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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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ihren wahren Südpol nennen und umgekehrt; indeß da wir uns
am liebsten an das halten, was in die Augen fällt, so trage ich
kein Bedenken, der gewöhnlichen Art zu reden gemäß, den nach
Norden zeigenden Pol der Nadel den Nordpol oder das Nord-
Ende der Nadel zu nennen, obgleich dies nicht ohne einige Unbe-
quemlichkeit ist, weil eben dieser Pol in den allernördlichsten Ge-
genden, nördlich vom magnetischen Pole der Erde, sich nach Sü-
den wendet.

Wir dürfen jetzt den Gedanken, daß die Erde ein magnetischer
Körper ist, in welchem vier Puncte der Oberfläche, oder vielleicht
richtiger, zwei durch die Erde gezogne magnetische Axen, sich als
vorzüglich einwirkend zeigen, noch nicht weiter verfolgen, sondern
müssen zuvor auch die übrigen Erscheinungen, die Abweichung der
Nadel nämlich und die Stärke der magnetischen Kraft, in verschie-
denen Gegenden näher kennen lernen; indeß wollen wir den Ge-
danken, daß die magnetischen Pole der Erde doch in jeder Beziehung
merkwürdige Puncte sein mögen, nicht aus dem Auge verlieren.

Abweichung der Magnetnadel. Linien gleicher Ab-
weichung
.

Ueber die Richtung, in welcher die horizontale Magnetnadel
zur Ruhe kömmt, habe ich mich bisher immer nur sehr oberflächlich
ausgedrückt; aber diese Richtung ist für die genauere Kenntniß der
magnetischen Kraft der Erde sehr wichtig. Damit die auf einer
Spitze frei schwebende Nadel sich nicht, der Inclination der ma-
gnetischen Richtungskraft gemäß, von der horizontalen Lage ent-
ferne, muß man die horizontalen Nadeln nicht ganz strenge in
ihrem Schwerpuncte unterstützen, sondern so, daß der Schwerpunct
sich ein wenig gegen den Südpol zu von dem unterstützten Puncte
entfernt befinde, damit das durch die magnetische Kraft bewirkte
Sinken des Nordpols aufgehoben werde; reiset man aber dann mit
dieser für unsre Gegenden eingerichteten Magnetnadel in Gegenden,
wo die Neigung geringer ist, so zeigt sich das Uebergewicht der
südlichen Hälfte der Nadel, und man muß ein kleines Gewichtchen
an die nördliche Hälfte befestigen, damit nun nicht eine Neigung
gegen die Horizontallinie eintrete.


ihren wahren Suͤdpol nennen und umgekehrt; indeß da wir uns
am liebſten an das halten, was in die Augen faͤllt, ſo trage ich
kein Bedenken, der gewoͤhnlichen Art zu reden gemaͤß, den nach
Norden zeigenden Pol der Nadel den Nordpol oder das Nord-
Ende der Nadel zu nennen, obgleich dies nicht ohne einige Unbe-
quemlichkeit iſt, weil eben dieſer Pol in den allernoͤrdlichſten Ge-
genden, noͤrdlich vom magnetiſchen Pole der Erde, ſich nach Suͤ-
den wendet.

Wir duͤrfen jetzt den Gedanken, daß die Erde ein magnetiſcher
Koͤrper iſt, in welchem vier Puncte der Oberflaͤche, oder vielleicht
richtiger, zwei durch die Erde gezogne magnetiſche Axen, ſich als
vorzuͤglich einwirkend zeigen, noch nicht weiter verfolgen, ſondern
muͤſſen zuvor auch die uͤbrigen Erſcheinungen, die Abweichung der
Nadel naͤmlich und die Staͤrke der magnetiſchen Kraft, in verſchie-
denen Gegenden naͤher kennen lernen; indeß wollen wir den Ge-
danken, daß die magnetiſchen Pole der Erde doch in jeder Beziehung
merkwuͤrdige Puncte ſein moͤgen, nicht aus dem Auge verlieren.

Abweichung der Magnetnadel. Linien gleicher Ab-
weichung
.

