Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

weil die eine Spannungsreihe von der andern so sehr abweiche, und
sich keinesweges diejenigen Verstärkungen oder Schwächungen bei
höhern Temperaturen zeigen, die man zu erwarten berechtiget
scheine. -- Wiefern diese Einwürfe begründet sind, oder sich
heben lassen, scheint mir aus unsern jetzigen Kenntnissen noch nicht
zu erhellen; aber ich weiß auch nicht, daß man bis jetzt eine genü-
gendere Theorie aufzustellen im Stande gewesen sei.

Electrische Ströme durch bloße Nähe electrischer
Ströme oder des Magnetes
.

Ich gehe nun zu den neuesten Entdeckungen über die electri-
schen und magnetischen Erscheinungen über und werde sie, da der
eigentliche Gang dieser Entdeckungen, wie nämlich Faraday dazu
gelangte, noch nicht bekannt ist, an einen Einwurf gegen Am-
pere's
Theorie, der mir die Veranlassung dazu zu enthalten
scheint, anknüpfen. Dieser Einwurf, auf welchen ich neulich nur
hindeutete, besteht darin, daß wir gar keine electrische Wirkungen
des Magnetes kennen und es daher nicht begreiflich finden, wie
jedes Element des Magnetes von electrischen Strömen umkreiset
sein soll und dennoch diese electrischen Ströme keine Art von elec-
trischer Wirkung zeigen. Man konnte hierauf mit Recht antwor-
ten, daß sich hier, wo es auf eine Wirkung unzähliger geschlossener
Kreise electrischer Umströmungen ankomme, gar wohl ein eben
solches Zerstören der nach außen merkbaren Wirksamkeit denken
lasse, wie es zum Beispiel bei einem magnetischen Ringe der Fall
ist, dessen Magnetismus, weil überall Nordpol und Südpol zu-
gleich sind, uns erst kenntlich wird, wenn wir ihn zertheilen; indeß
war damit doch jene Bedenklichkeit nur abgewiesen und nicht
widerlegt.

Ob nun Faraday durch Betrachtungen, die sich hierauf
bezogen, geleitet, neue Untersuchungen, wie umkreisende electrische
Ströme auf unelectrisirte Körper wirken, unternommen habe, ist
mir unbekannt; sehr wohl aber ließe sich denken, daß diese Be-
trachtung ihn zu derjenigen Kenntniß der Einwirkung electrischer
Ströme auf unelectrisirte Leiter geführt habe, welche ich jetzt
angeben will. Die erste Entdeckung, die Faraday zu den
wichtigen neuesten Entdeckungen leitete, scheint die gewesen zu

weil die eine Spannungsreihe von der andern ſo ſehr abweiche, und
ſich keinesweges diejenigen Verſtaͤrkungen oder Schwaͤchungen bei
hoͤhern Temperaturen zeigen, die man zu erwarten berechtiget
ſcheine. — Wiefern dieſe Einwuͤrfe begruͤndet ſind, oder ſich
heben laſſen, ſcheint mir aus unſern jetzigen Kenntniſſen noch nicht
zu erhellen; aber ich weiß auch nicht, daß man bis jetzt eine genuͤ-
gendere Theorie aufzuſtellen im Stande geweſen ſei.

Electriſche Stroͤme durch bloße Naͤhe electriſcher
Stroͤme oder des Magnetes
.

Ich gehe nun zu den neueſten Entdeckungen uͤber die electri-
ſchen und magnetiſchen Erſcheinungen uͤber und werde ſie, da der
eigentliche Gang dieſer Entdeckungen, wie naͤmlich Faraday dazu
gelangte, noch nicht bekannt iſt, an einen Einwurf gegen Am-
père's
Theorie, der mir die Veranlaſſung dazu zu enthalten
ſcheint, anknuͤpfen. Dieſer Einwurf, auf welchen ich neulich nur
hindeutete, beſteht darin, daß wir gar keine electriſche Wirkungen
des Magnetes kennen und es daher nicht begreiflich finden, wie
jedes Element des Magnetes von electriſchen Stroͤmen umkreiſet
ſein ſoll und dennoch dieſe electriſchen Stroͤme keine Art von elec-
triſcher Wirkung zeigen. Man konnte hierauf mit Recht antwor-
ten, daß ſich hier, wo es auf eine Wirkung unzaͤhliger geſchloſſener
Kreiſe electriſcher Umſtroͤmungen ankomme, gar wohl ein eben
ſolches Zerſtoͤren der nach außen merkbaren Wirkſamkeit denken
laſſe, wie es zum Beiſpiel bei einem magnetiſchen Ringe der Fall
iſt, deſſen Magnetismus, weil uͤberall Nordpol und Suͤdpol zu-
gleich ſind, uns erſt kenntlich wird, wenn wir ihn zertheilen; indeß
war damit doch jene Bedenklichkeit nur abgewieſen und nicht
widerlegt.

