſchungen ungleicher Koͤrper. Specifiſche Waͤrme.
Aber ſo einfach hier bei Miſchung gleicher Koͤrper die den Ver-
haͤltniſſen der Maſſen entſprechende mittlere Temperatur gefunden
wird, ſo wuͤrde man doch ſehr irren, wenn man dieſe Berechnung
der mittlern Temperatur auch auf ungleiche Koͤrper ausdehnen wollte.
Wenn man ein Pfund Waſſer mit einem Pfunde Terpentin-Oel
miſcht, ſo hat die Miſchung, auch bei aller angewandten Sorgfalt,
nicht die mittlere Temperatur; ſondern bei dieſer Miſchung gewinnt
das Oel an Temperatur mehr als das Waſſer verliert, ſo daß
Terpentin-Oel von 30 Gr. mit ebenſo viel Waſſer von 90 Grad
gemiſcht, eine Miſchung von ungefaͤhr 70 Gr. giebt, daß alſo das
Oel zwei Grade Waͤrme gewinnt fuͤr einen, den das Waſſer
verliert.
Dieſer Verſuch zeigt, daß die Zunahme der Temperatur nicht
in allen Koͤrpern durch gleiche Mengen Waͤrmeſtoff in gleichem
Maaße bewirkt wird, ſondern daß es eine ſpecifiſche Verſchiedenheit
der Koͤrper in dieſer Hinſicht giebt. Auch ein andrer Verſuch zeigt
dieſe Verſchiedenheit. Wenn man in gleichen Gefaͤßen uͤber moͤg-
lichſt gleichen Weingeiſtflammen gleiche Mengen Terpentin-Oel im
einen und Waſſer im andern erhitzt; ſo ſteigt die Waͤrme des erſtern
weit ſchneller als die des letztern, und man wuͤrde ziemlich nahe zu
der Folgerung geleitet werden, daß ein Pfund Waſſer zwei Flam-
men bedarf, um eben die Temperatur zu erhalten, die ein Pfund
Oel durch eine Flamme in gleicher Zeit erhaͤlt. Aehnliche Verſchie-
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/80>, abgerufen am 13.11.2024.
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