Ueber die Richtung, in welcher die horizontale Magnetnadel
zur Ruhe koͤmmt, habe ich mich bisher immer nur ſehr oberflaͤchlich
ausgedruͤckt; aber dieſe Richtung iſt fuͤr die genauere Kenntniß der
magnetiſchen Kraft der Erde ſehr wichtig. Damit die auf einer
Spitze frei ſchwebende Nadel ſich nicht, der Inclination der ma-
gnetiſchen Richtungskraft gemaͤß, von der horizontalen Lage ent-
ferne, muß man die horizontalen Nadeln nicht ganz ſtrenge in
ihrem Schwerpuncte unterſtuͤtzen, ſondern ſo, daß der Schwerpunct
ſich ein wenig gegen den Suͤdpol zu von dem unterſtuͤtzten Puncte
entfernt befinde, damit das durch die magnetiſche Kraft bewirkte
Sinken des Nordpols aufgehoben werde; reiſet man aber dann mit
dieſer fuͤr unſre Gegenden eingerichteten Magnetnadel in Gegenden,
wo die Neigung geringer iſt, ſo zeigt ſich das Uebergewicht der
ſuͤdlichen Haͤlfte der Nadel, und man muß ein kleines Gewichtchen
an die noͤrdliche Haͤlfte befeſtigen, damit nun nicht eine Neigung
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[434/0448] ihren wahren Suͤdpol nennen und umgekehrt; indeß da wir uns am liebſten an das halten, was in die Augen faͤllt, ſo trage ich kein Bedenken, der gewoͤhnlichen Art zu reden gemaͤß, den nach Norden zeigenden Pol der Nadel den Nordpol oder das Nord- Ende der Nadel zu nennen, obgleich dies nicht ohne einige Unbe- quemlichkeit iſt, weil eben dieſer Pol in den allernoͤrdlichſten Ge- genden, noͤrdlich vom magnetiſchen Pole der Erde, ſich nach Suͤ- den wendet. Wir duͤrfen jetzt den Gedanken, daß die Erde ein magnetiſcher Koͤrper iſt, in welchem vier Puncte der Oberflaͤche, oder vielleicht richtiger, zwei durch die Erde gezogne magnetiſche Axen, ſich als vorzuͤglich einwirkend zeigen, noch nicht weiter verfolgen, ſondern muͤſſen zuvor auch die uͤbrigen Erſcheinungen, die Abweichung der Nadel naͤmlich und die Staͤrke der magnetiſchen Kraft, in verſchie- denen Gegenden naͤher kennen lernen; indeß wollen wir den Ge- danken, daß die magnetiſchen Pole der Erde doch in jeder Beziehung merkwuͤrdige Puncte ſein moͤgen, nicht aus dem Auge verlieren. Abweichung der Magnetnadel. Linien gleicher Ab- weichung. Ueber die Richtung, in welcher die horizontale Magnetnadel zur Ruhe koͤmmt, habe ich mich bisher immer nur ſehr oberflaͤchlich ausgedruͤckt; aber dieſe Richtung iſt fuͤr die genauere Kenntniß der magnetiſchen Kraft der Erde ſehr wichtig. Damit die auf einer Spitze frei ſchwebende Nadel ſich nicht, der Inclination der ma- gnetiſchen Richtungskraft gemaͤß, von der horizontalen Lage ent- ferne, muß man die horizontalen Nadeln nicht ganz ſtrenge in ihrem Schwerpuncte unterſtuͤtzen, ſondern ſo, daß der Schwerpunct ſich ein wenig gegen den Suͤdpol zu von dem unterſtuͤtzten Puncte entfernt befinde, damit das durch die magnetiſche Kraft bewirkte Sinken des Nordpols aufgehoben werde; reiſet man aber dann mit dieſer fuͤr unſre Gegenden eingerichteten Magnetnadel in Gegenden, wo die Neigung geringer iſt, ſo zeigt ſich das Uebergewicht der ſuͤdlichen Haͤlfte der Nadel, und man muß ein kleines Gewichtchen an die noͤrdliche Haͤlfte befeſtigen, damit nun nicht eine Neigung gegen die Horizontallinie eintrete.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/448>, abgerufen am 13.11.2024.