Ob nun Faraday durch Betrachtungen, die ſich hierauf
bezogen, geleitet, neue Unterſuchungen, wie umkreiſende electriſche
Stroͤme auf unelectriſirte Koͤrper wirken, unternommen habe, iſt
mir unbekannt; ſehr wohl aber ließe ſich denken, daß dieſe Be-
trachtung ihn zu derjenigen Kenntniß der Einwirkung electriſcher
Stroͤme auf unelectriſirte Leiter gefuͤhrt habe, welche ich jetzt
angeben will. Die erſte Entdeckung, die Faraday zu den
wichtigen neueſten Entdeckungen leitete, ſcheint die geweſen zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0539" n="525"/>
weil die eine Spannungsreihe von der andern &#x017F;o &#x017F;ehr abweiche, und<lb/>
&#x017F;ich keinesweges diejenigen Ver&#x017F;ta&#x0364;rkungen oder Schwa&#x0364;chungen bei<lb/>
ho&#x0364;hern Temperaturen zeigen, die man zu erwarten berechtiget<lb/>
&#x017F;cheine. &#x2014; Wiefern die&#x017F;e Einwu&#x0364;rfe begru&#x0364;ndet &#x017F;ind, oder &#x017F;ich<lb/>
heben la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;cheint mir aus un&#x017F;ern jetzigen Kenntni&#x017F;&#x017F;en noch nicht<lb/>
zu erhellen; aber ich weiß auch nicht, daß man bis jetzt eine genu&#x0364;-<lb/>
gendere Theorie aufzu&#x017F;tellen im Stande gewe&#x017F;en &#x017F;ei.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Electri&#x017F;che Stro&#x0364;me durch bloße Na&#x0364;he electri&#x017F;cher<lb/>
Stro&#x0364;me oder des Magnetes</hi>.</head><lb/>
          <p>Ich gehe nun zu den neue&#x017F;ten Entdeckungen u&#x0364;ber die electri-<lb/>
&#x017F;chen und magneti&#x017F;chen Er&#x017F;cheinungen u&#x0364;ber und werde &#x017F;ie, da der<lb/>
eigentliche Gang die&#x017F;er Entdeckungen, wie na&#x0364;mlich <hi rendition="#g">Faraday</hi> dazu<lb/>
gelangte, noch nicht bekannt i&#x017F;t, an einen Einwurf gegen <hi rendition="#g">Am-<lb/>
père's</hi> Theorie, der mir die Veranla&#x017F;&#x017F;ung dazu zu enthalten<lb/>
&#x017F;cheint, anknu&#x0364;pfen. Die&#x017F;er Einwurf, auf welchen ich neulich nur<lb/>
hindeutete, be&#x017F;teht darin, daß wir gar keine electri&#x017F;che Wirkungen<lb/>
des Magnetes kennen und es daher nicht begreiflich finden, wie<lb/>
jedes Element des Magnetes von electri&#x017F;chen Stro&#x0364;men umkrei&#x017F;et<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;oll und dennoch die&#x017F;e electri&#x017F;chen Stro&#x0364;me keine Art von elec-<lb/>
tri&#x017F;cher Wirkung zeigen. Man konnte hierauf mit Recht antwor-<lb/>
ten, daß &#x017F;ich hier, wo es auf eine Wirkung unza&#x0364;hliger ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener<lb/>
Krei&#x017F;e electri&#x017F;cher Um&#x017F;tro&#x0364;mungen ankomme, gar wohl ein eben<lb/>
&#x017F;olches Zer&#x017F;to&#x0364;ren der nach außen merkbaren Wirk&#x017F;amkeit denken<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e, wie es zum Bei&#x017F;piel bei einem magneti&#x017F;chen Ringe der Fall<lb/>
i&#x017F;t, de&#x017F;&#x017F;en Magnetismus, weil u&#x0364;berall Nordpol und Su&#x0364;dpol zu-<lb/>
gleich &#x017F;ind, uns er&#x017F;t kenntlich wird, wenn wir ihn zertheilen; indeß<lb/>
war damit doch jene Bedenklichkeit nur abgewie&#x017F;en und nicht<lb/>
