Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.stände sehen, so erscheinen sie uns gewöhnlich so lebhaft, daß wir Der Crystallwinkelmesser. Die ebnen Spiegel haben zu mehreren ebenso merkwürdigen, ſtaͤnde ſehen, ſo erſcheinen ſie uns gewoͤhnlich ſo lebhaft, daß wir Der Cryſtallwinkelmeſſer. Die ebnen Spiegel haben zu mehreren ebenſo merkwuͤrdigen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0094" n="80"/> ſtaͤnde ſehen, ſo erſcheinen ſie uns gewoͤhnlich ſo lebhaft, daß wir<lb/> ſie genau ſo, als ob ſie hinter dem Spiegel laͤgen, anerkennen,<lb/> und voͤllig geneigt ſind, das Bild jedes Gegenſtandes als da er-<lb/> ſcheinend, wohin die Theorie es verſetzt, anzunehmen; aber ſchon<lb/> in einem ſchlecht polirten Metalle, in der Oberflaͤche polirten Hol-<lb/> zes oder irgend eines andern Koͤrpers, wo die Oberflaͤche ſelbſt uns<lb/> durch viele zerſtreut zuruͤckgeworfene Lichtſtrahlen ſichtbar wird, fin-<lb/> det jene Taͤuſchung nicht ſo beſtimmt ſtatt, ſondern wir ſind hier<lb/> eher geneigt, das geſpiegelte Bild naͤher hinter der Oberflaͤche zu<lb/> ſuchen; und etwas Aehnliches iſt der Fall, wenn wir in einem<lb/> unbelegten, alſo voͤllig durchſichtigen Glaſe die geſpiegelten Gegen-<lb/> ſtaͤnde und zugleich die hinter dem Glaſe liegenden Gegenſtaͤnde<lb/> ſehen. Die optiſchen Regeln bleiben auch in dieſen Faͤllen dieſelben,<lb/> aber unſer Urtheil verliert an Sicherheit, weil wir zweierlei Gegen-<lb/> ſtaͤnde zugleich ſehen; wir werden dann geneigt, die Holzfaſern im<lb/> polirten Holze zur Bezeichnung der Stelle, wo der reflectirte Strahl<lb/> ausgeht, ins Auge zu faſſen, und je feſter wir das Auge in glei-<lb/> cher Stellung feſthalten, deſto vollkommener koͤnnen wir die Taͤu-<lb/> ſchung, als erſchiene der geſpiegelte Gegenſtand in dieſer Oberflaͤche<lb/> ſelbſt, beſtaͤrken; und ungefaͤhr ebenſo iſt es, wenn wir durch das<lb/> ſpiegelnde Glas auf Gegenſtaͤnde jenſeits des Glaſes ſehen. Wollen<lb/> wir uns hier uͤberzeugen, daß die nach optiſchen Regeln beſtimmte<lb/> Lage des Bildes noch immer richtig beſtimmt iſt, ſo haben wir nur<lb/> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 33.</hi></hi>) noͤthig, das Auge von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">O</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">o</hi></hi> zu verruͤcken, wo der<lb/> entferntere Gegenſtand <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> uns viel mehr, als der nahe Gegenſtand<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B,</hi></hi> fortzuruͤcken ſcheint, jener von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">D</hi></hi> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">d,</hi></hi> dieſer nur von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">E</hi></hi><lb/> nach <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">e</hi></hi>. Aehnliche Vergleichungen finden auch ſtatt, wenn man<lb/> den geſpiegelten Gegenſtand auf einen hinter dem Glaſe liegenden<lb/> Gegenſtand bezieht.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Der Cryſtallwinkelmeſſer</hi>.</head><lb/> <p>Die ebnen Spiegel haben zu mehreren ebenſo merkwuͤrdigen,<lb/> als nuͤtzlichen Anwendungen bei Inſtrumenten gefuͤhrt. Zu dieſen<lb/> Inſtrumenten gehoͤrt der Winkelmeſſer fuͤr Cryſtalle. Wenn (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig.<lb/> 34.</hi></hi>) <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ABC</hi></hi> zwei unter einem Winkel verbundene Spiegel oder<lb/> zwei ſpiegelnde Seitenflaͤchen eines Cryſtalles ſind, ſo iſt es offen-<lb/> bar, daß man durch eine Drehung des Cryſtalles die Seite <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">BC</hi></hi> in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0094]
ſtaͤnde ſehen, ſo erſcheinen ſie uns gewoͤhnlich ſo lebhaft, daß wir
ſie genau ſo, als ob ſie hinter dem Spiegel laͤgen, anerkennen,
und voͤllig geneigt ſind, das Bild jedes Gegenſtandes als da er-
ſcheinend, wohin die Theorie es verſetzt, anzunehmen; aber ſchon
in einem ſchlecht polirten Metalle, in der Oberflaͤche polirten Hol-
zes oder irgend eines andern Koͤrpers, wo die Oberflaͤche ſelbſt uns
durch viele zerſtreut zuruͤckgeworfene Lichtſtrahlen ſichtbar wird, fin-
det jene Taͤuſchung nicht ſo beſtimmt ſtatt, ſondern wir ſind hier
eher geneigt, das geſpiegelte Bild naͤher hinter der Oberflaͤche zu
ſuchen; und etwas Aehnliches iſt der Fall, wenn wir in einem
unbelegten, alſo voͤllig durchſichtigen Glaſe die geſpiegelten Gegen-
ſtaͤnde und zugleich die hinter dem Glaſe liegenden Gegenſtaͤnde
ſehen. Die optiſchen Regeln bleiben auch in dieſen Faͤllen dieſelben,
aber unſer Urtheil verliert an Sicherheit, weil wir zweierlei Gegen-
ſtaͤnde zugleich ſehen; wir werden dann geneigt, die Holzfaſern im
polirten Holze zur Bezeichnung der Stelle, wo der reflectirte Strahl
ausgeht, ins Auge zu faſſen, und je feſter wir das Auge in glei-
cher Stellung feſthalten, deſto vollkommener koͤnnen wir die Taͤu-
ſchung, als erſchiene der geſpiegelte Gegenſtand in dieſer Oberflaͤche
ſelbſt, beſtaͤrken; und ungefaͤhr ebenſo iſt es, wenn wir durch das
ſpiegelnde Glas auf Gegenſtaͤnde jenſeits des Glaſes ſehen. Wollen
wir uns hier uͤberzeugen, daß die nach optiſchen Regeln beſtimmte
Lage des Bildes noch immer richtig beſtimmt iſt, ſo haben wir nur
(Fig. 33.) noͤthig, das Auge von O nach o zu verruͤcken, wo der
entferntere Gegenſtand A uns viel mehr, als der nahe Gegenſtand
B, fortzuruͤcken ſcheint, jener von D nach d, dieſer nur von E
nach e. Aehnliche Vergleichungen finden auch ſtatt, wenn man
den geſpiegelten Gegenſtand auf einen hinter dem Glaſe liegenden
Gegenſtand bezieht.
Der Cryſtallwinkelmeſſer.
Die ebnen Spiegel haben zu mehreren ebenſo merkwuͤrdigen,
als nuͤtzlichen Anwendungen bei Inſtrumenten gefuͤhrt. Zu dieſen
Inſtrumenten gehoͤrt der Winkelmeſſer fuͤr Cryſtalle. Wenn (Fig.
34.) ABC zwei unter einem Winkel verbundene Spiegel oder
zwei ſpiegelnde Seitenflaͤchen eines Cryſtalles ſind, ſo iſt es offen-
bar, daß man durch eine Drehung des Cryſtalles die Seite BC in
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