widerlegt.</p><lb/>
          <p>Ob nun <hi rendition="#g">Faraday</hi> durch Betrachtungen, die &#x017F;ich hierauf<lb/>
bezogen, geleitet, neue Unter&#x017F;uchungen, wie umkrei&#x017F;ende electri&#x017F;che<lb/>
Stro&#x0364;me auf unelectri&#x017F;irte Ko&#x0364;rper wirken, unternommen habe, i&#x017F;t<lb/>
mir unbekannt; &#x017F;ehr wohl aber ließe &#x017F;ich denken, daß die&#x017F;e Be-<lb/>
trachtung ihn zu derjenigen Kenntniß der Einwirkung electri&#x017F;cher<lb/>
Stro&#x0364;me auf unelectri&#x017F;irte Leiter gefu&#x0364;hrt habe, welche ich jetzt<lb/>
angeben will. Die er&#x017F;te Entdeckung, die <hi rendition="#g">Faraday</hi> zu den<lb/>
wichtigen neue&#x017F;ten Entdeckungen leitete, &#x017F;cheint die gewe&#x017F;en zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[525/0539] weil die eine Spannungsreihe von der andern ſo ſehr abweiche, und ſich keinesweges diejenigen Verſtaͤrkungen oder Schwaͤchungen bei hoͤhern Temperaturen zeigen, die man zu erwarten berechtiget ſcheine. — Wiefern dieſe Einwuͤrfe begruͤndet ſind, oder ſich heben laſſen, ſcheint mir aus unſern jetzigen Kenntniſſen noch nicht zu erhellen; aber ich weiß auch nicht, daß man bis jetzt eine genuͤ- gendere Theorie aufzuſtellen im Stande geweſen ſei. Electriſche Stroͤme durch bloße Naͤhe electriſcher Stroͤme oder des Magnetes. Ich gehe nun zu den neueſten Entdeckungen uͤber die electri- ſchen und magnetiſchen Erſcheinungen uͤber und werde ſie, da der eigentliche Gang dieſer Entdeckungen, wie naͤmlich Faraday dazu gelangte, noch nicht bekannt iſt, an einen Einwurf gegen Am- père's Theorie, der mir die Veranlaſſung dazu zu enthalten ſcheint, anknuͤpfen. Dieſer Einwurf, auf welchen ich neulich nur hindeutete, beſteht darin, daß wir gar keine electriſche Wirkungen des Magnetes kennen und es daher nicht begreiflich finden, wie jedes Element des Magnetes von electriſchen Stroͤmen umkreiſet ſein ſoll und dennoch dieſe electriſchen Stroͤme keine Art von elec- triſcher Wirkung zeigen. Man konnte hierauf mit Recht antwor- ten, daß ſich hier, wo es auf eine Wirkung unzaͤhliger geſchloſſener Kreiſe electriſcher Umſtroͤmungen ankomme, gar wohl ein eben ſolches Zerſtoͤren der nach außen merkbaren Wirkſamkeit denken laſſe, wie es zum Beiſpiel bei einem magnetiſchen Ringe der Fall iſt, deſſen Magnetismus, weil uͤberall Nordpol und Suͤdpol zu- gleich ſind, uns erſt kenntlich wird, wenn wir ihn zertheilen; indeß war damit doch jene Bedenklichkeit nur abgewieſen und nicht widerlegt. Ob nun Faraday durch Betrachtungen, die ſich hierauf bezogen, geleitet, neue Unterſuchungen, wie umkreiſende electriſche Stroͤme auf unelectriſirte Koͤrper wirken, unternommen habe, iſt mir unbekannt; ſehr wohl aber ließe ſich denken, daß dieſe Be- trachtung ihn zu derjenigen Kenntniß der Einwirkung electriſcher Stroͤme auf unelectriſirte Leiter gefuͤhrt habe, welche ich jetzt angeben will. Die erſte Entdeckung, die Faraday zu den wichtigen neueſten Entdeckungen leitete, ſcheint die geweſen zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/539
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/539>, abgerufen am 03.12.2024.